Stellungnahme

Die Bindungen von Pflegekindern müssen geschützt werden!

Der PFAD Bundesverband nimmt Stellung zur erfolglosen Verfassungsbeschwerde von langjährigen Pflegeeltern eines fünfjährigen Kindes gegen dessen Wechsel in eine andere Pflegefamilie. Dabei beleuchtet der Bundesverband unter anderem die Schutzwirkung von Bindungen für vulnerable Kinder.

25.09.2023

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) befasste sich mit dem Fall von Pflegeeltern, die sich gegen den Wechsel ihres langjährigen Pflegekindes in eine andere Pflegefamilie wehren (1 BvR 1088/23 vom 28.08.2023). Das Gericht fand die bisherigen Entscheidungen der Familiengerichte verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und nahm die Verfassungsbeschwerde der Pflegeeltern daher nicht zur Entscheidung an.

In diesem Fall wehren sich die Pflegeeltern bisher erfolglos vor den Familiengerichten dagegen, dass ihr fünfjähriges Pflegekind nach mehr als vier Jahren bei ihnen nun in einer besser geeigneten Pflegefamilie untergebracht wird. Als Begründung führen Vormund und Jugendamt an, dass sie eine Überforderung der bisherigen Pflegeeltern befürchten.

Bisher vertrat das BVerfG im Sinne des Kindeswohls die Position, dass die zwischen Pflegekind und Pflegeeltern entstandenen Bindungen schützenswert seien und daher auch Pflegefamilien unter dem Schutz des Grundgesetzes Art. 6 Abs. 1 und 3 stünden.

Ausführungen zum vorliegenden Fall

In vorliegenden Fall folgt das BVerfG nun der Argumentation von Oberlandes- und Amtsgericht, dass in der Pflegefamilie eine Kindeswohlgefährdung zu erwarten sei. Doch in den Ausführungen des Amtsgerichts wird deutlich, dass es sich ausschließlich auf die Informationen aus dem Jugendamt bezieht und fachliche Einschätzungen von anderen beteiligten Stellen zugunsten der Pflegefamilie nicht einbezogen werden. Leider wird dies auch in den weiteren Instanzen nicht hinterfragt. Sowohl Oberlandesgericht als auch BVerfG kommen auf der Basis dieser einseitigen Informationen zu dem Schluss, dass dem Kind „mit einem Wechsel der Pflegefamilie trotz des Bindungsabbruchs zu den bisherigen Pflegeeltern eher gedient ist“.

Ähnliche Fälle begegnen uns in unserer Beratungspraxis leider immer wieder. Statt Pflegefamilien eng und auf Augenhöhe zu begleiten, bei Problemen zu unterstützen und ihnen ggf. weitere Hilfen anzubieten, werden auch langjährig an ihre Pflegefamilien gebundene Kinder wieder herausgenommen. Oft ohne dabei den Willen des Kindes zu berücksichtigen. Manchmal besprechen Fachkräfte im Team sogar wie das Leben eines Kindes weitergehen soll, das sie nur aus den Akten „kennen“.

Unseres Erachtens ist ein Wechsel von einer Pflegefamilie in eine anderen nur angezeigt, wenn in der ersten Pflegefamilie tatsächlich eine Kindeswohlgefährdung vorliegt. Sonst hat der Schutz der Bindungen von Pflegekindern, die aufgrund ihrer Lebensgeschichte bereits Bindungsabbrüche verkraften mussten, oberste Priorität.

Gerade wegen des tragfähigen Bindungsangebotes, sind Pflegefamilien die kindgerechteste Option der Hilfen zur Erziehung. Bindung ist der beste Schutzfaktor für diese vulnerablen Kinder. Jeder weitere Wechsel schädigt ihre psychische Gesundheit und ihr Vertrauen in andere Menschen.

Redaktion: Ulrike Schulz

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