AGJ-Positionspapier

Qualitätsentwicklung nach dem „Gute-Kita-Gesetz“? Rückblick und zukünftige Entwicklungspotentiale

Mit dem am 01. Januar 2019 in Kraft getretenen „Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Verbesserung der Teilhabe in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege“ (KiQuTG, sog. „Gute-KiTa-Gesetz“) wurde die Weiterentwicklung der Qualität in der Frühen Bildung bundesgesetzlich verankert. Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ zieht eine Zwischenbilanz und zeigt in einem neuen Positionspapier Entwicklungspotenziale auf. Davon ausgehend leitet die AGJ Empfehlungen ab, die im weiteren Prozess zur Verbesserung der Qualität nach dem „Gute-Kita-Gesetz“ berücksichtigt werden sollen.

26.10.2021

Die Kindertagesbetreuung ist das am stärksten gewachsene Handlungsfeld in der Kinder- und Jugendhilfe. Zwischen 2006 und 2020 gab es bundesweit einen Zuwachs beim Personal von über 385.000 Mitarbeiter/-innen, oder 86 Prozent, sowie einen Anstieg der Anzahl der betreuten Kinder um 30,2 Prozent auf über 3,9 Millionen. Noch nie gab es so viele Beschäftigte und Plätze in der Kindertagesbetreuung sowie Personen, die für das Handlungsfeld ausgebildet werden. Damit gehen gestiegene öffentliche Ausgaben für die Kindertagesbetreuung einher: Von 2010 bis 2019 haben sie sich mehr als verdoppelt.

Durch das große Engagement von Bund, Ländern, Kommunen und Trägern kam es trotz des nach wie vor erforderlichen massiven Ausbaubedarfs nicht wie befürchtet zu qualitativen Einschränkungen, sondern es konnten gleichzeitig qualitative Weiterentwicklungen erreicht werden.

Zwischenbericht verdeutlicht notwenige Weiterentwicklung der Kindertagesbetreuung

Vor diesem Hintergrund wird seit Jahren ein kritisch-konstruktiver Dialog um eine Verbesserung der Qualität in der Kindertagesbetreuung geführt. Diese Qualitätsdebatten haben sich mit der finanziellen Beteiligung und inhaltlichen Rahmung infolge des 2019 in Kraft getretenen Gesetzes zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Verbesserung der Teilhabe in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege (KiQuTG) als Teil des sogenannten „Gute-KiTa-Gesetzes“ wahrnehmbar verändert. Das KiQuTG fußt auf einem Zielkatalog, den Bund, Länder, Kommunen unter Beteiligung der Verbände und der Wissenschaft in einem mehrjährigen Aushandlungsprozess gemeinsam definiert haben. Die Struktur des Zielkataloges wurde 2014 in einem gemeinsamen Communiqué „Frühe Bildung weiterentwickeln und finanziell sichern“ festgelegt und 2016 in einem Zwischenbericht  für die verschiedenen Handlungsfelder ausdifferenziert.

Der Zwischenbericht machte deutlich, dass die notwendige Weiterentwicklung der Kindertagesbetreuung ein langfristiger Prozess ist. Um die angestrebten Handlungsziele zu erreichen, sind in allen Bundesländern erhebliche Anstrengungen notwendig. Zentral für das Gelingen der Qualitätsentwicklung ist eine dauerhafte Beteiligung des Bundes an den für die Kindertagesbetreuung aufzubringenden laufenden Kosten. Maßstab dafür sollte, ausweislich der Erklärung der Bund-Länder-Konferenz am 14. und 15. November 2016, „der Nutzen sein, der auf der Ebene des Bundes durch eine hochwertige Kindertagesbetreuung entsteht.“ Denn es sei vor allem der Bund, der von einem Ausbau guter Kindertagesbetreuung profitiere: „Er ist wesentlicher Nutznießer von besserer Bildung, von mehr Erwerbsbeteiligung, mehr Steuer- und Sozialversicherungsbeiträgen, geringerer Armutsquote und von vielem mehr.“

Fragen der Umsetzung der Qualitätsentwicklung wurden zunächst offengelassen

Es wurde explizit festgehalten, dass für die Erstellung des Zwischenberichtes die inhaltlichen, strukturellen und zeitlichen Umsetzungsfragen nicht im Mittelpunkt standen. Der Auftrag bestand darin, ein Kompendium für sehr gute Qualität in der Kindertagesbetreuung vorzulegen. Die Diskussion über konkrete Umsetzungsschritte sollte in eine abgestimmte und langfristig angelegte Gesamtstrategie des Bundes und der Länder münden.

