Europa

European Youth Work Agenda für qualitativ hochwertige Youth Work – in Europa und in Deutschland

Der Rat der EU und der Europarat streben die Weiterentwicklung von Youth Work im Rahmen einer European Youth Work Agenda an. Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ verbindet mit der European Youth Work Agenda die Zuversicht, wirksame Impulse aus der europäischen Debatte in die deutsche Kinder- und Jugendhilfe einbringen zu können. Als Forum und Netzwerk der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland erhebt sie mit dieser Stellungnahme zudem den Anspruch, die Kompetenz der deutschen Kinder- und Jugendhilfe, insbesondere der Jugendarbeit und der Jugendsozialarbeit, in die Ausformulierung der European Youth Work Agenda einfließen zu lassen und somit ihre Prinzipien und Qualitätsstandards auf der europäischen Ebene einzubringen.

19.03.2020

Um zur Weiterentwicklung einer qualitativ hochwertigen Youth Work beizutragen, setzt sich die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ in diesem Positionspapier mit der angekündigten European Youth Work Agenda auseinander und formuliert Forderungen an deren Ausgestaltung sowie an den europäischen und deutschen Umsetzungsprozess.

Die European Youth Work Agenda

Von Juli bis Dezember 2020 wird die Bundesrepublik Deutschland die Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union (EU) übernehmen. Zusätzlich wird Deutschland von November 2020 bis Mai 2021 den Vorsitz im Ministerkomitee des Europarats innehaben. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat in Aussicht gestellt, dass der Themenbereich Jugend ein Schwerpunkt seiner Aktivitäten darstellen wird.

Nachdem im Bereich Jugendpolitik bereits im Jahr 2018 die EU-Jugendstrategie und im Jahr 2019 die erste Jugendstrategie der Bundesregierung verabschiedet wurden, versprechen auch das zweite Halbjahr 2020 und der Beginn des Jahres 2021 spannend und ereignisreich für die europäische und deutsche Jugendpolitik zu werden. Mit dem Fokus auf Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene steht unter anderem das Thema Youth Work im Licht der Aufmerksamkeit. Während sowohl der Rat der EU als auch der Europarat in ihren Prioritäten die Weiterentwicklung von Youth Work benennen, ist die Diskussion in Deutschland bisher zurückhaltender. Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ sieht dem kommenden Jahr daher erwartungsvoll entgegen und verspricht sich von diesem thematischen Schwerpunkt, die europäischen Diskussionen um Youth Work in den deutschen Fachdiskurs aufzunehmen und Youth Work auch auf deutscher Ebene zu stärken.

Arbeit von, für und mit jungen Menschen

Der Begriff „Youth Work“ entstammt Bemühungen auf der europäischen Ebene, unter Anerkennung der Vielfalt und Unterschiedlichkeit der verschiedenen Organisationsformen in den Mitgliedsstaaten von EU und Europarat [1], ein gemeinsames Verständnis eines Arbeitsfeldes zu entwickeln, in dem es um die Arbeit von, für und mit jungen Menschen geht. Im Kontext des deutschen Systems der Kinder- und Jugendhilfe umfasst dies weitestgehend die Arbeitsbereiche Kinder- und Jugendarbeit [2] und Jugendsozialarbeit im Rahmen der §§11-13 SGB VIII.

Das BMFSFJ beabsichtigt, während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft die Entwicklung einer „European Youth Work Agenda“ voranzubringen. Ziel der Agenda soll es sein, einen strategischen Rahmen für die Weiterentwicklung und Anerkennung von Youth Work in der EU und in Kooperation mit dem Europarat auch über die EU hinaus zu entwickeln. Der Begriff European Youth Work Agenda bezieht sich im Folgenden auf das Zusammenspiel der drei Agenda-Bestandteile – die politischen Grundlagen mit den noch zu treffenden Beschlüssen auf EU-Ebene, den bereits bestehenden Beschlüssen des Europarates und einer gemeinsamen politischen Vereinbarung beider Institutionen, der inhaltlichen Vertiefung und Verankerung der Agenda in den Einrichtungen und Strukturen von Youth Work auf den verschiedenen Ebenen rund um die dritte European Youth Work Convention 2020 sowie einem sich daran anschließenden, von verschiedensten Akteuren getragenen, gemeinsamen und strukturierten Umsetzungsprozess auf europäischer Ebene und in den jeweiligen Mitgliedsstaaten.
Die AGJ hat sich in der Vergangenheit aktiv in die Diskussion um Youth Work eingebracht [3] und begrüßt daher das Vorhaben im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft sowie die Entwicklungen im Europarat.

