Kindertagesbetreuung

440 Tage nach der Flut im Ahrtal

440 Tage nach der Flutkatastrophe besuchte die rheinland-pfälzische Bildungsminsiterin Dr. Stefanie Hubig die Veranstaltung „Zukunft Bildung gemeinsam gestalten – mit den vom Hochwasser betroffenen Schulen und Kitas“ und kam über Zukunftsmöglichkeiten und aktuelle Bedarfe ins Gespräch.

11.10.2022

„Wir sind froh, wenn Sie uns zuhören.“ Und: „Vergessen Sie uns nicht.“ – so formulierten im vergangenen Jahr Schülerinnen und Schüler sowohl der Philipp Freiherr von Boeselager Realschule plus aus Ahrweiler sowie der Ahrtalschule in Altenahr ihre Wünsche in persönlichen Gesprächen und in Briefen an Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig. Am Dienstagnachmittag erinnerte die Bildungsministerin bei der Veranstaltung „Zukunft Bildung gemeinsam gestalten – mit den vom Hochwasser betroffenen Schulen und Kitas“ daran und erklärte:

„Das Ahrtal und die von der Flut betroffenen Gebiete stehen auch 440 Tage nach der unvorstellbaren Sturzflut jeden Tag auf unserer Agenda. Während es im vergangenen Schuljahr vor allem darum ging, schnell dafür zu sorgen, dass alle Kinder und Jugendlichen wieder in Kitas und Schulen gehen konnten, liegt unser Fokus in diesem und den nächsten Jahren darauf, die Einrichtungen weiter aufzubauen und mit ihnen gemeinsam das Ahrtal zu einem modernen Bildungsstandort zu machen.“

Rund 250 Vertreterinnen und Vertreter der Kita- und Schulleitungen, der Lehr- und Fachkräfte sowie der Schülerinnen und Schüler und Eltern aller von der Flut betroffenen Einrichtungen waren zu der Veranstaltung ins Are-Gymnasium in Grafschaft gekommen.

SolidAHRität / Wiederaufbau

Nach der Flut im Juli 2021 waren 29 Schulen in Rheinland-Pfalz durch zum Teil enorme Gebäudeschäden direkt betroffen oder lagen im Einzugsgebiet der Flutregion. 17 Kindertagesstätten waren sanierungsbedürftig oder mussten und müssen neu errichtet werden. Die Ministerin erinnerte an die Zeit danach:

„Bereits im September 2021 konnten im Bereich der Kitas nahezu alle der rund 1.300 verlorenen Betreuungsplätze wiederhergestellt und die Betreuung wiederaufgenommen werden. Bei unseren Schulen ist es uns gelungen, dass alle Klassengemeinschaften nach den Sommerferien erhalten bleiben konnten, was für die Kinder und Jugendlichen nach dem Erlebten besonders wichtig war. Das war ein großer gemeinsamer Kraftakt aller Beteiligten: der Schulen, der Kitas, der Träger, der Schulaufsicht, dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung, dem Pädagogischen Landesinstitut sowie der vielen Helferinnen und Helfer. Ein großes Dankeschön richte ich an dieser Stelle auch an alle aufnehmenden Einrichtungen.“

Hubig betonte ebenfalls das wichtige und andauernde Engagement der rheinland-pfälzischen Schulpsychologie, die unmittelbar nach der Katastrophe im Einsatz war, zeitweise aus anderen Bundesländern unterstützt wurde, und bis heute mit der Zentrale in Mayen ein wichtiger und verlässlicher Ansprechpartner vor Ort ist. Die Ministerin sagte, sie wisse aus vielen Begegnungen, Briefen und Schreiben mit und von Kindern und Jugendlichen, Lehr- und Fachkräften oder Leitungen, dass das Erlebte noch nachwirke.

