Kindesmissbrauch
Aufarbeitung ist erst der Anfang
SOS-Kinderdorf hat eine Aufarbeitungskommission eingesetzt, die Hinweisen auf sexuellen Missbrauch und Gewalt nachgehen und in dieser Hinsicht die Geschichte von SOS-Kinderdorf aufarbeiten soll. Der Bericht der Kommission wird am 02. Oktober 2024 vorgestellt.
11.10.2024
Nach Hinweisen auf Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen sowie auf sexuellen Missbrauch in SOS-Kinderdörfern in Deutschland hat der Verein SOS-Kinderdorf eine Aufarbeitungskommission einberufen. Sie hat im März 2022 ihre Arbeit aufgenommen und über zwei Jahre lang das Gespräch mit Betroffenen gesucht, Kinderdörfer besucht, Archive ausgewertet und rund 189 bei SOS-Kinderdorf bereits vorliegende Meldungen zu Unrechtshandlungen an Kindern ausgewertet, die in Einrichtungen des Vereins betreut wurden oder werden. Die Recherchen bezogen sich auf ganz Deutschland und reichen teilweise bis in die sechziger Jahre zurück. Am 2. Oktober 2024 legt die Kommission nun ihren Abschlussbericht vor. Ihr gehören fünf Mitglieder an, unter ihnen Kinderschutzexperte Prof. Dr. Heinz Kindler vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) und DJI-Wissenschaftlerin Christine Gerber.
„Aufarbeitung bedeutet mitfühlende Erinnerung, Aufklärung und Anerkennung. In diesem Sinne ist der Aufarbeitungsbericht ein Anfang mit vielen Anstößen zur Weiterarbeit für SOS-Kinderdorf“,
sagt Heinz Kindler.
Unmittelbarer Auslöser für die Gründung der „Unabhängigen Kommission zur Anerkennung und Aufarbeitung erlittenen Unrechts“ waren Studien aus dem Jahr 2020, die ein Kinderdorf in Bayern untersuchte. Als die Kommission ihre Arbeit aufnahm, startete sie zunächst einen Aufruf an Betroffene, sich über eine zentral eingerichtete Anlaufstelle zu melden. Nach Angaben des Kommissionsvorsitzenden Klaus Schäfer, Erziehungswissenschaftler und ehemaliger Staatssekretär in Nordrhein-Westfalen, wurden in der Hälfte der Meldungen Vorfälle beschrieben, in denen Kinder und Jugendliche sich gegenseitig Gewalt angetan hatten. Es habe aber auch Vorwürfe von Gewalt und sexuellem Missbrauch gegen Betreuer:innen in den SOS-Kinderdörfern gegeben.
Auf Basis von Gesprächen mit Betroffenen untersuchte die Kommission, wie es zu grenzüberschreitendem pädagogischem Verhalten kam, ob das Fehlverhalten gedeckt wurde, ob es Einzelfälle waren oder ob es Strukturen gab oder noch gibt, die das erlittene Unrecht nicht verhindert, sondern vielleicht sogar eher begünstigt haben. Dazu führten die Kommissionsmitglieder auch Gespräche mit verantwortlichen Personen in SOS-Kinderdörfern und prüften, wie sich bereits eingeleitete Maßnahmen des Kinderschutzes auswirken.
Der Abschlussbericht wird am 2. Oktober im Rahmen einer Pressekonferenz in der Zentrale von SOS-Kinderdorf in München vorgestellt. Er enthält auch Handlungsempfehlungen zur Anerkennung des erlittenen Unrechts, Vorschläge zur Gestaltung eines präventiven und aktiven Kinderschutzes und Hinweise, wie Qualitätsstandards der pädagogischen Arbeit in Zukunft weiter verbessert und gesichert werden können.
Die Organisation SOS-Kinderdorf wurde in Österreich gegründet und ist weltweit unter dem Dach von „SOS-Kinderdorf International“ organisiert.
Quelle: Deutsches Jugendinstitut vom 02.10.2024
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