Allgemeine und berufliche Bildung

Soziale Integration durch Bildung und Weiterbildung

Bildungsförderung

Den Ergebnissen des Bildungsberichts 2022 zufolge sind die Teilhabechancen an Bildung in Deutschland nach wie vor sehr ungleich verteilt. Dies betrifft den Besuch höherqualifizierender Schularten genauso wie den Zugang zu beruflicher Ausbildung und Hochschulbildung. Auch im Bereich der beruflichen Weiterbildung setzen sich die ungleichen Teilnahmechancen fort.

Um die Bildungsbeteiligung insbesondere der benachteiligten Gruppen zu erhöhen und damit sozialen Ausschluss zu verringern, gibt es verschiedene Programme, die Angebote der Betreuung und Beratung ebenso umfassen wie individuelle Unterstützungs- und finanzielle Fördermaßnahmen.  Zielgruppen dieser Maßnahmen sind Jugendliche aus einkommensschwachen Familien, Jugendliche mit Migrationshintergrund, junge Geflüchtete, NEETs sowie Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf.

Politik im formalen Bildungsbereich

Ganztagsschulen

Eine Maßnahme, die allen Kindern und Jugendlichen Möglichkeiten für gemeinsames Lernen während und außerhalb des Unterrichts bietet und somit soziale Ungleichheiten reduzieren kann, sind Ganztagsschulen.

Ein wichtiger Schritt in Richtung des Ausbaus von ganztägigen Betreuungsangeboten an der Schule wurde mit dem mit dem Inkrafttreten des Ganztagsförderungsgesetzes (GaFöG) im Herbst 2021 geleistet. Im achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII), Kinder- und Jugendhilfe, ist nun in § 24 geregelt, dass Schülerinnen und Schüler der ersten Klasse Grundschule ab dem Schuljahr 2026/2027 einen Rechtsanspruch auf eine ganztägige Betreuung in der Grundschule im Umfang von acht Stunden täglich von Montag bis Freitag haben. Der Anspruch beginnt mit der ersten Klasse und endet mit dem Abschluss der vierten Klasse. Neben den vonseiten der Schulen erbrachten unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Angeboten wird der Ganztag kooperativ durch Angebote der Kinder- und Jugendhilfe abgedeckt. Das Gesetz sieht vor, dass das Landesrecht eine Schließzeit von maximal bis zu vier Wochen vorsehen kann, sodass auch weitgehend während der Ferienzeiten eine Betreuung gewährleistet werden kann.

Das Bundesgesetz gibt keine Qualitätsstandards vor, sodass es Aufgabe der Bundesländer sein wird, entsprechende Kriterien zu entwickeln und gesetzlich zu definieren, welche Angebote (z. B. erweiterte Formen der Mittagsbetreuung) als anspruchserfüllend zu gelten haben.

Alle vorliegenden Daten indizieren, dass es zwischen den Bundesländern große Unterschiede im Hinblick auf die bereits vorhandenen Angebote gibt. Je nach dem, mit welchen Nachfragequoten man rechnet, wird es also erheblicher Bemühungen bedürfen, die nun notwendig werdenden Räumlichkeiten und Fachkräfte bereitzustellen. Jüngere Studien sagen einen erheblichen Fachkräftemangel bis 2030 im Bereich der ganztägigen Grundschule voraus.

Maßnahmen für Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf

Die Integration von Kindern mit (Lern-)Behinderungen in Regelschulen war eines der Ziele der UN-Behindertenrechtskonvention (UNBRK) 2008. Mit dem Nationalen Aktionsplan beschreibt die Bundesregierung die Maßnahmen, mit denen sie die Konvention umsetzt. Auch wenn Bildung hauptsächlich im Zuständigkeitsbereich der Länder liegt, setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass inklusives Lernen in Deutschland „eine Selbstverständlichkeit wird“. Ebenso spricht sich auch die Kultusministerkonferenz (KMK) in ihrem Beschluss "Inklusive Bildung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in Schulen" dafür aus, das Förderschulwesen in Deutschland dahingehend zu reformieren, dass Kinder mit Beeinträchtigungen nicht aus dem allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen, sondern inklusiv beschult werden. Trotz dieser Bemühungen werden den Ergebnissen des Bildungsberichts 2022 zufolge zwar immer mehr Schüler:innen außerhalb von Förderschulen sonderpädagogisch gefördert, doch spielen Förderschulen nach wie vor eine große Rolle in der deutschen Schullandschaft.

