Ukraine
Krieg verursacht schwere psychische Belastungen bei Kindern
Der Krieg in der Ukraine hinterlässt tiefe Spuren in der psychischen Gesundheit der Kinder: Angst, Stress, Albträume und Sprachstörungen sind nur einige Symptome. Save the Children fordert dringend mehr psychosoziale Unterstützung, um den traumatisierten Kindern zu helfen und einer ganzen Generation Hoffnung und Stabilität zurückzugeben.
09.01.2025
Der Krieg in der Ukraine hat immer schwerere Auswirkungen auf die psychische Gesundheit von Kindern, zeigen Daten von Save the Children. Die Symptome reichen von Angst und Stress über Reizbarkeit und Stimmungsschwankungen bis zu Konzentrationsproblemen. Einige Kinder entwickeln Sprachstörungen oder haben nervöse Zuckungen; viele haben Albträume.
Von mehr als 2.500 Kindern, die Save the Children zwischen Januar und Juni 2024 unterstützte, zeigen 43 Prozent Anzeichen einer psychosozialen Belastung. Betroffen sind nicht nur Kinder in aktiven Kampfgebieten, sondern in allen 20 Verwaltungsbezirken, in denen die Kinderrechtsorganisation und ihre Partner Familien individuell betreuen.
„Wie sehr der Krieg in der Ukraine den Alltag aller Familien bestimmt, habe ich vor Kurzem selbst erlebt. Viele Kinder lernen seit Jahren nur online – erst durch Corona, jetzt weil ihre Schulen keine Schutzräume haben. Freunde treffen oder Hobbys nachgehen? Nahezu unmöglich. Zu dieser Isolation kommt die bedrohliche Geräuschkulisse und ständige Gefahr des Krieges: Sirenen, Drohnen, Explosionen. Eine Schulleiterin in Saporischschja erzählte, dass die Kinder am Tag vor meinem Besuch achtmal in den Luftschutzraum mussten“,
sagt Florian Westphal, Geschäftsführer von Save the Children Deutschland, der im November 2024 Städte in Frontnähe im Südosten des Landes besuchte.
Auch die Weltgesundheitsorganisation berichtet, dass Ukrainer*innen zunehmend unter Depressionen, Angstzuständen und posttraumatischen Belastungsstörungen leiden. Demnach sind fast zehn der 37 Millionen Menschen im Land – darunter 1,4 Millionen Kinder – aufgrund des Krieges gefährdet, psychische Probleme zu entwickeln oder haben dies bereits getan. Forschende der Nationalen Universität Kyjiw schätzen das Risiko für psychische Erkrankungen durch den Krieg und die eingeschränkte psychologische Versorgung ebenfalls hoch ein, vor allem mit Blick auf Jugendliche.
„Unsere Berater*innen sehen Kinder, die aus den Frontgebieten evakuiert oder von ihren Eltern getrennt wurden. Kinder, die auf Landminen getreten sind und nun Verletzungen haben, die ihr ganzes Leben verändern. Kinder, die in besetzten Gebieten gelebt haben oder den Tod ihrer Eltern mitansehen mussten. Und aus Charkiw hören wir, dass einige durch den extremen Stress bereits graue Haare bekommen. Die Liste ist endlos und zutiefst erschreckend. All diese Kinder und Jugendlichen brauchen dringend mehr psychosoziale Unterstützung. Ansonsten haben wir die große Sorge, dass eine ganze Generation nicht über das Erlebte hinwegkommt“,
schildert Florian Westphal.
Save the Children ist seit 2014 in der Ukraine tätig. Die Kinderrechtsorganisation betreibt landesweit 28 Schutz- und Spielräume und betreut Kinder und Eltern psychologisch sowie psychosozial. Unter anderem lernen sie in Workshops, besser mit Angst und Stress umzugehen. Lehrer*innen und Erzieher*innen werden geschult, besondere Belastungen bei Kindern und Jugendlichen zu erkennen und darauf zu reagieren. In digitalen Lernzentren können Kinder mit Unterstützung von Fachpersonal am Online-Unterricht teilnehmen und Gleichaltrige treffen. Besonders gefährdete Kinder erhalten weitere Unterstützung im Wege der Einzelfallhilfe. Auch in Deutschland bietet Save the Children Trainings zur psychosozialen Unterstützung geflüchteter Kinder und Familien an und fördert verschiedene Beratungs- und Therapieangebote für junge Menschen aus der Ukraine.
Quelle: Save the Children Deutschland e.V. vom 09.12.2024
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