Inobhutnahme
Bayern: Zahl der vorläufigen Schutzmaßnahmen für Kinder gesunken
2018 wurden 3.944 vorläufige Schutzmaßnahmen für Kinder in Bayern ergriffen – 11 Prozent weniger als 2017. Häufigster Grund war die Überforderung der Eltern/eines Elternteils. Zudem meldeten die Jugendämter mehr als 18.500 Gefährdungseinschätzungen für Kinder und Jugendliche. Bei knapp einem Drittel der Fälle wurde eine Kindeswohlgefährdung festgestellt. Dies teilte das Bayerische Landesamt für Statistik mit.
25.07.2019
Elf Prozent weniger Schutzmaßnahmen als im Vorjahr
In Bayern wurden im Jahr 2018 insgesamt 3.944 vorläufige Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche ergriffen. Betroffen waren insgesamt 2.210 Jungen und 1.734 Mädchen. Wie das Bayerische Landesamt für Statistik mitteilt, sank die Zahl der schutzbedürftigen Minderjährigen auf 3.944 Fälle, was einem Minus von elf Prozent gegenüber dem Vorjahr (4.421) entspricht.
Als Schutzmaßnahme bezeichnet man die vorläufige Aufnahme und Unterbringung von Minderjährigen in einer Notsituation durch das Jugendamt. Es sind Maßnahmen zur schnellen Intervention zugunsten des Minderjährigen, sie dienen als Klärungshilfe für Betroffene in Krisensituationen sowie dem unmittelbaren Schutz der Minderjährigen.
Gründe für die Schutzmaßnahmen
Der häufigste Grund für Schutzmaßnahmen (1.348 Fälle) war die Überforderung der Eltern/eines Elternteils. Der zweithäufigste Anlass (1.094 Fälle) war die unbegleitete Einreise Minderjähriger aus dem Ausland. Im Vergleich zum Vorjahr (1.653 Fälle) war hier ein Rückgang von 34 Prozent zu verzeichnen. Von den 3.944 Maßnahmen wurden 557 auf eigenen Wunsch der Kinder und Jugendlichen durchgeführt, in 3.387 Fällen lag eine Gefährdung vor. 59 Prozent der Betroffenen waren zwischen 14 und 18 Jahre alt.
2.917 und damit mehr als die Hälfte der Minderjährigen wurde während der Schutzmaßnahme in einer Einrichtung untergebracht (74 Prozent), 173 in einer betreuten Wohnform (vier Prozent) und 854 lebten bei einer geeigneten Person (22 Prozent).
18.784 Gefährdungseinschätzungen im Jahr 2018
Die Bayerischen Jugendämter meldeten im Jahr 2018 insgesamt 18.784 Gefährdungseinschätzungen, das heißt Fälle, in denen geprüft wurde, ob das Wohl von Kindern bzw. Jugendlichen in Gefahr war. Darunter waren 9.665 Jungen und 9.119 Mädchen.
In 3.121 Fällen lag eine akute und in 2.974 eine latente Kindeswohlgefährdung vor. Dabei waren Anzeichen für eine Vernachlässigung oder einer psychischen Misshandlung die häufigsten Gründe einer Kindeswohlgefährdung. Bei 6.760 Gefährdungseinschätzungen wurde keine Kindeswohlgefährdung festgestellt, jedoch Hilfebedarf und in 5.929 Fällen wurde weder eine Kindeswohlgefährdung noch weiterer Hilfebedarf ermittelt.
Darüber hinaus wurde bei 6.760 Gefährdungseinschätzungen (36 Prozent) keine Kindeswohlgefährdung festgestellt, aber Hilfebedarf im Rahmen einer Unterstützung durch Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe wie zum Beispiel Erziehungsberatung oder eine Schutzmaßnahme. Lediglich bei 5.929 Fällen (31 Prozent) wurde weder eine Kindeswohlgefährdung noch ein weiterer Hilfebedarf ermittelt.
