Stellungnahme
Fehlende Beteiligung des Kindes in der geplanten Modernisierung im Familien- und Kindschaftsrecht
Das Bundesjustizministerium hat Eckpunkte für eine „Modernisierung“ des Kindschaftsrechts veröffentlicht. Dazu äußert sich die Präsidentin des Kinderschutzbundes Prof. Dr. Sabine Andresen.
24.01.2024
Zu dem durch Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann vorgelegten Eckpunktepapier zum Abstammungs- und Kindschaftsrecht erklärt Prof. Dr. Sabine Andresen, Präsidentin des Kinderschutzbundes:
„Eine Modernisierung des Abstammungs- und Familienrechts ist in Zeiten sich wandelnder Lebensrealitäten von Kindern und ihren Familien sinnvoll. Der Kinderschutzbund begrüßt deshalb die Initiative des Bundesjustizministers im Grundsatz. Wir begrüßen die vorgeschlagenen Regelungen zur Co-Mutterschaft ebenso wie die Möglichkeit für Kinder, die leibliche Vaterschaft prüfen lassen zu können, ohne damit die rechtliche Vaterschaft in Frage stellen zu müssen. Damit werden Rechtsunsicherheiten beseitigt und gleichzeitig dem Recht des Kindes auf Wissen über seine Herkunft Rechnung getragen. Ebenso halten wir die Vorhaben zum Schutz vor häuslicher Gewalt für überfällig und sinnvoll.“
Bezogen auf die vorgeschlagene Regelung zum Wechselmodell erklärt Professorin Andresen:
„Diese Regelung darf so nicht kommen. Das Wechselmodell kann eine dem Kindeswohl entsprechende Lebensform für viele Familien sein. Sind Eltern auch nach der Trennung gut in der Lage, im Sinne des Kindes zu handeln und zu kommunizieren, kann das Wechselmodell bereichernd sein und dem Kindeswohl entsprechen. In konflikthaften Trennungssituationen aber, das belegte zuletzt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats im Bundesfamilienministerium, entspricht das Wechselmodell nicht dem Kindeswohl. Es stürzt Kinder dann in nicht aufzulösende Loyalitätskonflikte. Notwendige und alltägliche Absprachen zwischen den Eltern über die Feier zum Geburtstag, die Wahl des Sportvereins oder die Übernachtung bei der Freundin, werden zur Herkulesaufgabe. Und das nicht nur für die Eltern, sondern natürlich auch für das Kind, das zwischen allen Stühlen sitzt. Eine Situation, in der das Wechselmodell mindestens von einer Elternseite nicht gewollt ist und dennoch richterlich angeordnet wird, kann dem Kindeswohl nicht dienen. Den entsprechenden Vorschlag des Bundesjustizministers lehnen wir deshalb als ungeeignet ab.“
Der Kinderwille spielt an vielen Punkten keine Rolle
Andresen weiter:
„Im Gesamteindruck zeigt sich, dass die Interessen Kindes gerade in den umgangsrechtlichen Regelungen zu wenig Berücksichtigung finden. Das Bundesjustizministerium hat offenbar gut im Blick, welche Interessen Eltern, Großeltern und andere Erwachsene an Sorge und Umgang mit dem Kind haben könnten. Der Kindeswille jedoch spielt an vielen Punkten keine Rolle. So ist es sicherlich modern, dass es künftig schon vorgeburtlich möglich sein soll, den Umgang mit dem Kind zu regeln. Eine Beteiligung des Kindes an dieser Entscheidung ist naturgemäß aber nicht möglich.“
Weitere Informationen
- Bundesjustizministerium stellt Eckpunktepapiere vor
- Getrennte Eltern fühlen sich mit dem Wechselmodell wohl
Quelle: Der Kinderschutzbund Bundesverband e.V. vom 16.01.2024
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