Flucht und Migration
BumF kritisiert Sonderstellung junger Geflüchteter in der SGB VIII-Reform
Im Zuge der aktuellen Reform des Kinder- und Jugendhilferechts werden geflüchtete Jugendliche und junge Volljährige explizit als Beispielgruppe für eine neue Hilfeform mit geringerer pädagogischer Betreuungsintensität benannt. Der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) bezeichnet die derzeit kursierenden Arbeitsentwürfe zur SGB VIII-Novelle als besorgniserregend.
31.08.2016
Vom Kind zum Flüchtling?
In einem Positionspapier vom 31.08.2016 evaluiert der BumF Implikationen der geplanten Novellierung des SGB VIII für geflüchtete Jugendliche und junge Erwachsene. Die Stellungnahme kritisiert die vornehmlich kostenorientierte Ausrichtung der vorliegenden Entwürfe, die unter anderem die Forderung einiger Länder aufgreift, abgesenkte und niedrigschwellige Leistungen für Geflüchtete zu verankern.
Besondere Bedürfnislage junger Geflüchteter
Der BumF äußert scharfe Kritik an Debatten, die geflüchteten Kindern und Jugendlichen aufgrund angeblich höherer Selbstständigkeit einen geringeren pädagogischen Bedarf unterstellen. Junge Geflüchtete werden so als homogene Gruppe konstruiert und von anderen Kindern und Jugendlichen unterschieden. Ein besonderer Unterstützungbedarf aufgrund der Traumatisierung durch Flucht- und Gewalterfahrung findet dagegen im Entwurf des Bundesfamilienministeriums keine Erwähnung.
Voraussichtliche Änderungen mit Relevanz für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
- Vorrang von Infrastrukturangeboten und Unterbringung mit geringfügiger Betreuung (durch systematische Vorrang/Nachrang-Regelungen sowie ermessenslenkende Vorgaben)
- Jugendsozialarbeit statt Hilfe für junge Volljährige (Abbau der pädagogischen Betreuungsintensität von Leistungen für junge Volljährige)
- Keine Hilfe für junge Volljährige bei erstmaliger Beantragung mit 18 Jahren (nur noch in begründeten Einzelfällen)
Forderungen des BumF
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Das Prinzip der bedarfsgerechten und individuellen Unterstützung durch die Jugendhilfe darf nicht unterlaufen werden.
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Die Heranziehung von umF als homogene Gruppe mit besonderem pauschal identifizierbarem Bedarf in der Begründung bestimmter Normen ist ersatzlos zu streichen. UmF haben als Kinder und Jugendliche das Recht, wie jedes andere Kind und jeder andere Jugendliche auch, nach der eigenen Geschichte, dem eigenen Bedarf und den eigenen Wünschen unterstützt und gefördert zu werden. Auch eine indirekte Diskriminierung bleibt eine Diskriminierung und läuft klaren völkerrechtlichen Bestimmungen (Art. 2, 22 Abs. 2 UN-KRK) zuwider.
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Der Bundesfachverband umF warnt vor einer Einführung eines abgeschwächten Leistungs- und Unterstützungssystems im Rahmen der Vorranggeltung von Jugendsozialarbeit (§ 13 SGB VIII) vor Hilfen für junge Volljährige (§ 41 SGB VIII-E) sowie der Unterbringung in Einrichtungen mit geringer Betreuungsintensität (§ 34a SGB VIII-E). Wer in gut betreuten Wohngruppen statt in großen Unterkünften mit geringer Betreuung lebt, hat deutlich bessere Chancen auf einen erfolgreichen Bildungsverlauf und gesellschaftlicher Teilhabe.
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Hilfe für junge Volljährige (§ 41 SGB VIII) muss vollumfänglich in Anspruch genommen werden können. Sie ist essentiell, um die Erfolge von Schule und Jugendhilfe durch im Einzelfall geeignete Maßnahmen abzusichern. Ein gesetzlich intendierter Vorrang von Jugendsozialarbeit (§§36 b Abs. 2 i. V. m. § 13 SGB VIII) läuft diesem Ziel genauso zuwider wie der Ausschluss von über 18-jährigen davon, erstmalig Hilfe in Anspruch nehmen zu dürfen.
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Kinderrechte und Minderjährigenschutz sowie bedarfsgerechte Unterstützung müssen für geflüchtete Kinder und Jugendliche ohne Einschränkung gelten. Sie brauchen einen besonderen Schutz vor Ausbeutung und Bedrohungen. Wer besonders Schlimmes erlebt hat, braucht nicht weniger, sondern mehr Unterstützung.
Positionspapier "SGB VIII Reform - vom Kind zum Flüchtling?" (PDF, 200 KB)
Quelle: Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge vom 31.08.2016
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