Neues Versorgungsmodell

Die seelische Gesundheit von jungen Geflüchteten stärken

Um den psychischen Belastungen zu begegnen, denen unbegleitete junge Geflüchtete ausgesetzt sind, wurde in einer aktuellen Studie zunächst der Status Quo erruiert und daraus resultierend ein neues Versorgungsmodell entwickelt, welches sich aktuell in der Testung befindet. Ziel ist es eine effiziente und bedarfsaorientierte Versorgungslage zu schaffen.

13.08.2024

Jugendliche, die ohne nahestehende Bezugsperson nach Deutschland flüchten, sind meist psychisch belastet. Einflussreichster Faktor sind potentiell traumatische Erfahrungen vor oder während der Flucht wie das Miterleben von Gewalt, Tötungen oder Naturkatastrophen. Das Ausmaß der Symptome für Posttraumatische Belastungsstörungen, Depressionen und Ängste sind auch zwei Jahre nach der Ankunft hierzulande auf hohem Niveau, im Laufe der Zeit erlangen dabei aber situative Bedingungen im Aufnahmeland eine zunehmende Bedeutung, zeigt eine aktuelle Studie des Forschungsprojekts „Better Care“.

In diesem Projekt untersuchen Forschende des Deutschen Jugendinstituts (DJI), der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und des Universitätsklinikums Ulm, die psychische Gesundheit von mehr als 600 unbegleiteten jungen Geflüchteten, die vor allem in stationären Wohngruppen der Jugendhilfe leben. Sie wurden zu ihren Belastungen befragt, 120 von ihnen mehrmals über einen Zeitraum von zwei Jahren – auch zu ihrer sozialen Teilhabe sowie zu Faktoren im Aufnahmeland, die ihren Gesundheitszustand verbessern oder beeinträchtigten. Außerdem entwickelten die Forschenden im Projekt „Better Care“ einen gestuften Versorgungsansatz zur Verbesserung der psychischen Gesundheit von unbegleiteten jungen Geflüchteten und vergleichen aktuell seine Wirksamkeit mit bestehenden Angeboten.

Stress im Aufnahmeland kann psychische Belastungen verschärfen

Der Studie zufolge wird das Wohlergehen der jungen Geflüchteten im Aufnahmeland besonders von sozialen Stressauslösern wie Diskriminierungserfahrungen, Einsamkeit oder Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Aufenthaltsstatus beeinflusst. Die Sorge um zurückgebliebene Familienmitglieder spiele ebenfalls eine entscheidende Rolle, wobei sich mehr Kontakt zu diesen positiv auswirke.

Frühzeitig an diesen situativen Bedingungen im Aufnahmeland anzusetzen, könne das Wohlergehen der jungen Menschen deutlich verbessern, schreiben die DJI-Forschenden Fabienne Hornfeck, Selina Kappler und Prof. Dr. Heinz Kindler in der aktuellen Ausgabe des Forschungsmagazins DJI Impulse mit dem Schwerpunkt „Psychisch stark werden“ und schildern konkrete Lösungsansätze. Woran Psychotherapien derzeit oft scheitern und welche Unterstützung die oft traumatisierten Jugendlichen brauchen, erklärt die „Better Care“-Projektleiterin Prof. Dr. Rita Rosner im Interview.

Je nach Bedarf: Gruppenprävention oder Einzeltherapie

Um zu überprüfen, ob sich die psychische Gesundheit der jungen Geflüchteten anhand des gestuften Versorgungsansatzes mit wissenschaftlich erprobten Behandlungsmethoden verbessern lässt, wandten die Forschenden im Projekt „Better Care“ diesen bei einem zufällig ausgewählten Teil der Jugendlichen an. Danach erhielten diejenigen mit milden bis moderaten psychischen Symptomen die Empfehlung für eine Gruppenpräventionmund diejenigen mit klinisch auffälligen psychischen Symptomen eine Traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie, die speziell geschulte Therapeut*innen und Dolmetscher*innen umsetzten. Der andere Teil der Jugendlichen wurde der üblichen Versorgung ihrer Jugendhilfeeinrichtung zugeteilt. Die Ergebnisse zur Wirksamkeit des gestuften Ansatzes nach zwölf Monaten sowie eine Kosten-Nutzen-Analyse gegenüber der herkömmlichen Versorgung, werden voraussichtlich im Frühling 2025 veröffentlicht.

Weitere Infos

Forschungsprojekt BETTER CARE - Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung unbegleiteter junger Flüchtlinge durch gestufte Behandlungsangebote

Kontakt

Deutsches Jugendinstitut e.V.
Fabienne Hornfeck
Wiss. Referentin in der Fachgruppe „Familienhilfe und Kinderschutz“
Telefon: 089 62306-240

E-Mail: hornfeck@dji.de

Uta Hofele
Abteilung Medien und Kommunikation
Telefon: 089 62306-446

E-Mail: hofele@dji.de

Quelle: Deutsches Jugendinstitut e.V. vom 01.08.2024

Redaktion: Zola Kappauf

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