Bisheriger fachlicher und politischer Diskurs um Youth Work

Das Vorhaben des BMFSFJ ist eingebettet in die bisherigen Entwicklungen zum Thema Youth Work auf europäischer Ebene, sowohl in der EU als auch im Europarat. In diesem Kontext sind insbesondere die zwei European Youth Work Conventions bedeutsam [4], die 2010 unter belgischer EU-Ratspräsidentschaft und 2015 unter belgischem Vorsitz im Europarat stattfanden. Wurde auf der ersten Convention 2010 zunächst die Heterogenität von Youth Work auf der Ebene von Konzeptionen und Praxen in Europa betont, setzte sich die zweite Convention 2015 das Ziel, ein gemeinsames europäisches Grundverständnis von Youth Work zu entwickeln. Ein weiteres Ergebnis der zweiten Convention 2015 war die Forderung nach einer European Youth Work Agenda zur Weiterentwicklung des Konzeptes Youth Work auf europäischer Ebene sowie dessen Überführung in ein konkretes Handlungskonzept. Dieses Anliegen wurde in der EU-Jugendstrategie 2021-2027 aufgenommen und die EU-Mitgliedsstaaten sowie die EU-Kommission wurden dazu aufgefordert, „eine europäische Jugendarbeitsagenda [englisch: European Youth Work Agenda] für Qualität und Innovation in der Jugendarbeit und die Anerkennung von Jugendarbeit auszuarbeiten und umzusetzen. Um das vorhandene Potenzial voll zu nutzen, muss das Fachwissen von Jugendvertretungen, Jugendorganisationen sowie von in der Jugendarbeit und -forschung tätigen Personen herangezogen werden. Zudem sollten Synergien mit der Arbeit des Europarates in diesem Bereich gefördert werden“. [5] Dem folgend ist im Arbeitsplan Jugend 2019-2021 zur EU-Jugendstrategie festgehalten, dass während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft eine European Youth Work Agenda erarbeitet wird.

Neben dem Rat der EU setzte sich auch der Europarat intensiv mit dem Thema Youth Work auseinander und verabschiedete 2017 hierzu eine umfassende Empfehlung zur Weiterentwicklung von Youth Work. [6] In seiner 2020 beschlossenen „Youth Sector Strategy 2030“ formuliert der Europarat zudem die Erwartung, Youth Work zu stärken durch “recognizing and advancing youth work policies and practices by embedding youth work within youth policy frameworks, notably through the common European youth work agenda”. [7] 

Bildung eines strategischen Rahmens für die Weiterentwicklung von Youth Work

Die angekündigte European Youth Work Agenda soll Synergien zwischen beiden Institutionen verstärken und gemeinsam zu einer europaweiten Weiterentwicklung von Youth Work beitragen. Die dritte European Youth Work Convention im Dezember 2020 nutzt den überschneidenden Zeitpunkt der deutschen Präsidentschaft im Rat der EU und des deutschen Vorsitzes im Ministerrat des Europarates als Auftakt des Umsetzungsprozesses einer European Youth Work Agenda.

Die European Youth Work Agenda soll Umsetzungsprozesse auf europäischer Ebene sowie Prozesse in den jeweiligen Kontexten der Mitgliedsstaaten mitdenken. Die Gestaltung der nachfolgenden Prozesse wird von zentraler Bedeutung für den Erfolg und den Einfluss der European Youth Work Agenda sein. Die angestrebte politische Rahmung und die Beschlusslagen auf europäischer Ebene, die weitere Fundierung und Entwicklung des Arbeitsfeldes auf der dritten European Youth Work Convention und die sich hoffentlich daran anschließenden Prozesse in den Mitgliedstaaten sind jugendpolitisch von herausragender Bedeutung.

