Tag der Wohnungslosen

Schicksal der Wohnungslosen nicht vergessen

Anlässlich des Tags der Wohnungslosen am 11. September fordert SOS-Kinderdorf mehr politische Anstrengungen zur Unterstützung junger Wohnungsloser. Mietpreisbeschränkungen, mehr sozialer Wohnungsbau, mehr Notschlafstellen für junge Menschen und mehr Wohnraum für Hilfsprojekte sind dringend notwendig.

14.09.2022

Für Prof. Dr. Sabina Schutter, Vorstandsvorsitzende von SOS-Kinderdorf e.V., ist klar:

„Das Schicksal der wohnungslosen Menschen in Deutschland geht momentan in der politischen Diskussion unter: Neben den Debatten zur Unterstützung von Familien, Rentnern und Alleinerziehenden angesichts steigender Energiepreise müssen wir aber dringend darüber sprechen, wie wir zehntausenden jungen Menschen helfen können, die in Deutschland wohnungslos sind – gerade angesichts des nahenden Winters!“

Laut Statistischem Bundesamt waren zum Jahresanfang 2022 rund 178.000 Personen in Deutschland in vorübergehenden Übernachtungsmöglichkeiten oder in Not- und Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Mehr als ein Drittel (37 Prozent) der untergebrachten wohnungslosen Personen war jünger als 25 Jahre. Eine kürzlich veröffentlichte Studie von SOS-Kinderdorf über junge Wohnungslose zeigt, dass die Gründe für Wohnungslosigkeit bei jungen Menschen so divers sind wie die Betroffenen selbst, aber in vielen Fällen spielen Gewalt, Vernachlässigung oder andere negative Erlebnisse eine entscheidende Rolle. Viele haben schlechte Erfahrungen mit der Kinder- und Jugendhilfe, z.B. in Pflegefamilien oder Heimen, gemacht oder scheitern an den immensen Herausforderungen beim Übergang ins Erwachsenenleben. Die SOS-Wohnungslosenstudie zeigt, dass Wohnungslosigkeit eher Symptom als Ursache der Probleme der jungen Menschen ist. Psychische Erkrankungen sind unter den Betroffenen weit verbreitet und nehmen stetig zu.

Wohnungslose junge Menschen eint ein tiefes Misstrauen gegenüber Erwachsenen und eine oft vorhandene Politikverdrossenheit, eine meist negative Sicht auf sich selbst, geringe Zukunftserwartungen und auch psychische Probleme. Dazu kommen oft Schulden, Probleme mit Drogen oder offene Gerichtsverfahren wegen diversen Vergehen – mehr als genug Gründe für viele junge Menschen in Deutschland, um gesellschaftlichen Konventionen zu entsagen und auf der Straße zu leben.

Forderungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V.

SOS-Kinderdorf unterstützt die Kampagne der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W) zum Nationalen Aktionsplan zur Überwindung von Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit. Die Arbeitsgemeinschaft sieht fünf zentrale Herausforderungen, um Wohnungslose in Deutschland besser zu unterstützen:

  • Wohnraum schaffen: Der Bund muss die Finanzhilfen für den sozialen Wohnungsbau spürbar aufstocken.
  • Rettet das Wohnen: Wohnungslosigkeit darf gar nicht erst entstehen.
  • Zugang zum Leben: Wohnungslose Menschen müssen zu allen existenziellen Bereichen des Lebens Zugang haben.
  • Würde ist unverhandelbar: Ein integriertes Notversorgungskonzept für eine menschenwürdige, geschlechtergerechte und rechtssichere Unterbringung muss entwickelt werden.
  • Menschenrecht Gesundheit: Zugang zur Gesundheitsversorgung und -vorsorge muss für alle wohnungslose Menschen gesichert sein, unabhängig von ihrer Nationalität.

Mehr zu den Forderungen der BAG W finden Sie auch unter: www.bagw.de/de/veranstaltungen/aktkamp/wohnung-los

Vor diesem Hintergrund und aus den praktischen Erfahrungen aus der Arbeit von SOS-Kinderdorf mit wohnungslosen jungen Menschen ergibt sich, dass es insbesondere für junge Menschen mehr Präventionsangebote, individuelle Übergangswohnformen und adäquate Notfallübernachtungsstellen braucht. Diese Angebote müssen langfristig finanziert werden, denn anders sind weder Wohnraum noch gut ausgebildetes Personal zu bekommen und zu halten. Weiter braucht es eine Vernetzung in den Kommunen mit Baugenossenschaften, Wohlfahrtsverbänden und verschiedenen Behörden, die auch die notwendigen Plätze und Grundstücke für die Angebote zur Verfügung stellen müssen.

Zur SOS-Wohnungslosenstudie

Seit über zwanzig Jahren unterstützen Sozialarbeiter:innen in SOS-Jugendhilfeeinrichtungen in Freiburg und Saarbrücken junge Erwachsene, die wohnungslos oder von Wohnungslosigkeit bedroht sind. Im Rahmen der SOS-Wohnungslosenstudie wurden diese Fachkräfte zu ihrer pädagogischen Arbeit wie auch zu den Lebenslagen, biografischen Belastungen und Ressourcen der jungen Menschen, befragt. Die SOS-Wohnungslosenstudie ist hier verfügbar: www.sos-kinderdorf.de/sos-wohnungslosenstudie

Quelle: SOS-Kinderdorf e.V. vom 09.09.2022

Redaktion: Kerstin Boller

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