Armut
Wenn das Geld nicht reicht
Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) veröffentlicht Befunde aus einer Befragung von jungen Menschen im Alter von 9 bis 21 Jahren. Dabei geht es um individuelle Lebenslagen, subjektives Armutsempfinden von Kindern und Jugendlichen sowie ihre Perspektiven auf staatliche Unterstützung. Die Befragung erfolgte im Rahmen des Projekts ServiKiD.
13.12.2024
Um Kindern und Jugendlichen selbst eine Stimme zu geben, wurden im Jahr 2023 am Deutschen Jugendinstitut (DJI) 54 von Armut betroffene oder bedrohte junge Menschen im Alter von 9 bis 21 Jahren zu ihren Lebenslagen und ihrem Armutsverständnis befragt. Im nun vorliegenden Policy Brief veröffentlichen DJI-Wissenschaftlerinnen zentrale Befunde und Empfehlungen für die Gestaltung von Hilfen für Familien.
Kinder ernst nehmen und Familien als System betrachten
Um Kinderarmut besser bekämpfen zu können, ist es wichtig, Kinder und Jugendliche anzuhören und ihre Bedürfnisse zu berücksichtigen. Aus Sicht der Befragten reicht die finanzielle Unterstützung von Familien nicht aus, um Armutsfolgen effektiv abzufedern. Es wird aber auch deutlich, dass Armutsbekämpfung mehr ist als die Verbesserung des Familieneinkommens. Familien müssen als System gestärkt werden sowie gleiche Chancen aller Kinder für ein gesundes Aufwachsen durch entsprechende Ressourcen gesichert werden.
Informationen und Zugänge zu sozialen Leistungen für Familien sollten vereinfacht und zielgruppengerecht gestaltet werden. Familien brauchen eine vertrauensvolle Kommunikation, eine armutssensible Beratung ebenso wie möglichst bürokratiearme Antrags- und Genehmigungsverfahren. Lebensweltnahe Institutionen wie Jugendarbeit und Schulsozialarbeit haben sich als erste Anlaufstellen und Brücken in die Hilfesysteme bewährt. Es ist wesentlich, solche bereits vorhandenen Strukturen abzusichern, damit sie möglichst vielen von Armut betroffenen Kindern und Jugendlichen verbindlich und kurzfristig zur Verfügung stehen.
Subjektives Armutsempfinden
Die Interviews spiegeln deutlich die teilweise gravierenden Erfahrungen von Mangel, Unsicherheit und Exklusion junger Menschen wider. Armut bedeutet für sie insbesondere Einschränkungen bei der sozialen Teilhabe. Die Ergebnisse verweisen auf Peers als wesentliche Referenzgruppe sowie die Bedeutung von Entfaltungsmöglichkeiten und Rückzugsorten im öffentlichen und digitalen Raum. Für viele Kinder und Jugendliche ist Armut schambehaftet. Bewältigungsstrategien sind daher häufig auf eine Relativierung eigener Deprivationslagen gerichtet: Die Befragten vergleichen sich mit Gruppen, die noch weniger Ressourcen haben und vermeiden den Kontakt mit „Bessergestellten“. Eltern können Armutserfahrungen abfedern, zum Beispiel durch emotionalen Rückhalt. Die jungen Menschen solidarisieren sich mit ihren Eltern und wünschen sich mehr Unterstützung für Familien. Sie haben jedoch kaum Kenntnis von vorhandenen Unterstützungssystemen.
Das Projekt „Befragung von Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Einführung einer Kindergrundsicherung in Deutschland“ wurde als Teilprojekt der Service- und Monitoringstelle zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“ (ServiKiD) vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Der Abschlussbericht enthält ausführliche Informationen zu Hintergrund, Methodik, Ergebnissen und Implikationen.
Weitere Informationen
Quelle: Deutsches Jugendinstitut e.V. (DJI) vom 29.11.2024
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