Deutscher Familienverband

Höchstrichterliche Vorgaben für die Familienpolitik bis heute nicht vollzogen

Zum 70. Jahrestag des Bundesverfassungsgerichts am 28. September erinnerte der Deutsche Familienverband (DFV) an die immer noch fehlende Umsetzung wegweisender Familienurteile. Bei den Koalitionsverhandlungen für eine neue Regierung müsse diese in den Mittelpunkt gestellt werden.

12.10.2021

Vor allem vier Urteile des Bundesverfassungsgerichts (PDF) waren in der Vergangenheit wegweisend für die Familienpolitik in Deutschland: das Urteil vom steuerfreien Existenzminimum (1990), das sogenannte Trümmerfrauen-Urteil (1992), das Kinderbetreuungsurteil (1998) und das Pflegeversicherungsurteil (2001). Bis heute werden die vier großen Familienentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gesetzgeberisch nicht umfassend umgesetzt und vielfältige Benachteiligung von Familien in Kauf genommen.

„Es ist ein großes Unrecht, das den Familien angetan wird. Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sind eigentlich bindend“, sagte Klaus Zeh, Präsident des DFV. „Mit der aktuellen Familienpolitik ignoriert der Staat die höchstrichterlichen Vorgaben und vernachlässigt seine grundgesetzlich festgeschriebene Pflicht gegenüber Familien sträflich“.

Für eine verfassungsgemäße Familienpolitik müssten die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vollzogen werden, so der Familienverband. Dies bedeute, dass den Familienurteilen entsprechend:

  • der steuerliche Kinderfreibetrag realitätsgerecht erhöht wird;
  • keine Nachteile mehr bei der Rente durch Kinderziehungszeiten entstehen;
  • echte Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung existiert;
  • Familien bei den Sozialabgaben entlastet werden.

Zum Schutz der Familie verpflichtet

Nach Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes stehen Familien unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung (Familienschutzartikel). Dabei ist der Staat auch verpflichtet, Familien zu achten und aktiv zu fördern.

„Den hohen Familienschutz verankerten die Verfassungsgeber nicht nur aus Fürsorglichkeit gegenüber Familien, sondern weil sie Familie als eine Grundvoraussetzung des freiheitlichen und solidarischen Verfassungsstaates erkannten“, so der Verbandspräsident.

Mit den vier Familienurteilen habe das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht, dass die Vorgaben des Grundgesetzes nicht verwirklicht werden und Korrekturen geboten sind. Bis heute fehle die konsequente Umsetzung durch den Gesetzgeber. Die neue Bundesregierung habe ein großes Aufgabenpaket nachzuholen. Es werde erwartet, dass es neben dem Klimathema im Mittelpunkt der Koalitionsverhandlungen steht, damit dieser verfassungswidrige Zustand endlich beendet werde, so der Verbandspräsident.

Knapp 3.000 Familien stehen derzeit für familiengerechte Abgaben in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung vor dem Bundesverfassungsgericht. Unterstützt werden sie vom Deutschen Familienverband. Die Klagen befinden sich in der entscheidenden Phase.

Kampagne „Elternklagen“

Bis heute leisten 14 Millionen Eltern mit minderjährigen Kindern einen doppelten Beitrag für die Sozialversicherungen. Beitragsgerechtigkeit setzt Kinderfreibeträge in den Sozialversicherungen voraus. Weil dies bisher nicht der Fall ist, müssen Eltern Beiträge einzahlen wie jede/-r andere gesetzlich Versicherte, unabhängig von der Anzahl der Kinder.

Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits 2001 im Pflegeversicherungsurteil entschieden, dass Eltern derzeit über Gebühr belastet werden, da neben den Geldbeiträgen auch die Erziehung von Kindern ein wichtiger Beitrag zur Sozialversicherung ist, der ebenfalls berücksichtigt werden muss. Der Gesetzgeber wurde damals verpflichtet auch die Kranken- und Rentenversicherung auf die Frage der Familiengerechtigkeit hin zu prüfen. Doch diese Prüfung hat bisher nicht stattgefunden. Mit der Kampagne „Elternklagen“ rufen der Familienbundes der Katholiken und der Deutschen Familienverband gemeinsam zum Widerspruch auf.

Quelle: Deutscher Familienverband vom 28.09.2021

Redaktion: Alena Franken

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