Interview
Neuer Schwung für die Umsetzung der European Youth Work Agenda in Deutschland

Die neue "Nationale Kontaktstelle zur Umsetzung der European Youth Work Agenda in Deutschland" ist gerade gestartet. Als vom BMFSFJ angeregtes und von JUGEND für Europa eingerichtetes Projekt soll sie Schwung in den deutschen Umsetzungsprozess zur Weiterentwicklung von Youth Work bringen. Elke Führer, Fachreferentin für Europäische Jugendarbeit bei JUGEND für Europa erklärt, was hinter der Idee steckt und wer die Umsetzung übernimmt.
17.10.2024
Elke Führer, Fachreferentin für Europäische Jugendarbeit bei JUGEND für Europa erklärt, was hinter der Idee steckt und wer die Umsetzung übernimmt.
Liebe Elke, Youth Work in Europa ist immer noch wichtig, oder?
„Wichtiger denn je! In Zeiten, in denen die Welt von diversen Krisen gebeutelt ist, brauchen junge Menschen alle Unterstützung, die sie bekommen können. Trotz und gerade wegen all dieser Herausforderungen haben sie eine glückliche und chancenreiche Jugend verdient, in der sie ihre Persönlichkeit entwickeln und sich ein erfülltes Leben aufbauen können.
Youth Work in Europa umfasst ja alle Angebote der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit und ist sehr vielfältig und bunt. Da ist idealerweise für jeden und jede Jugendliche etwas dabei, das ihnen neben Schule und Familie Unterstützung gibt und einen ganz besonderen Raum eröffnet: eben Youth Work!“
Ihr habt kürzlich eine Ausschreibung veröffentlicht, mit der ihr eine Nationale Kontaktstelle für die Umsetzung der European Youth Work Agenda in Deutschland gesucht habt. Welche Idee verbirgt sich hinter der Kontaktstelle?
„Die Kontaktstelle soll neuen Schwung in den deutschen Umsetzungsprozess zur European Youth Work Agenda bringen. Die European Youth Work Agenda (EYWA) gibt es ja schon seit 2020. Damals haben viele Akteur*innen gemeinsam eine Antwort auf die Herausforderungen gesucht, die dem Arbeitsfeld in ganz Europa zu schaffen machen: neben allen politischen und gesellschaftlichen Krisen sind dies auch spezifische Krisen des Arbeitsfeldes Youth Work wie Fachkräftemangel oder fehlende Anerkennung, Finanzierung, moderne Ausstattung etc.
Die EYWA soll als strategischer Rahmen für die Weiterentwicklung von Youth Work eine Antwort auf diese Herausforderungen sein. Die Idee 2020 war, dass die Problembehebung auf allen Ebenen gemeinsam angegangen werden muss: von der europäischen über die nationale bis zur lokalen Ebene.
Nationale Prozesse in den verschiedenen Ländern Europas einzurichten, ist hierbei ein ganz zentraler Schlüssel. Und da kommt nun die Nationale Kontaktstelle ins Spiel, da sie den nationalen Prozess in Deutschland unterstützen wird.“
Welche Aufgaben soll die Kontaktstelle ausfüllen?
„Sie hat drei zentrale Funktionen: Zuallererst ist sie der nationale Kontaktpunkt, die Begleiterin und Unterstützerin des deutschen Prozesses zur Umsetzung der EYWA und fungiert als zentraler Anlaufpunkt für die deutsche Fachlandschaft. Außerdem ist sie die Repräsentantin Deutschlands auf europäischer Ebene bei der europäischen Vernetzung im Kontext der Umsetzung der EYWA. Zuletzt unterstützt sie den inhaltlichen Transfer zwischen der europäischen und der deutschen Fachdebatte.
Spannend wird hier besonders ein europäisches Großereignis im nächsten Jahr: die European Youth Work Convention, die nur alle fünf Jahre stattfindet und im Mai 2025 über 300 Akteur*innen aus dem Arbeitsfeld in Malta zusammenbringen wird. Hiervon werden sicher wichtige Impulse für die nächsten fünf Jahre ausgehen und da sollte Deutschland natürlich vertreten sein.
Als Teil einer deutschen Delegation wird die Nationale Kontaktstelle Themen aus der deutschen Fachdebatte „mit nach Europa“ nehmen und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Impulse aus der Convention auch in die deutsche Fachdebatte einfließen. Frische Ideen und gute Beispiele aus anderen Ländern können auch das deutsche Arbeitsfeld inspirieren.“
Nun möchten wir es aber gern wissen: Wer übernimmt die Aufgabe als Nationale Kontaktstelle?
„NaturKultur e.V. aus Bremen. Wir freuen uns sehr, dass wir mit NaturKultur e.V. eine Organisation gefunden haben, die aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen dem deutschen Prozess nun neuen Schwung geben kann.