Gemäß den föderalen Zuständigkeiten im Bereich des Schulwesens gibt es in einzelnen Ländern unterschiedliche Umsetzungsstrategien des Nationalen Aktionsplans mit der Folge, dass sich die Situation in einzelnen Bundesländern teils gänzlich unterschiedlich darstellt. So haben behinderte oder beeinträchtigte Schüler:innen nur in Bremen und Hamburg ein uneingeschränktes Recht auf gemeinsame Beschulung, wohingegen in den meisten anderen Bundesländern der Vorrang einer inklusiven Beschulung zwar vorgesehen, aber vorbehaltlich der finanziellen oder räumlichen Kapazitäten der Einzelschule eingeschränkt ist (Bildung in Deutschland 2022, S. 128).

Mehr Informationen zu Maßnahmen für Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf vgl. auch Special education needs provision within mainstream education (europa.eu).

Finanzielle Fördermaßnahmen

Es gibt in Deutschland vielfältige Instrumente der Bildungsförderung, die den Zugang zu Bildung für alle, insbesondere auch für (junge) Menschen aus Familien mit geringem Einkommen, ermöglichen sollen. Hier greifen z.B. die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Schülerinnen und Schüler erhalten die BAföG-Leistung als – nicht zurückzuzahlenden – Zuschuss. Studierende erhalten die BAföG-Leistungen demgegenüber im Regelfall zur Hälfte als Zuschuss und zur Hälfte als zinsloses staatliches Darlehen. Ende 2022 trat das 27. BAföG-Änderungsgesetz in Kraft, mit dem die BAföG-Leistungen teils angepasst und die Fördersätze erhöht wurden. Im Rahmen des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG) werden Berufsqualifizierte, insbesondere Nachwuchskräfte, gefördert, um ihnen zu helfen, ihre Weiterbildung für einen Fortbildungsabschluss zu finanzieren, der einen beruflichen Aufstieg ermöglicht.

Über das sogenannte Bildungspaket der Bundesregierung haben Kinder und Jugendliche, die Bürgergeld oder Sozialhilfe erhalten oder deren Eltern den Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen, bis zur Vollendung des 18. beziehungsweise 25. Lebensjahres einen Rechtsanspruch auf verschiedene Leistungen. Das Bildungspaket umfasst finanzielle Mittel für:

  • Ein- und mehrtägige Ausflüge von Schulen und Kitas,
  • Persönlichen Schulbedarf,
  • Schüler:innenbeförderung,
  • Lernförderung (Nachhilfe, je Schuljahr in der Regel nicht mehr als 35 Zeitstunden),
  • Aufwendungen für Mittagessen,
  • die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben (z. B. Unterricht in künstlerischen Fächern, Mitgliedschaft in Vereinen, Teilnahme an Freizeiten).

Zu mehr Informationen zu finanziellen Maßnahmen vgl. auch auch Early childhood and school education funding (europa.eu).

Maßnahmen für Zugewanderte und Geflüchtete

Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungs- und Integrationschancen von Zugewanderten und Geflüchteten werden von Bund, Ländern und Kommunen angeboten. Eine wichtige Bedeutung kommt dabei der Orientierung im deutschen (Berufs-)Bildungssystem sowie dem Erwerb von Sprachkenntnissen zu. So werden für Geflüchtete beispielsweise Integrationskurse angeboten, die aus einem Sprach- und Orientierungskurs bestehen. Darüber hinaus gibt es im schulischen Bereich Möglichkeiten der Deutschförderung, die sich zwischen den Bundesländern unterscheiden.

Auf Ebene des Bundes unterstützt das Bundesbildungsministerium (BMBF) die Integration von Geflüchteten mit zwei Maßnahmenpaketen, die den Zugang zu Bildung und Ausbildung sowie die Aufnahme eines Studiums ermöglichen sollen.