Ein europäisches Konzept mit Relevanz für Deutschland

Im Rahmen der europäischen Fachdebatte über Youth Work gelang es, ein gemeinsames Grundverständnis von Youth Work zu entwickeln, dass die Grundlagen und Prinzipien von Youth Work in Europa beschreibt, ohne dabei abschließende Definitionen von Youth Work zu geben. [8] Der Begriff Youth Work umfasst auf europäischer Ebene eine Vielfalt von in der Regel gruppenbezogenen Aktivitäten von und für junge Menschen in der außerschulischen Bildung, in der Freizeit, im Engagement- und Freiwilligenbereich sowie Aktivitäten zur Unterstützung bei der Lebensbewältigung. [9] Sowohl ehren- als auch hauptamtlich im Bereich Youth Work Tätige (Jugendarbeiter*innen, Jugendbetreuer*innen, Jugendleiter*innen, u. a.) bieten Youth Work Angebote an und führen diese durch. Gemeinsam mit Akteuren aus Fachpolitik und Wissenschaft wird das Feld kontinuierlich weiterentwickelt.

Der europäische Begriff Youth Work ist im deutschen Kontext nicht mit seiner wortwörtlichen Übersetzung Jugendarbeit, im Sinne von §11 SGB VIII, gleichzusetzen, da er sich darüber hinaus auf ein Spektrum sozialer, kultureller und bildungsbezogener oder allgemeinpäda-gogischer Aktivitäten bezieht, die von, für und mit jungen Menschen in jugendpädagogischen Settings durchgeführt werden. In der ausdifferenzierten deutschen Kinder- und Jugendhilfe-landschaft sind es offene Kinder- und Jugendarbeit, europäische und internationale Jugendarbeit, kommunale Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit, Jugendbildungsarbeit sowie Jugendsozialarbeit inklusive Schulsozialarbeit und Jugendberufshilfe im Sinne der §§11-13 SGB VIII, die unter das Dach des Begriffs Youth Work fallen. Darüber hinaus werden in anderen Staaten zum Beispiel auch einzelne Angebote, die in Deutschland den Hilfen zur Erziehung oder der Jugendresozialisation zugerechnet werden, in den Kontext von Youth Work einbezogen.

Im Anschluss an die beiden European Youth Work Conventions sowie die bisherigen Fachdebatten auf europäischer Ebene lässt sich festhalten, dass im Fachdiskurs mittlerweile von einem gemeinsamen Grundverständnis von Youth Work gesprochen werden kann. Der Europarat stellte 2017 entsprechend fest: „Despite different traditions and definitions, there is a common understanding that the primary function of youth work is to motivate and support young people to find and pursue constructive pathways in life, thus contributing to their personal and social development and to society at large”. [10]

Ziel von Youth Work ist es demnach, junge Menschen zur Selbstbestimmung zu befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anzuregen und hinzuführen. Darüber hinaus wird mit Youth Work auch die Hoffnung verbunden, zur Erreichung gesellschaftlicher Ziele im Sinne einer inklusiven, engagierten und toleranten Gesellschaft beizutragen. Youth Work ist ein an demokratischen und rechtebasierten Werten orientiertes Konzept, das junge Menschen auf dem Weg zu aktiven Bürger*innen unterstützt. Mit „critical youth citizenship“ liegt hierzu ein neues zusammenfassendes Konzept vor.[11] Durch non-formale und informelle Bildung werden die Fähigkeit zu Selbstbestimmung, eine selbstbewusste Entwicklung und das kritische Denken junger Menschen gefördert. Zentral für die Konzeption von Youth Work ist die grundsätzliche Orientierung an den Interessen, Ideen, Erfahrungen und Bedürfnissen der jungen Menschen. Hierfür spielen Freiräume zur eigenen Gestaltung, die freie und freiwillige Zugänglichkeit von Youth Work Angeboten sowie gegenseitiger Respekt zwischen jungen Menschen und Erwachsenen eine wesentliche Rolle. Indem die Belange junger Menschen im Zentrum von Youth Work stehen, übernimmt Youth Work ebenfalls die Funktion der Vermittlung und Vertretung von Interessen junger Menschen innerhalb der Gesellschaft sowie gegenüber den Interessen der Akteure aus Wirtschaft und Politik und stärkt somit die gesellschaftliche Bedeutung der Perspektive junger Menschen. Trotz der sich verändernden gesellschaftlich relevanten Ziele von Youth Work, steht immer die persönliche Entwicklung und Befähigung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Vordergrund. Dies bedeutet, dass arbeitsmarkt- oder bildungsorientierte Ziele durchaus einen Aspekt von Youth Work abdecken können, Youth Work hiervon allerdings nicht vereinnahmt werden darf.

