Kindheitsforschung
Gewalt im Kindesalter: Erforschung generationsübergreifender Folgen früher Traumata
Übertragen sich Kindheitstraumata, wie beispielsweise frühe Gewalt- und Missbrauchserfahrungen, auf folgende Generationen? Lassen sich die Spätfolgen von Kindheitstraumata in darauffolgenden Schwangerschaften nachweisen? Und haben Kinder von Müttern, die solche Erfahrungen gemacht haben, aufgrund dieser veränderten pränatalen Bedingungen ein erhöhtes Krankheitsrisiko? Diesen Fragen gehen Forscher der Berliner Charité nach.
28.09.2017
ERC Starting Grant zur Erforschung generationsübergreifender Auswirkungen von Kindheitstraumata
Prof. Dr. Claudia Buß und ihre Forscherkollegen der Charité – Universitätsmedizin Berlin werden in den kommenden fünf Jahren geplante Untersuchungen, mit einer Fördersumme von 1,48 Millionen Euro durch den Europäischen Forschungsrat durchführen. Die Arbeiten beginnen in diesem Monat und erste Frauen werden in die Studien aufgenommen.
Laut EU-Statistik hat eine von drei Frauen in ihrem Leben physische oder sexuelle Gewalt erlebt. Die Spätfolgen kindlicher traumatischer Erfahrungen können vielseitig sein und ein verändertes Stressverhalten, Fettleibigkeit oder auch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, im Verlauf des Lebens wiederholt Gewalt ausgesetzt zu sein, umfassen. Kinder von Frauen mit Gewalt- und Missbrauchserfahrungen haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko für psychische und auch körperliche Erkrankungen, auch wenn sie selbst keine traumatischen Erfahrungen gemacht haben. „Es ist wie ein langer Schatten, den Gewalt- und Missbrauchserfahrungen im Kindesalter auslösen“, sagt Prof. Dr. Claudia Buß. „Inwiefern dieser auch in die folgende Generation hineinreicht, das wollen wir herausfinden, beispielsweise anhand von Beobachtungen der Gehirnentwicklung des Kindes.“
Bisher wurden die Ursachen einer möglichen Übertragung mütterlicher früher Lebenserfahrungen in der postnatalen Entwicklungsphase des Kindes gesucht, denn häufig leiden betroffene Frauen unter postpartaler Depression oder haben Schwierigkeiten, eine enge Bindung zu ihrem Kind aufzubauen, was eine optimale kindliche Entwicklung beeinträchtigen kann. Die Charité-Wissenschaftler gehen davon aus, dass dieser Übertragungsprozess jedoch bereits viel früher beginnt.
Zeigen sich während der Schwangerschaft Veränderungen in der Stressbiologie der Mutter, die die Entwicklung des Ungeborenen beeinflussen könnten? Sind daher Kinder von Müttern mit traumatischen Kindheitserfahrungen in ihrem späteren Leben anfälliger für Krankheiten? Lassen sich Veränderungen in der Gehirnstruktur von Neugeborenen feststellen, deren Mütter traumatische Erfahrungen gemacht haben, als sie selbst Kind waren? Fragen wie diese zu den langfristigen Auswirkungen von Kindheitstraumata und deren Übertragung während der Schwangerschaft auf die nachfolgende Generation wollen Prof. Buß und ihr Team anhand umfassender Studien beantworten.
Der ERC Starting Grant fördert wissenschaftlichen Nachwuchs und wird vom Europäischen Forschungsrat (ERC) im Zuge des Forschungsrahmenprogramms Horizon 2020 vergeben. Für den Aufbau der Arbeitsgruppe am Institut für Medizinische Psychologie der Charité stehen 1,48 Millionen Euro zur Verfügung (Grant Agreement n° 639766).
Kontakt
Prof. Dr. Claudia Buß
Institut für Medizinische Psychologie
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Telefon: +49 30 450 529 224
E-Mail: <link>claudia.buss@charite.de
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e.V. -idw- vom 25.09.2017
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