Seit NaturKultur e.V. 2011 von einer ehemaligen europäischen Freiwilligen gegründet wurde, hat sich die Graswurzelorganisation zu einer Anbieterin von vielfältigen Youth Work Angeboten entwickelt, die sich an junge Menschen und Fachkräfte von der lokalen und regionalen Ebene in Bremen bis auf die europäische Ebene richten.
Bei diesem Projekt kooperiert NaturKultur e.V., vertreten durch Darko Mitevski als Präsident der Organisation, mit Frau Katharina Teiting, die die Kontaktstelle als freiberufliche Projektmanagerin und Coachin unterstützt. Katharina Teiting hat über viele Jahre das internationale Netzwerk „Generation Europe – the Academy“ beim Internationalen Bildungs- und Begegnungswerk e.V. (IBB e.V.) aufgebaut.
Geballte Erfahrung und Motivation sind also vorhanden!“
Wie wird die Zusammenarbeit mit NaturKultur e.V. aussehen?
„Das nun eingerichtete Projekt hat eine Dauer bis Ende 2025. In dieser Zeit ist uns wichtig, dass die Chancen der EYWA, der politische Rückenwind, die Ideen, Kontakte und Umsetzungsinstrumente dieses europaweiten Community-Prozesses in der lokalen Praxis ankommen und beispielsweise lokale Träger der Jugendarbeit und Kommunen davon profitieren.
NaturKultur e.V. hat bereits spannende Ideen entwickelt, wie das gelingen kann. Aktuell wird ein Projektplan erarbeitet, der die Grundlage für das Projekt bildet. Beim 4. Bundeskongress Kinder- und Jugendarbeit in Potsdam, der vom 16.-18.9.2024 stattfand, gab es ein zentrales Fachforum zum Thema. Hierbei hat die Nationale Kontaktstelle der Fachlandschaft ihre Umsetzungsideen vorgestellt. Nähere Informationen über anstehende Aktivitäten werden künftig auf der digitalen Plattform zur Umsetzung der EYWA auf dem Jugendhilfeportal veröffentlicht.“
Auch auf europäischer Ebene passiert viel. Es haben sich 16 Nationale Agenturen zusammengetan, um gemeinsam Youth Work voranzubringen. Die Strategische Kooperationspartnerschaft „Growing Youth Work“ startete Anfang des Jahres. Was sind eure Ziele?
„Mit dem Projekt Growing Youth Work wollen wir die Bedeutung von Youth Work hervorheben und ihre entscheidende Rolle im Leben junger Menschen und für demokratische Gesellschaften betonen.
Wir tragen dazu bei, die European Youth Work Agenda in die Tat umzusetzen, indem wir Unterstützung anbieten, koordinierte und strategische Zusammenarbeit fördern und Möglichkeiten für Fachkräfte der Jugendarbeit schaffen. Insgesamt entwickeln wir ein Netzwerk, um Youth Work in ganz Europa gemeinsam zu stärken.“
Was plant ihr als Nächstes?
„Ich greife einmal drei Highlights heraus.
Wir starten am 26. November eine neue Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Youth Work Talks“. Mit der Reihe möchten wir einen Raum für die fachliche Reflexion über drängende Fragen der Entwicklung von Youth Work schaffen. Ein besonderer Schwerpunkt wird das Thema Anerkennung von Youth Work sein.
Außerdem unterstützen wir die nationalen Prozesse zur Umsetzung der European Youth Work Agenda europaweit. Demnächst erscheint ein Forschungsbericht darüber, was in den verschiedenen Ländern passiert. Und wir laden die verschiedenen nationalen Kontaktstellen gemeinsam mit weiteren Akteur*innen zu unserem jährlichen Austauschforum ein. Das dritte „Exchange Forum on the European Youth Work Agenda. Boosting national processes for youth work development“ findet vom 11.-14. November im belgischen Leuven statt.
Zuletzt möchten wir Antragstellende in Erasmus+ und im Europäischen Solidaritätskorps dabei unterstützen, für ihre Projekte die European Youth Work Agenda zu nutzen. Wir übertragen gerade eine Handreichung ins Deutsche, die hierzu anregt und möchten künftig auch mehr Projektbeispiele sichtbar machen.
Hier helfen uns unsere Website , unser Newsletter und unsere Social Media Kanäle.“
Wird Youth Work Ende 2027 die Anerkennung erhalten, die sie verdient?
„Ich fürchte, ganz so schnell wird es nicht gehen. Aber wenn sich in Deutschland und in Europa viele Menschen zusammentun, die für Youth Work brennen und ihre Arbeit sichtbarer machen, kommen wir schon einen ganzen Schritt weiter!“
Liebe Elke, herzlichen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei euren nächsten Schritten!
Quelle: JUGEND für Europa
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