Strategischer Rahmen für die Entwicklung von Youth Work

Bei der European Youth Work Agenda handelt es sich um ein Vorhaben, an das ein mehrjähriger Umsetzungsprozess auf europäischer und nationaler, regionaler und kommunaler Ebene anschließen soll und von dem erwartet wird, das Arbeitsfeld Youth Work zu prägen. Um diesem hohen Anspruch gerecht werden zu können, ist die Beteiligung aller relevanten Akteure einschließlich junger Menschen selbst bei der Entstehung und Umsetzung der Agenda unerlässlich.
Als ein relevanter Akteur der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland, möchte die AGJ zum Erfolg des Vorhabens beitragen. Im Folgenden formuliert die AGJ daher ihre Anforderungen und Erwartungen an den Entstehungsprozess der Agenda, die mit ihr verbundenen Ziele sowie an die Inhalte der European Youth Work Agenda.

Anforderungen an den Entstehungsprozess der European Youth Work Agenda

Die AGJ legt großen Wert darauf, dass die European Youth Work Agenda unter Einbezug aller relevanten Akteure aus Praxis, Politik und Forschung auf den verschiedenen Ebenen, einschließlich junger Menschen, entwickelt wird. Den in Deutschland im Dezember 2019 begonnenen Dialogprozess zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft nimmt die AGJ daher positiv zur Kenntnis und weist darauf hin, dass die Diskussionsergebnisse in einem transparenten Verfahren in den Entstehungsprozess der Agenda zu berücksichtigen sind. Vergleichbare Verfahren sind a anderen Mitgliedsstaaten wünschenswert. Darüber hinaus sind geeignete Beteiligungsverfahren für den Einbezug von jungen Menschen einzurichten.
Die European Youth Work Agenda wird gemeinsam von der EU sowie vom Europarat angestrebt. Beide Institutionen sollten sich durch möglichst starke politische Beschlusslagen zur Förderung des Arbeitsfeldes Youth Work im Rahmen einer European Youth Work Agenda bekennen und gleichermaßen deren Umsetzung in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen und mit ihren jeweiligen Mitteln forcieren. Eine gemeinsame Vereinbarung oder Absichtserklärung würde eine kooperative Herangehensweise betonen.

Drei Hauptzielsetzungen der European Youth Work Agenda

Nach Ansicht der AGJ soll die European Youth Work Agenda, unter Wahrung und Berücksichtigung der Vielfalt von Youth Work [12], drei Hauptzielsetzungen verfolgen:

  1. Die Agenda soll eine solide Grundlage für Youth Work in Europa schaffen. Dies beinhaltet die Weiterentwicklung und Festigung des gemeinsamen Grundverständ-nisses von Youth Work in Europa. Aufbauend auf den Ergebnissen der ersten beiden European Youth Work Conventions sowie der allgemeinen Fachdebatte gilt es, gemeinsame Prinzipien für qualitativ hochwertige Youth Work zu finden und deren Implementierung zu unterstützen. Die Vielfalt von Youth Work in Europa ist hierbei ausreichend zu berücksichtigen.
  2. Mithilfe der European Youth Work Agenda soll das Arbeitsfeld Youth Work in Europa gestärkt werden. Dabei spielt die Förderung und Weiterentwicklung der drei Teilbereiche von Youth Work –  Youth Work Praxis, Youth Work Policy und Youth Work Forschung – einschließlich ihres Zusammenspiels – eine besondere Rolle.
  3. Die European Youth Work Agenda soll einen strategischen Rahmen für die Weiterentwicklung von qualitativ hochwertiger Youth Work in Europa bieten, der dazu beiträgt, Youth Work zielgerichtet und gemeinsam weiterzuentwickeln und auszubauen. Innovative Ansätze und Herangehensweisen gilt es hierbei in den Blick zu nehmen und neue Themen zu beachten.