Eine solche Gesamtstrategie sollte neben dem Zwischenbericht und dem KiQuTG immer auch aktuelle Entwicklungen berücksichtigen. So soll mit dem Beschluss des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes die Inklusion auch in der Kindertagesbetreuung weiter verbessert werden. Damit alle Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflegestellen inklusiv arbeiten können, sind weitere Unterstützungsmaßnahmen notwendig. Ebenso müssen die Folgen der Corona-Pandemie, die sich in einer verschärften sozialen Spaltung, aber auch in der zeitweisen Verschiebung der Gewichtung vom Bildungsauftrag hin zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie der intensiveren Nutzung von digitalen Medien zeigen, Berücksichtigung finden.

Qualitätsentwicklung erfordert weiterhin Gesamtstrategie

Aus Sicht der AGJ muss die Diskussion um die Gesamtstrategie zur Qualitätsentwicklung vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem KiQuTG erneut aufgegriffen werden. Zum einen betrifft das die verlässliche und angemessene finanzielle Beteiligung des Bundes, zum anderen die Weiterentwicklung einer Gesamtstrategie, die die Interessen aller in den Bick nimmt. Die Herausforderung besteht darin, dass der Prozess zur Sicherung und Verbesserung der Qualität in der Kindertagesbetreuung aktuelle und zukünftige Entwicklungen berücksichtigen und ihre Bedeutung im Kontext der grundlegenden Handlungsfelder bewerten muss.

Eine Gesamtstrategie muss die Dynamik der Situation abbilden und sich dementsprechend anpassen lassen. Dabei ist eine Voraussetzung für viele Entwicklungen, dass eine ausreichende Zahl an qualifizierten Fachkräften vorhanden ist. In den Eckpunkten für ein Qualitätsentwicklungsgesetz 2017 wird explizit darauf hingewiesen, dass das „für die angestrebten personalintensiven Qualitätsverbesserungen [bedeutet], dass zusätzliche Anstrengungen zur Personalgewinnung und ‐bindung notwendig sind.“ Gleichzeitig darf es nicht bei einzelnen Verbesserungen bleiben. Denn die Bund-Länder-Erklärung 2016 weist darauf hin, dass der weitere Qualitätsentwicklungsprozess nicht punktuell erfolgen kann und sich daher isolierte Forderungen verbieten.

Der neuen Bundesregierung kommt die Aufgabe zu, über die weitere Beteiligung des Bundes an der Qualitätsentwicklung zu entscheiden. Alles andere als eine Verlängerung oder Verstetigung der Beteiligung des Bundes wäre ein herber Rückschlag für die Kindertagesbetreuung in Deutschland.

Empfehlungen für die Qualitätsentwicklung in der Kindertagesbetreuung nach 2022

Die Kindertagesbetreuung ist ein dynamisches Feld und unterliegt hohen und stetig wachsenden Anforderungen. Insbesondere die Corona-Pandemie zeigt deutlich, wie wichtig Kindertagesbetreuung für Kinder, Eltern und die Gesellschaft ist. Daher sollte die Qualitätsentwicklung in der Kindertagesbetreuung ein zentrales Thema für die kommenden Jahre sein. Es braucht eine von allen Beteiligten getragene und langfristige Gesamtstrategie zur Qualitätsentwicklung.

Die AGJ leitet daher Empfehlungen ab, die im Prozess zur Verbesserung der Qualität berücksichtigt werden sollen:

  • Verstetigung der Mittel
  • Verstetigung des Monitorings
  • Stärkung der Teilhabe von Familien
  • Partizipative und evidenzbasierte Entscheidungsstrukturen
  • SGB VIII – Inklusion als Leitgedanke aller Einrichtungen und Angebote umsetzen
  • Deckung des Fachkräftebedarfs als notwendige Voraussetzung für Qualitätsentwicklung

Die Empfehlungen sowie das Positionspapier „Qualitätsentwicklung nach dem „Gute-Kita-Gesetz“? Rückblick und zukünftige Entwicklungspotentiale" sind in voller Länge auf der Website der AGJ nachzulesen (PDF).

Mit diesem Positionspapier will die AGJ den Dialog um die Weiterführung der Qualitätsentwicklung nach dem „Gute-Kita-Gesetz“ vorantreiben. Sie erwartet, dass die formulierten Hinweise und Empfehlungen im weiteren Prozess berücksichtigt werden. Die Qualitätsentwicklung in der Kindertagesbetreuung auf stabile Füße zu stellen, sieht die AGJ als eins der wichtigen Ziele einer neuen Bundesregierung und bietet sich als Gesprächspartnerin für die kommenden Prozesse an.

Quelle: Arbeitsgemeinschaft der Kinder- und Jugendhilfe – AGJ

Redaktion: Pia Kamratzki

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