Bericht
Save the Children warnt vor Bildungskatastrophe im Libanon

Nach 18 Monaten ohne Schulbildung stellt sich für viele Kinder im Libanon nicht die Frage, wann, sondern ob sie je wieder zur Schule gehen werden. Die soziale und wirtschaftliche Krise im Libanon verwandelt sich in eine Bildungskatastrophe, warnt Save the Children.
07.04.2021
Seit dem Ausbruch der Pandemie sind mehr als 1,2 Millionen Kinder im Libanon nicht zur Schule gegangen. Libanesische Kinder haben in dieser Zeit etwa 11 Wochen Unterricht erhalten, während die Zahl der Schulwochen für syrische Flüchtlingskinder noch geringer ist. Dies geht aus dem neuen Bericht „Lebanon Education in Crisis: Raising the Alarm” von Save the Children hervor.
Corona-Pandemie verstärkt bereits bestehende Missstände
Der Bericht zeigt, dass die steigende Ungleichheit seit Beginn der Wirtschaftskrise im Land zu einer Lücke im Zugang zu qualitativ hochwertigem Lernen unter den ärmeren Kindern des Libanon geführt hat. 55% der libanesischen Familien leben heute in Armut, mit noch höheren Raten unter palästinensischen (70%) und syrischen Flüchtlingen (90%). Armut ist dabei eine fast unüberwindliche Hürde für den Zugang von Kindern zu Bildung.
Seit Oktober 2019 ist das Land zudem von zivilen Unruhen erschüttert, die Auswirkungen auch auf den Schulbesuch der Kinder hatten. Im selben Jahr kam es zu mehreren Lehrerstreiks wegen verspäteter Gehaltszahlungen. Der Zusammenbruch der Währung, die Explosion im Hafen von Beirut und die Abriegelungsmaßnahmen von COVID-19 sind weitere Verstärker der Krise.
Vermehrt Kinderarbeit und Kinderehen
„Die Bildung für Tausende von Kindern im Libanon hängt am seidenen Faden. Viel zu viele werden vielleicht nie wieder ein Klassenzimmer betreten, entweder weil sie schon so viel verpasst haben oder weil sich ihre Familien den Schulbesuch nicht leisten kann. Kinder im Libanon zeigen bereits große Schwächen beim Lesen, Schreiben und Rechnen im Vergleich zu anderen Ländern im Nahen Osten. Je länger Kinder nicht in der Schule sind, desto mehr fallen sie zurück“, betont Jennifer Moorehead, Länderdirektorin im Libanon. „Wir erleben bereits die tragischen Auswirkungen dieser Situation: Kinder arbeiten in Supermärkten oder auf Bauernhöfen, Mädchen werden zur Heirat gezwungen.“
Fallbeispiel
Von dieser Not betroffen ist auch das Mädchen Amal*. Amal* wuchs im umkämpften syrischen Homs auf und lebt seit 2014 mit ihrer Familie in Armut und ohne Perspektive in einem informellen Camp im Libanon. Jetzt arbeitet sie in einer Gurkenfabrik, um der Familie ein Einkommen zu ermöglichen. „So geht es vielen Familien im Libanon“, erklärt Ahmed Bayram, Medienmanager von Save the Children im Libanon. „Der Preis für das libanesische Pfund hat gerade ein Rekordtief erreicht. Der Mindestlohn ist in weniger als einem Jahr von 400 Dollar auf 68 Dollar gesunken. Das Geld für eine Mahlzeit, die vor einem Jahr Amals* Familie satt gemacht hätte, ist jetzt buchstäblich eine Packung Kekse wert."
Save the Children warnt davor, dass die Chance auf Bildung für eine ganze Generation auf dem Spiel steht und fordert Schulöffnungen, wenn es die Corona-Pandemie erlaubt, sowie einen uneingeschränkten Zugang zu Bildung für alle Kinder im Libanon.
*Name zum Schutz der Persönlichkeit geändert
Quelle: Save the Children vom 01.04.2021
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