Innerhalb des Maßnahmenpakets „Zugang zu Bildung und Ausbildung ermöglichen“ fördert das BMBF Aktivitäten für den Erwerb der deutschen Sprache, das Erkennen von Kompetenzen und Potenzialen von Geflüchteten sowie für die Integration in Ausbildung und Beruf. Eine wichtige Bedeutung wird dabei zunächst der Berufsorientierung und Begleitung hin zu einem Ausbildungsplatz beigemessen. Hierfür sollen in Kooperation mit den Ländern, dem Bundesarbeitsministerium (BMAS) und der Bundesagentur für Arbeit bestehende Instrumente ausgebaut werden. Um die interkulturelle Kompetenz von Ausbilder:innen in Betrieben zu stärken, soll zudem ein niedrigschwelliges Training zur Sensibilisierung entwickelt und über die Plattform überaus angeboten werden. Zur Sprachförderung der Geflüchteten wird schließlich auf verschiedene Maßnahmen wie die Entwicklung der Lern-App „Einstieg Deutsch“ oder die Qualifizierung von ehrenamtlichen Lernbegleiter:innen gesetzt.

Innerhalb des Maßnahmenpakets „Zugang zum Studium ermöglichen“ setzt das Programm auf Beratung, sprachliche Vorbereitung und fachliche Unterstützung. Unter anderem wurden hierzu die Kapazitäten der Arbeits- und Servicestelle für Internationale Studienbewerbungen "Uni-Assist e.V." ausgebaut und eine Beratungs- und Bewerbungsplattform speziell für Geflüchtete eingerichtet. Die Kosten hierfür werden vom Bund übernommen. Um die Studierfähigkeit von Personen aus dem Ausland frühzeitig zu überprüfen, wurde mit Unterstützung des BMBF der Test für ausländische Studierende "TestAS" entwickelt. Das BMBF übernimmt hier die Testgebühren für registrierte Geflüchtete. Zur Verbesserung der Integration an den Hochschulen wurde zudem die Webseite Informationen für Flüchtlinge – Studieren und Leben in Deutschland entwickelt, die sich an Geflüchtete richtet, die in Deutschland ein Studium beginnen oder fortsetzen möchten.

Nicht nur Geflüchteten, sondern Zugewanderten insgesamt steht das vom BMBF geförderte Programm Berufliche Orientierung für Zugewanderte (BOF) offen, das auf die Integration in die berufliche Ausbildung abzielt. Dabei werden nicht mehr schulpflichtige Zugewanderte mit Unterstützungsbedarf in Lehrwerkstätten oder Betrieben an eine Ausbildung oder Einstiegsqualifizierung herangeführt. Während der bis zu 26 Wochen dauernden Kurse lernen sie die Fachsprache und erwerben erste Fachkenntnisse für den angestrebten Ausbildungsberuf. Zudem werden sie – soweit erforderlich - individuell unterstützt.

Das ebenfalls durch das BMBF unterstützte Programm KAUSA zielt darauf ab, die Ausbildungsbeteiligung von Zugewanderten und Geflüchteten zu erhöhen. Dazu unterstützen KAUSA-Projekte junge Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund sowie deren Eltern rund um das Thema Ausbildung und informieren beispielsweise in Schulklassen oder migrantischen Communities. KAUSA ist Teil der Initiative Bildungsketten.

Der Zugang von Zugewanderten zur Hochschule wird schließlich mit dem Bundesprogramm Garantiefonds unterstützt. Dieses richtet sich an Personen und ihre Familienangehörigen, die zur Gruppe der Spätaussiedler:innen gehören, sowie an Geflüchtete (bis zum 30. Lebensjahr), die in Deutschland die Hochschulreife erwerben, ein im Herkunftsland begonnenes Studium fortsetzen oder ein Studium beginnen möchten. Gefördert werden Sprachkurse, Lehrgänge und Kollegs zum Erwerb der Hochschulreife sowie Kurse zur Vorbereitung auf ein Kolleg oder ein Fachstudium. Das Programm wird durch das BMFSFJ gefördert.

Maßnahmen zur Integration in Ausbildung und Beschäftigung

Eine wichtige Zielgruppe staatlicher Maßnahmen sind zudem junge Personen, die keinen Schulabschluss haben und/oder sich nicht in einem Ausbildungsverhältnis befinden. Hier setzen verschiedene Maßnahmen im Übergangsbereich wie zum Beispiel die Einstiegsqualifizierung (EQ) oder berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB) an. Mit der Assistierten Ausbildung flexibel (AsAflex) steht zudem ein Instrument zur Verfügung, das junge Menschen bei der Aufnahme einer Ausbildung sowie der Hinführung auf einen erfolgreichen Ausbildungsabschluss unterstützt.
Zu weiteren Maßnahmen zur Integration in Ausbildung und Beschäftigung vgl. auch den Abschnitt „Ausbildungs- und Schulabbruch verhindern“.