Die Meldungen an die Jugendämter erfolgten in vielen Fällen (3.981) durch Polizei, Gericht oder Staatsanwaltschaft, sowie von Bekannten/Nachbarn der Minderjährigen (2.308 Meldungen), 1.856 Fälle wurden anonym und 1.853 durch die Schule angezeigt.
Hintergrund zur Gefährdungseinschätzung
Grundlage der Statistik zur Kindeswohlgefährdung ist das Bundeskinderschutzgesetz, welches zum 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist. Kindeswohlgefährdung liegt dann vor, wenn das körperliche, geistige und seelische Wohl eines Kindes durch das Tun oder Unterlassen der Eltern oder Dritter gravierende Beeinträchtigungen erleidet, die dauerhafte oder zeitweilige Schädigungen in der Entwicklung des Kindes zur Folge haben bzw. haben können.
Eine Gefährdungseinschätzung nach § 8a Absatz 1 SGB VIII ist vom Jugendamt immer dann abzugeben, wenn dem Jugendamt wichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt werden, es sich daraufhin einen unmittelbaren Eindruck von dem Minderjährigen und seiner persönlichen Umgebung verschafft hat (z.B. durch Hausbesuche oder Einbestellung der Eltern ins Jugendamt) und das Gefährdungsrisiko anschließend im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte eingeschätzt wurde.
Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik vom 10.07.2019 und 16.07.2019
Termine zum Thema
-
06.05.2024
Stabilisierung in der Inobhutnahme – In der Krise die Ruhe bewahren und Stabilisierung fördern
-
15.05.2024
17. Kinder- und Jugendschutzkonferenz des Landes M-V! „Alle Kinder und Jugendlichen im Blick?!“
-
16.05.2024
6. Jahreskonferenz – Spannungsfelder und gelingende Praxis in der Arbeit mit sexuell übergriffigen Kindern und Jugendlichen
-
04.06.2024
Mehr Sicherheit in Elterngesprächen
-
10.06.2024
Klimaschutz ist Kinderschutz. Herausforderungen und Verantwortung der Kinder- und Jugendhilfe in der Klimakrise
Materialien zum Thema
-
Broschüre
Kinder- und Jugendhilfe in der Krise Zur Frage der Rechtmäßigkeit pauschaler Standardabsenkung bei (vorläufiger) Inobhutnahme und Hilfegewährung für geflüchtete unbegleitete Minderjährige
-
Broschüre
Mitsprechen, mitbestimmen, mitgestalten – Praxiswissen zu Beteiligung in der Heimerziehung (SOS kompakt, Ausgabe 8)
-
Artikel / Aufsatz
Verdacht auf innerfamiliären sexuellen Missbrauch: Herausforderungen und wie der ASD trotz und mit ihnen gut umgehen kann
-
Expertise / Gutachten
Rechtsgutachten des DIJuF: "Digitalisierung in der Kinder- und Jugendhilfe"
-
Bericht / Dokumentation
Videos mit Vorträgen zur Thematik "Digitale Beratung und Beziehungsgestaltung in der Kinder- und Jugendhilfe"
Projekte zum Thema
-
Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz gGmbH
JAdigital. Digitalisierung in der Kinder- und Jugendhilfe konzeptionell gestalten
-
Perspektive gGmbH Institut für sozialpädagogische Praxisforschung und -entwicklung
Inobhutnahme – Perspektiven: Impulse!
-
Kinderschutz und Kinderrechte in der digitalen Welt
-
Therapeutisches Internat Sternstunden-Mattisburg am Chiemsee
-
Deutsche Kinderschutzstiftung Hänsel+Gretel
STARKE KINDER KISTE! Das ECHTE SCHÄTZE! Präventionsprogramm
Institutionen zum Thema
-
Sonstige
Netzwerk Kinder von Inhaftierten
-
Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe
faX Fachberatungsstelle bei sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend für Stadt und Landkreis Kassel
-
Jugendamt
Bezirksamt Pankow
-
Stiftung / Fördereinrichtung
Deutsche Kinderschutzstiftung Hänsel+Gretel
-
Fort-/Weiterbildungsanbieter
Kommunales Bildungswerk e.V.