Moderner Bildungsstandort Ahrtal

Die Veranstaltung fand im Are-Gymnasium statt, das mittlerweile in der Container-Landschaft in Grafschaft untergebracht ist. Übergangslösungen, wie die in Grafschaft und andernorts, sowie der Wiederaufbau von Schulen und Kitas werden über den 30 Milliarden Euro starken Aufbaufonds von Bund und Ländern abgedeckt. Hubig sagte:

„Mir ist es wichtig, dass sich unsere Kita- und Schulgemeinschaften wohlfühlen und sie in Ruhe zusammen sein, lernen und arbeiten können. Deshalb war es mir von Beginn an ein Anliegen, mich regelmäßig mit ihnen auszutauschen. Denn nur wer miteinander spricht, weiß, wo Nachsteuerungsbedarf herrscht und wo wir gemeinsam anpacken müssen.“

Timo Lichtenthäler, Schulleiter der Boeselager Realschule plus Ahrweiler, versucht nach der Flutkatastrophe einen Blick in die Zukunft:

„Die Prognosen deuten auf eine lange Zeitspanne des Wiederaufbaus hin. Es wird von allen Beteiligten Geduld, Rücksicht und Akzeptanz erforderlich sein. Ich wünsche mir, dass die Entscheidungsträgerinnen und -träger auf allen Ebenen den Mut haben, die sich bietenden Chancen im Sinne eines zukunftsorientierten Gebäudes und somit auch eines innovativen Unterrichts zu erkennen und zu nutzen (...) Von Seiten des Bildungsministeriums und der Schulaufsicht erhoffe ich mir, dass sie uns auf diesem langen Weg begleiten, unterstützen und uns in elementaren Eckpunkten weiterhin als Ausnahmeregion betrachten. Beispielhaft sei hier die besondere Notwendigkeit von Personalreserven genannt.“

Bildungsministerin Hubig betonte, dass man auch diesen Aspekt gemeinsam mit der Schulaufsicht weiter im Blick habe. Bereits im ersten Halbjahr des Schuljahres 2021/2022 habe man schulartübergreifend 21 zusätzliche Stellen für Lehrkräfte und Pädagogische Fachkräfte zur Verfügung gestellt. Diese Stellen stünden weiter zur Verfügung. Zudem wurde ein zusätzlicher Vertretungspool eingerichtet. 

Darüber hinaus hob die Ministerin auch die Chancen hervor, die die aktuelle Situation den Kitas und Schulen bietet. Der Wiederaufbau biete die Chance, den Bildungsstandort Ahrtal modern aufzustellen.

„Ich weiß zum Beispiel, dass sich auch einige Schulen für die große Schulentwicklungsinitiative Schule der Zukunft interessieren und ich möchte sie alle auch ermutigen, daran teilzunehmen, wenn sie dafür bereit sind. Wenn jemand bewiesen hat, dass er mit enormen Herausforderungen umgehen kann, dass er alles nur Denkbare tut, um so viel Normalität wir möglich für die Kinder und Jugendlichen herzustellen, dann sind Sie es. Gemeinsam, da bin ich sicher, werden wir unsere Schulen und Kitas weiterentwickeln (...)“

Weitere Informationen

Insgesamt haben in den Unwetterregionen am 14. Juli 2021 29 Schulen zum Teil enorme direkte Gebäudeschäden erlitten oder liegen mit ihrem Einzugsgebiet in der Unwetterregion, so dass Schülerinnen und Schüler, Eltern und Familienangehörige sowie Lehrkräfte betroffen waren. 17 dieser Schulen liegen im Landkreis Ahrweiler. Fünf Schulen sind noch komplett in provisorischen Containern untergebracht. Mittlerweile werden allerdings fast alle Schulen wieder jeweils an einem Standort unterrichtet.

Insgesamt sind oder waren 55 Einrichtungen der Kindertagesbetreuung vom Hochwasser betroffen. 42 der 55 Einrichtungen liegen im Landkreis Ahrweiler. Teilweise findet die Betreuung der Kinder in temporären Quartieren statt. Das Land unterstützt und begleitet die Träger und Jugendämter vor Ort. Daneben unterstützt das Land den Kreis Ahrweiler unter anderem mit Finanzmitteln für zusätzliches Personal, für Ausweichquartiere und für Angebote zur Bewältigung der Traumatisierung der Kinder und des Personals in den Einrichtungen. Auch die Personalkostenzuschüsse des Landes für Einrichtungen, die nicht oder nur eingeschränkt einen Betrieb anbieten, wurden bis auf Weiteres fortgesetzt. Das Land unterstützt auch im Bereich des Wiederaufbaus die Kindertagesbetreuung umfassend.

Quelle: Ministerium für Bildung Rheinland-Pfalz vom 28.09.2022

Redaktion: Silja Indolfo

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