Programme, Projekte und Initiativen (non-formales Lernen, informelles Lernen und Jugendarbeit)

Zur Unterstützung der Jugendarbeit vor Ort sowie des informellen beziehungsweise non-formalen Lernens gibt es verschiedene Initiativen, die teils durch den Bund gefördert werden. Diese zielen auch darauf ab, die soziale Integration zu stärken und Chancenungleichheit abzubauen.

Das BMBF fördert mit dem Programm „Kultur macht stark“ seit dem Jahr 2013 lokale Bündnisse zur Umsetzung von außerschulischen Projekten der kulturellen Bildung. Dabei sollen Kindern und Jugendlichen durch die außerschulische Beschäftigung mit kulturellen Inhalten und die Begegnung mit Kulturschaffenden neue Zugänge zur Bildung eröffnet und damit Chancenungleichheit abgebaut werden. Gefördert werden Bündnisse von mindestens drei Partnern der Kultur-, Bildungs- und Jugendarbeit, die vor Ort Bildungsangebote tätigen und möglichst langfristig zusammenarbeiten. Die Bildungsangebote können dabei zum Beispiel künstlerische Themen, die digitale Medienbildung oder Leseförderung umfassen und einmalig oder regelmäßig stattfinden. Die Förderrichtlinien für das Programm in seiner derzeitigen Laufzeit von 2023 bis 2027 sind auf der Webseite des BMBF einzusehen.

Das durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) unterstützte Programm "ElternChanceN - mit Elternbegleitung Familien stärken" zielt darauf ab, die Strukturen der Elternbegleitung vor Ort zu stärken. Dabei soll durch die Einbindung der Elternbegleitung in ein kommunales Netzwerk von Familienbildung und -beratung die bedarfsgesteuerte Umsetzung von Maßnahmen ermöglicht werden. Involviert sind neben dem Jugendamt auch weitere kommunale Einrichtungen der Familienbildung. Ein besonderer Fokus liegt auf der Bildungswegbegleitung.

Junge Zugewanderte und Geflüchtete stehen im Fokus der Arbeit der Jugendmigrationsdienste (JMD), die ebenfalls das BMFSFJ innerhalb der Initiative JUGEND STÄRKEN fördert. Die JMD unterstützen junge Menschen mit Migrationshintergrund im Alter zwischen 12 und 27 Jahren sowie deren Familien durch Beratungs-, Bildungs- und Freizeitangebote. Ziel der Aktivitäten der bundesweit rund 500 JMD sind unter anderem die Verbesserung der sprachlichen, sozialen, schulischen und beruflichen Integration, die Förderung von Chancengerechtigkeit und Teilhabe, die Förderung des fairen Umgangs miteinander sowie die Förderung der Partizipation in allen Bereichen des sozialen, kulturellen und politischen Lebens.

Die „Aktion zusammen wachsen” will das bürgerschaftliche Engagement für junge Menschen mit Zuwanderungshintergrund durch Patenschaft- und Mentoringprojekte fördern. Dabei soll die Vernetzung von Projekten ermöglicht werden, die Kinder und Jugendliche in ihrer Sprach- und Lesekompetenz fördern, sie auf ihrem Bildungsweg begleiten und beim Übergang in Ausbildung und Beruf stärken. In den Projekten stehen engagierte Bürger:innen jungen Menschen in unterschiedlichen Lebensbereichen beratend und unterstützend zur Seite. Die Aktion wird seit dem Jahr 2008 durch das BMFSFJ gefördert.

Nicht nur auf Jugendliche, sondern auf Angehörige aller Altersgruppen, zielt das Bundesprogramm "Menschen stärken Menschen" ab, das Patenschaften unterstützt, in denen sich Menschen für andere Menschen einsetzen. "Menschen stärken Menschen" wurde Anfang 2016 als Patenschaftsprogramm für geflüchtete Menschen ins Leben gerufen und wurde Ende 2018 mit den "Chancenpatenschaften" auf Menschen in benachteiligenden Lebenssituationen erweitert. Bis zum August 2022 zählte das Programm mehr als 185.000 gestiftete Patenschaften. Derzeit erhalten 24 Programmträger (Wohlfahrtsverbände, Stiftungen, Migrantenorganisationen und andere) eine Förderung für Patenschaften. Das Programm wird durch das BMFSFJ gefördert. Der Abschlussbericht „Wirkungsanalyse zum Patenschaftsprogramm“ enthält die Ergebnisse einer Evaluationsstudie für die erste Förderphase.  