Bei der Ausarbeitung der European Youth Work Agenda sieht die AGJ es darüber hinaus als höchste Priorität an, die Agenda in allen Belangen von der Zielgruppe, nämlich jungen Menschen, aus zu denken und deren Beteiligung am Prozess sicherzustellen.

Relevante Inhalte der European Youth Work Agenda

Im Hinblick auf die inhaltliche Ausgestaltung der European Youth Work Agenda erachtet die AGJ vor allem die folgenden Punkte als relevant:

  • Strukturen und Ressourcen für Youth Work verbessern
  • Sichtbarkeit und Anerkennung von Youth Work stärken
  • Praxisaustausch fördern
  • Qualifizierung von im Bereich Youth Work Tätigen stärken
  • Youth Work Policy als Teil der Jugendpolitik etablieren
  • Youth Work Forschung und Wissenschaft im Kontext der Jugend(hilfe)forschung fördern

Die inhaltlichen Ausführungen der oben aufgelisteten relevanten Punkte sowie u.a. weitere Ausführungen zu den Anforderungen und Erwartungen an den Umsetzungsprozess in Deutschland sind dem umfangreichen Positionspapier „Die European Youth Work Agenda für qualitativ hochwertige Youth Work – in Europa und in Deutschland“ (PDF, 117 KB, 18 Seiten) zu entnehmen. Hier ist nur ein Auszug dargestellt.

Zusammenfassung der Erwartungen und Forderungen

Um zu einer gelingenden Weiterentwicklung von Youth Work auf europäischer Ebene und in Deutschland beitragen zu können, muss die European Youth Work Agenda nach Ansicht der AGJ zusammenfassend den folgenden Erwartungen gerecht werden. Grundsätzlich gilt hierbei, dass in allen Phasen der Entstehung und Umsetzung der Agenda auf europäischer Ebene sowie in Deutschland alle relevanten Akteure, inklusive junger Menschen, einzubeziehen und deren Perspektiven zu berücksichtigen sind:

Die AGJ erwartet von der European Youth Work Agenda, dass:

  • in allen Phasen der Entstehung und Umsetzung der European Youth Work Agenda eine enge und kooperative Zusammenarbeit zwischen dem Europarat und der EU stattfindet.
  • ein strategischer Rahmen für die Weiterentwicklung von qualitativ hochwertiger Youth Work in Europa entwickelt wird, der eine zielgerichtete Weiterentwicklung des Arbeitsfeldes Youth Work ermöglicht.
  • die Strukturen und Ressourcen für Youth Work gestärkt und eine ausreichende Förderung sowie ein verlässlicher finanzieller Rahmen sichergestellt werden.
  • die Sichtbarkeit und Anerkennung von Youth Work erhöht und mit geeigneten Maßnahmen gefördert werden.
  • die Möglichkeiten zum Praxisaustausch auf allen Ebenen verbessert und langfristig angelegte Austausch-Plattformen implementiert werden.
  • die Qualifizierungsangebote für im Bereich Youth Work Tätige gestärkt und erweitert werden.
  • Youth Work Policy als eigenständiger und zentraler Bestandteil von Jugendpolitik anerkannt und in die Jugendstrategien der jeweiligen Mitgliedsstaaten eingebettet wird.
  • Youth Work Forschung und Theorie gefördert und als eigenständiges Forschungsfeld im Kontext von Jugend(hilfe)forschung implementiert werden.

Die AGJ erwartet von dem europäischen Prozess, dass:

  • die Mitgliedsstaaten aufgefordert werden, der European Youth Work Agenda konkrete Handlungen folgen zu lassen und sie als integralen Bestandteil der EU-Jugendstrategie zu verstehen.
  • neue und nachhaltige Umsetzungsstrukturen der Agenda auf europäischer Ebene implementiert werden.
  • geeignete Beteiligungsinstrumente entwickelt werden, die den Einbezug der Perspektiven aller relevanten Akteure ermöglichen.
  • ein arbeitsfeldübergreifender Diskurs über den Wert und die Anerkennung von Youth Work auf europäischer Ebene angestoßen wird.

