Mecklenburg-Vorpommern

„Weitersagen ist kein Petzen!“ und „Hilfe holen ist Freundschaft!“

Mecklenburg-Vorpommern hat eine Aufklärungskampagne zu den Themen psychische Belastungen und sexualisierte Gewalt bei Kindern und Jugendlichen gestartet. Dazu sind zwei Broschüren erschienen, die Schüler*innen informieren und Unterstützungsangebote aufzeigen. Die beiden Broschüren vermitteln neben Anlaufstellen und Kontaktdaten vor allem die Botschaft: „Es ist kein Geheimnisverrat, wenn man Hilfe holt!“.

01.12.2023

Laut WHO sind rein rechnerisch ca. ein bis zwei Schülerinnen und Schüler in jeder Klasse von sexualisierter Gewalt in oder außerhalb der Familie betroffen. Diese Kinder und Jugendlichen haben häufiger schulische Probleme wie Überforderung oder bei den schulischen Leistungen. Eine frühzeitige und umfängliche Unterstützung ist ein wichtiger Faktor, um möglichen Folgeproblemen nachhaltig entgegen zu wirken. Jedoch sind psychische Belastungen und das Erleben sexualisierter Gewalt häufig schambesetzt und mit Ängsten verbunden.  

Gerade Kinder und Jugendliche benötigen Hilfe von vertrauensvollen Erwachsenen. Oftmals wird jedoch eher Freundinnen oder Freunden von den belastenden Empfindungen und/oder Erfahrungen berichtet. Einen erwachsenen Dritten zu beteiligen, wird in vielen Fällen als Vertrauensbruch gegenüber der oder dem Betroffenen erlebt. Die beiden Broschüren vermitteln daher neben Anlaufstellen und Kontaktdaten vor allem die Botschaft: „Es ist kein Geheimnisverrat, wenn man Hilfe holt!“.

Hinschauen und Hinhören sind wichtig, um mögliche Anzeichen zu erkennen

„Psychische Belastungen und sexualisierte Gewalt sind, obwohl oft nicht augenscheinlich, Teil des alltäglichen Lebens. Wir alle sind gefragt, Kindern und Jugendlichen zu helfen, die von psychischen Belastungen und sexualisierter Gewalt betroffenen sind. Hinschauen und Hinhören sind ganz besonders wichtig, um mögliche Anzeichen zu erkennen“,

sagte Bildungsministerin Simone Oldenburg. „Im Kampf gegen sexualisierte Gewalt war Mecklenburg-Vorpommern im bundesweiten Vergleich Vorreiter. Der Schutz gegen sexualisierte Gewalt ist seit dem Schuljahr 2020/2021 als fester Bestandteil des Schulprogramms im Schulgesetz verankert“, betonte Oldenburg. Rainer Becker, Ehrenvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe e. V., hob hervor:

„Missbrauchte Kinder senden nicht selten Signale aus und versuchen, in einer ‚anderen Sprache‛ auszudrücken, was mit ihnen passiert. Wir müssen ihnen dafür aber mehr zuhören ohne ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass wir sie ausfragen wollen. Und wir müssen bereit sein, unsere Wahrnehmungen dann auch zu melden“,

Die Broschüren ergänzen die bereits bestehenden Unterstützungsangebote des Landes. Sie wurden von den Schulen an den Elternabenden allen Erziehungsberechtigten der Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 3 bis 9 ausgehändigt. Die Broschüren können auch im Unterricht thematisiert werden.  

Der Zentrale Fachbereich für Diagnostik und Schulpsychologie (ZDS) richtet sich mit Schulungen an Lehrkräfte, in denen sie auf den Umgang mit Vorfällen wie psychische Belastungen (Suizidalität) oder sexuelle Übergriffe vorbereitet werden. Das Institut für Qualitätsentwicklung (IQ M-V) bietet sowohl Fortbildungen für Lehrkräfte zu den Themen Trauma und Schutzkonzepte gegen sexualisierte Gewalt als auch Präventionsprojekte für Schülerinnen und Schüler wie „Trau dich“, „Mein Körper gehört mir“ und „Klasse 2000“ an.  

Im Schuljahr 2022/2023 wurden 64 sexuelle Übergriffe gemeldet, im Schuljahr 2021/2022 waren es 36, im Schuljahr 2020/2021 gab es 17 sexuelle Übergriffe. Im Vergleich der Schuljahre zeigt sich eine steigende Anzahl von Meldungen, die auch durch eine zunehmende Sensibilisierung der Schulen im Umgang mit diesen Vorfällen zurückzuführen ist.  

Laut polizeilicher Kriminalstatistik findet sexuelle Gewalt überwiegend im engsten Familienkreis (ca. 25 Prozent) und im sozialen Nahraum statt (ca. 50 Prozent), z. B. in Vereinen und durch Nachbarn. Sexuelle Gewalt durch Fremdtäter ist laut Kriminalstatistik eher die Ausnahme, außer bei Taten im Internet. Sexueller Missbrauch findet etwa in 75 Prozent bis 90 Prozent der Fälle durch Männer und männliche Jugendliche statt, zu etwa 10 Prozent bis 25 Prozent durch Frauen und weibliche Jugendliche. Kinder und Jugendliche mit kognitiven und/oder körperlichen Behinderungen haben ein besonders hohes Risiko, sexuelle Gewalt zu erleben.  

Die Broschüre „Weitersagen ist kein Petzen!“ und die Broschüre „Hilfe holen ist Freundschaft!“ können beim Bildungsministerium bestellt werden und stehen auf der Webseite des Ministeriums zum Download zur Verfügung.

Quelle: Ministerium für Bildung und Kindertagesförderung Mecklenburg-Vorpommern vom 14.11.2023

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