Einen wichtigen Beitrag zur sozialen Integration und Verbesserung der Bildungschancen leisten schließlich auch Projekte zur Leseförderung. Die Seite „Leseförderung“ gibt einen Überblick über verschiedene Programme und Initiativen in- und außerhalb der Schule.

Für einen Überblick über weitere Aktivitäten, insbesondere im Bereich der Jugendsozialarbeit, vgl. auch das Youth Wiki-Kapitel Inklusive Programme für Jugendliche.

Informationen und Materialien für Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe bietet zudem das Portal der Kinder- und Jugendhilfe, das unter anderem Bereiche wie die Inklusion, Ganztagsbildung und Junge Flüchtlinge in den Fokus nimmt.
Nähere Informationen gibt es auch im Eurydice-Report Germany, insbesondere im Abschnitt „Educational Support and Guidance“.

Sozialer Zusammenhalt und Chancengleichheit

Politik im formalen Bildungsbereich

Wichtige Ansätze zur Förderung von sozialem Zusammenhalt und Chancengleichheit in der (hoch-) schulischen Bildung findet man in den Lehr- und Bildungsplänen der Bundesländer sowie in den Leitlinien und Beschlüssen der Kultusministerkonferenz (KMK). Relevante Dokumente der KMK sind dabei die Folgenden:

Die Gemeinsame Empfehlung des Zentralrats der Juden in Deutschland, der Bund-Länder-Kommission der Antisemitismusbeauftragten und der Kultusministerkonferenz zum Umgang mit Antisemitismus in der Schule aus dem Jahr 2021 gibt eine Orientierung zum Umgang mit Antisemitismus. Darin werden unter anderem Strategien dargelegt, wie antisemitischen Vorfällen entgegengewirkt werden kann und wie offene Lernräume, ein respektvolles Miteinander sowie Zivilcourage gefördert werden können.

Der Beschluss der Kultusministerkonferenz zur Stärkung der Demokratieerziehung in der aktualisierten Fassung von 2018 formuliert schulische Maßnahmen, mit denen Kindern und Jugendlichen demokratische Grundwerte, Toleranz und Respekt gegenüber anderen Menschen vermittelt werden können. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich unter anderem um die Verankerung inhaltlicher Bezüge auf rechtsstaatliche Demokratie in den Lehrplänen aller Fächer, um die Unterstützung der Schulen bei der Entwicklung und Umsetzung innovativer Formen der Partizipation oder um die Ermutigung, Fach- und Projekttage zur Demokratie durchzuführen. Einer Studie der Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahr 2018 zufolge spielt das Thema „Demokratie“ an deutschen Schulen bislang eine noch eher untergeordnete Rolle.

Die Leitlinien zur Sicherung der Chancengleichheit durch geschlechtersensible schulische Bildung und Erziehung, die von der KMK gemeinsam mit den für Gleichstellung und Frauen zuständigen Länderminister:innen im Jahr 2016 erstellt wurden, benennen zentrale Ansatzpunkte mit dem Ziel, benachteiligende Geschlechterstereotypien zu vermeiden und abzubauen. Als Handlungsfelder werden dabei Unterrichtsvorgaben, Prüfungsaufgaben, Lehr- und Lernmittel, die Lehramtsausbildung und -fortbildung, Strukturen (Entscheidungsprozesse, fachlich-pädagogisches Profil der Schule, Qualitätsprüfung, Statistiken), die Personalentwicklung, die Ausstattung der Räumlichkeiten thematisiert.  

Der Beschluss der Kultusministerkonferenz zur Interkulturellen Bildung und Erziehung in der Schule in der Fassung von 2013 formuliert Ziele und Grundsätze für eine Schule der Vielfalt. Diese soll frei sein von offener und versteckter Diskriminierung und sich bewusst auf die soziale, kulturelle und sprachliche Heterogenität der Schülerschaft ausrichten.

