Krisen

Haiti 15 Jahre nach dem Erdbeben – Kinder im Schatten der Katastrophe

Das Erdbeben 2010 in Haiti forderte über 220.000 Tote und zerstörte die Infrastruktur. 15 Jahre später leiden Kinder weiter unter Gewalt, Hunger und fehlender Bildung. Bewaffnete Banden dominieren, Schulen sind geschlossen, und humanitäre Hilfe ist erschwert. Save the Children fordert mehr Hilfsgelder und einen sicheren Zugang, um Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen.

23.01.2025

Mehr als 220.000 Menschen kamen bei dem verheerenden Erdbeben vom 12. Januar 2010 in Haiti ums Leben – 15 Jahre danach sind die Kinder in dem Karibikstaat noch immer mit den Auswirkungen der Katastrophe konfrontiert. Durch das Erdbeben der Stärke 7,0 wurden weite Teile der Infrastruktur zerstört und 1,5 Millionen Menschen obdachlos. Zwar gab es Wiederaufbaumaßnahmen, aber die anhaltende Gewalt zwischen bewaffneten Banden brachte viele Rückschritte. 

„Für viele Kinder in Haiti ist das Leben eine Aneinanderreihung von Krisen. Wirbelstürme, Erdbeben, die Gewalt – viele Familien wurden in den vergangenen 15 Jahren acht bis zehn Mal vertrieben. Bewaffnete Banden haben die Hauptstadt Port-au-Prince inzwischen in ein Freiluft-Gefängnis für Kinder verwandelt. Es ist nirgends in der Stadt sicher. Die Kinder können nicht sicher zur Schule gehen, draußen spielen oder ihr Wohnviertel verlassen. Diesen Kindern entgleitet die Zukunft.“ 

sagt Chantal Sylvie Imbeault, Länderdirektorin von Save the Children in Haiti.

In dem Land mit 11,7 Millionen Einwohnern trieb die Gewalt durch bewaffnete Gruppen allein im vergangenen Jahr mehr als 700.000 Menschen in die Flucht. Mindestens 1.000 Schulen sind geschlossen, zum Teil, weil sie als Notunterkünfte genutzt werden. Wegen der Gewalt ist es zudem schwierig, humanitäre Hilfe zu leisten. Die Preise sind stark gestiegen, viele Menschen leiden unter Hunger und Mangelernährung. Auch Kinder schließen sich bewaffneten Banden an, weil sie verzweifelt sind und auf Essen und Schutz hoffen. 

„Viele der heutigen Bandenmitglieder waren 2010 selbst Kinder. Ihr Leben wurde durch das Erdbeben zerstört und jetzt stehlen sie der nächsten Generation die Zukunft. Für viele Kinder in Haiti ist Bildung die einzige Hoffnung. Die Welt muss handeln, damit diese Kinder zur Schule gehen und dazu beitragen können, dass sich die Geschichte nicht wiederholt.“ 

sagt Chantal Sylvie Imbeault.

Die 17-jährige Cassandra* wurde wegen des Erdbebens 2010 verspätet eingeschult. Jetzt lebt sie in einer überfüllten Notunterkunft, in die sie mit ihrer Mutter vor der Gewalt geflohen ist. „Ich müsste eigentlich in diesem Jahr meinen Abschluss machen, aber ich habe zwei Schuljahre verloren“, sagt Cassandra. „Ein Jahr wegen des Erdbebens und ein anderes Jahr wegen der Gewalt. Das tut weh. Ich weiß nicht, wann ich wieder zur Schule gehen kann.“ Cassandra hat oft Angst. Um sich abzulenken, häkelt sie, aber sie fühlt sich zunehmend bedroht. 

„Ich fühle mich überhaupt nicht sicher. Jeden Tag rücken die Banden näher. Wir hören, wie die Schüsse näherkommen und ich habe das Gefühl, dass eines Tages etwas in diesem Camp passieren wird. Wir schlafen mit 35 anderen Leuten in einem Klassenraum. Wenn wir mehr Platz hätten, könnten wir besser mit der Situation umgehen, aber in diesem Camp kann man das Geschehen nicht richtigverarbeiten.“ 

sagt Cassandra.

Save the Children arbeitet seit 1978 in Haiti und führt Projekte sowohl im ländlichen Raum als auch in Städten durch. Die Kinderrechtsorganisation fordert einen ungehinderten Zugang zu den Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, sowie eine Aufstockung der internationalen Hilfsgelder für Haiti.

Quelle: Save the Children vom 08.01.2025

Redaktion: Celine Richter

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