Die AGJ erwartet von dem Umsetzungsprozess in Deutschland, dass:

  • Youth Work konsequent in den deutschen jugendpolitischen Kontext einbezogen und die European Youth Work Agenda in die Jugendstrategie der Bundesregierung eingebettet wird.
  • der europäische Diskurs zu Youth Work in den deutschen Diskurs einfließt.
  • auf regionaler und kommunaler Ebene konkrete Umsetzungsprozesse angestoßen und die Rolle der Agenda in den jeweiligen Kommunen definiert werden.
  • die Youth Work Akteure in Deutschland sich ihrer Gestaltungsverantwortung bewusst werden und sich aktiv und konstruktiv an der Youth Work Debatte beteiligen.
  • eine flächendeckende, auskömmliche und strukturell abgesicherte Finanzierung von Youth Work erfolgt.
  • internationale und nationale Veranstaltungen zur Weiterentwicklung von Youth Work genutzt werden.
  • eine Standortbestimmung der Situation und Herausforderungen von Youth Work in Deutschland durchgeführt und als Ausgangspunkt für eine strategische Weiterentwicklung von Youth Work genutzt wird.
  • eine Debatte über die Qualifizierung von im Bereich Youth Work Tätigen geführt und der Bereich weiterentwickelt wird.
  • Youth Work in ländlichen Räumen gezielt gefördert und in die Regionalentwicklung einbezogen wird.
  • sich über die Rolle von Youth Work im Kontext von Bildung und weiteren gesellschaftlichen Herausforderungen verständigt wird.

Ansprechperson für diesen Zwischenruf ist in der AGJ die zuständige Referentin des Arbeitsfelds II „Kinder- und Jugend(hilfe)politik in Europa“: Annika Dahrendorf

Quelle: Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ

Fußnoten
[1] Im Folgenden Mitgliedsstaaten.
[2] Im Folgenden Jugendarbeit.
[3] AGJ (2018): Europäische Jugendpolitik in einem sozialen Europa; AGJ (2019): Umsetzung europäischer Jugendpolitik in Deutschland ab 2019 – Nach vorne schauen und Weiterentwicklung fördern! AGJ-Positionspapier; AGJ (2015): Die europäischen Dimensionen in der Kinder- und Jugendhilfe – Relevanz und Potential europäischer Politik für die Kinder- und Jugendhilfe. AGJ-Diskussionspapier.
[4] Diese europäischen Veranstaltungen stellen mit jeweils ca. 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern die bisher größten Diskussionsforen zur Weiterentwicklung von Youth Work auf europäischer Ebene dar. Als Ergebnis der Diskussionen beschlossen beide Conventions jeweils eine Deklaration.
[5] Rat der Europäischen Union (2018): Entschließung über die Jugendstrategie der Europäischen Union 2019-2027.
[6] Council of Europe (2017): Recommendation of the Committee of Ministers to member States on youth work and explanatory memorandum. Adopted by the Committee of Ministers on 31 May 2017 at the 1287th meeting of the Ministers' Deputies. CM/Rec(2017)4.
[7] Council of Europe (2020):  Resolution on the Council of Europe youth sector strategy 2030. Adopted by the Committee of Ministers on 22 January 2020 at the 1365th meeting of the Ministers’ Deputies. CM/Res(2020)2.
[8] Siehe: Hofmann-van de Poll/ Pelzer/ Riedle (i.E.): The European Discussion on Youth Work 2015-2020; Williamson (2019): Cornerstone Challenges for European Youth Work and Youth Work in Europe. Making the Connections and Bridging the Gaps. Some preparatory thoughts for planning the 3rd European Youth Work Convention and implementing the European Youth Work Agenda.
[9] Thimmel (i.E.): Jugendbildungsarbeit in Europa. In: Bollweg/ Buchna/ Coelen/ Otto (Hrsg.): Handbuch Ganztagsbildung. Springer Fachmedien Wiesbaden. S. 1219 -1232.
[10] Council of Europe (2017): Recommendation of the Committee of Ministers to member States on youth work and explanatory memorandum. Adopted by the Committee of Ministers on 31 May 2017 at the 1287th meeting of the Ministers' Deputies. CM/Rec(2017)4.
[11] Ohana (2019): What’s politics got to do with it? European youth work programmes and the development of critical youth citizenship.
[12] European Youth Work Convention (2010): Declaration of the 1st European Youth Work Convention.

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