Ein weiteres Thema, dem sich die KMK annimmt, ist die Prävention von Gewalt und sexuellem Missbrauch an Schulen. Im Jahr 2010 hat die KMK mit den „Handlungsempfehlungen der Kultusministerkonferenz zur Vorbeugung und Aufarbeitung von sexuellen Missbrauchsfällen und Gewalthandlungen in Schulen und schulnahen Einrichtungen“ einen Maßnahmenkatalog entwickelt, um sexuellem Missbrauch vorzubeugen. Diese Empfehlungen wurden im Jahr 2013 mit Blick auf das Bundeskinderschutzgesetz und die Ergebnisse des Runden Tisches "Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich" aktualisiert. Im März 2023 hat die KMK einen Leitfaden zur Entwicklung und praktischen Umsetzung von Schutzkonzepten und Maßnahmen gegen sexuelle Gewalt an Schulen beschlossen, der den Prozess der Entwicklung von und die Arbeit mit Schutzkonzepten im Schulalltag erleichtern soll.

In einem weiteren Beschluss aus dem Jahr 2022 greift die KMK das Thema „Verständnis für Menschen mit Demenz“ auf. Darin gibt sie Empfehlungen für die Sensibilisierung des Themas und seine Einbindung in den Unterricht an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen. Der Beschluss resultiert aus der Beteiligung der KMK an der „Nationalen Demenzstrategie“ der Bundesregierung.

Über diese von der KMK entwickelten Leitlinien und Beschlüsse hinaus gibt es in den einzelnen Bundesländern weitere Ansätze, um sozialen Zusammenhalt und Chancengleichheit in der schulischen Bildung zu verwirklichen. Exemplarisch seien hier die Schuleigenen Demokratietage (Rheinland-Pfalz) oder der Leitfaden Demokratiebildung (Baden-Württemberg) genannt. Weitere Informationen zu den Themen Friedenspädagogik, Gewaltprävention, Rassismus und Interkulturelle Bildung in den Bundesländern sind zudem auf den Seiten des Bildungsservers zu finden.

Schließlich steht mit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes auf zentraler Ebene eine Institution zur Verfügung, die Personen unterstützt und berät, die Benachteiligungen erfahren haben. Ein Projekt, das durch die Antidiskriminierungsstelle gefördert wird, ist der Schulwettbewerb fair@school, der Initiativen bzw. Schulen auszeichnet, die sich gegen Rassismus und Intoleranz einsetzen.

Projekte und Initiativen

Verschiedene Projekte und Initiativen in Deutschland sind darauf ausgerichtet, den sozialen Zusammenhalt und die Chancengleichheit zu fördern und Jugendliche im Speziellen beziehungsweise die Bevölkerung im Allgemeinen für dieses Thema zu sensibilisieren. Diese Initiativen werden teils durch Ministerien auf Bundesebene gefördert.

So setzt sich beispielsweise die Initiative „Klischeefrei“ für eine Berufsorientierung ein, die zu den individuellen Stärken und Lebensplanungen passt. Damit verfolgt sie das Ziel, bundesweit eine geschlechtergerechte Berufs- und Studienwahl zu etablieren. Der Initiative gehören verschiedene Ministerien auf Landes- und Bundesebene, Bundesbehörden wie die Deutsche Rentenversicherung sowie Partner aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft an. Gefördert wird sie durch das BMBF sowie das BMFSFJ.

Ebenfalls das Ziel einer geschlechtergerechten Berufs- und Studienwahl wird mit den Girls‘ Days and Boys‘ Days angestrebt. Bei beiden Programmen handelt es sich um einen bundesweiten Orientierungstag zur Berufs- und Studienorientierung von Mädchen beziehungsweise Jungen, die Berufe bzw. Studienfächer mit einem geringen Frauen- bzw. Männeranteil kennenlernen sollen. Die Girls‘ bzw. Boys‘ Days werden vom BMFSFJ und vom BMBF gefördert.

Die am Schulnetzwerk ‚Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage‘ teilnehmenden Schulen verpflichten sich, bewusst gegen jede Form von Diskriminierung, Mobbing und Gewalt einzutreten. Die Schulen arbeiten mit verschiedenen Initiativen, staatlichen Einrichtungen und Nicht-Regierungs-Organisationen zusammen, die ihre Angebote in die Schulen tragen. Auf der Website des Netzwerks sind Handbücher und Materialien zu finden. Die Initiative wird aus Mitteln des Bundes und der Länder gefördert.

Schule der Vielfalt‘ ist ein bundesweites aktives Antidiskriminierungsprojekt, das durch Aufklärung Diskriminierungen von Schwulen, Lesben, Bi- und Trans:Menschen abzubauen versucht. Es setzt sich dafür ein, dass an Schulen mehr gegen Homo- und Transphobie und mehr für die Akzeptanz von unterschiedlichen Lebensweisen getan wird. Das Programm wird aus Ländermitteln finanziert.

Das Netzwerk „Diversity an Hochschulen“ will den Kulturwandel an Hochschulen vorantreiben, indem die Herausforderungen einer diversitätsgerechten Hochschullandschaft identifiziert und die Diversity- und Antidiskriminierungs-Aktivitäten an Hochschulen sowie deren Institutionalisierung gestärkt werden.

Ein an deutschen Schulen eingesetztes Programm, zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg, ist das 'Anti-Bullying-Programm', das gezielten Schikanen physisch und psychisch stärkerer Schüler:innen gegenüber Schwächeren vorbeugen will. Dabei arbeitet die Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes mit Schulen vor Ort zusammen.

Programme, Projekte und Initiativen (Teilhabe am non-formalen, informellen Lernen und Jugendarbeit)

Die Angebote der Kinder- und Jugendarbeit der Städte und Gemeinde sind für alle Kinder und Jugendlichen frei zugänglich und so Orte der Teilhabe. Dazu gehören Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, Freizeitangebote, Räume zur kreativen Entfaltung und Projekte zur Stärkung der Potenziale junger Menschen wie Jugendklubs, Proberäume oder Theaterprojekte. Die entsprechenden Angebote werden von den Kommunen, mit Unterstützung der Bundesländer, gefördert. Darüber hinaus unterstützt auch das BMFSFJ die Strukturen der Kinder- und Jugendbildungslandschaft in Deutschland und ermöglicht damit ein breites Angebot. Das zentrale Förderinstrument hierfür ist der Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP).

Die meisten Jugendverbände in Deutschland sind auf Bundesebene im Deutschen Bundesjugendring (DBJR) vernetzt, der durch das BMFSFJ gefördert wird. Der Bund unterstützt auch die beiden großen Dachverbände der offenen Kinder- und Jugendarbeit, die Bundesarbeitsgemeinschaft Offene Kinder- und Jugendeinrichtungen e.V. (BAG OKJE) und den Bund der Jugendfarmen und Aktivspielplätze e.V. (BDJA).

Ein Bereich der Kinder- und Jugendarbeit ist die politische Kinder- und Jugendbildung, die junge Menschen in ihrer Entwicklung zu selbstbestimmten, demokratisch handelnden Bürger:innen begleiten will. Die Träger der politischen Jugendbildung vergeben alle zwei Jahre den Preis für politische Bildung, der durch das BMFSFJ und die Bundeszentrale für politische Bildung gefördert wird.

Das kulturelle Bildungsangebot für Kinder und Jugendliche unterstützt das BMFSFJ durch verschiedene Bundeswettbewerbe wie „MIXED UP, "Jugend musiziert" oder "Rauskommen". Zudem verleiht es Preise wie den Deutschen Jugendliteraturpreis, den Medienpreis "Leopold" oder den Deutschen Jugendfotopreis.

Die sportliche Kinder- und Jugendarbeit kann ebenfalls einen Beitrag dazu leisten, das Sozialverhalten und das Selbstwertgefühl zu stärken. Der Bund fördert sie beispielsweise im Rahmen der bundesweiten Bewegungskampagne "MOVE", die von der Deutschen Sportjugend durchgeführt wird.

Das BMFSFJ unterstützt schließlich auch Maßnahmen des bürgerschaftlichen Engagements und Freiwilligenarbeit wie den Bundesfreiwilligendienst oder die Jugendfreiwilligendienste.

Mehr Informationen zu dem Thema finden sich auch in den Youth Wiki-Kapiteln:

©

Dieser Artikel wurde auf www.youthwiki.eu in englischer Sprache erstveröffentlicht. Wir danken für die freundliche Genehmigung der Übernahme.

Back to Top