IJAB auf dem DJHT
Kinder- und Jugendhilfetag sendet klares Signal

Nach drei intensiven Messe- und Kongresstagen ist am 15. Mai 2025 der 18. Deutsche Kinder- und Jugendhilfetag zu Ende gegangen. Er sendete eine klare Botschaft an Politik und Gesellschaft: Nur durch die Beteiligung junger Menschen kann ein demokratisches Gemeinwesen bewahrt werden. In der zunehmend international aufgestellten Großveranstaltung waren IJAB und die Internationale Jugendarbeit in Messe und Fachkongress stark vertreten.
22.05.2025
Für Karin Prien war es einer ihrer ersten öffentlichen Auftritte in ihrer neuen Rolle als Bundesjugendministerin. Die Aufgaben ihres Hauses sind umfangreicher geworden. Seit Beginn der neuen Legislaturperiode ist auch Bildung Teil des neu zugeschnittenen Ministeriums. Bei der Eröffnungsveranstaltung wurde deutlich, dass sich daran auch Hoffnungen knüpfen: Formale und nonformale Bildung unter dem Dach eines Ministeriums bieten die Chance aus der „Versäulung“ auszubrechen, in der Bildungsformate mit nur wenigen Berührungspunkten nebeneinander stehen.
Warum solche Hoffnungen bestehen, wurde in einer der IJAB-Veranstaltungen im Fachkongress deutlich. Robert Helm-Pleuger und Carmen Ruano Serna stellten die neue Eurodesk-Jugendinformations-Umfrage 2025 vor. Einer der zentralen Befunde: Junge Menschen fühlen sich über die vielfältigen Möglichkeiten für Auslandsaufenthalte schlecht informiert. Und: sie erwarten die nötigen Informationen vor allem in der Schule. Dort sind es aber allenfalls überzeugte Einzelkämpfer*innen unter den Lehrer*innen, die über die Chancen von Jugendaustausch, Freiwilligendiensten oder Schulaufenthalten informieren. Ein schulisches Angebot in der Fläche fehlt.
Jungen Menschen Teilhabe ermöglichen
Der 18. Deutsche Kinder- und Hilfetag war der erste nach der Pandemie. 2021 konnte er nur digital stattfinden, 2017 fand der letzte Kinder- und Jugendhilfetag in Präsenz in Düsseldorf statt. Das ist eine lange Zeit und vielleicht sogar ein Generationenwechsel. Ob es daran lag, dass die Ausstellungsfläche der Messestände sichtbar kleiner war als bei früheren Jugendhilfetagen? Aus der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ, dem Veranstalter, war zu hören, die Anzahl der Aussteller sei unverändert. Bei der Anmietung von Standfläche seien die Aussteller aber zurückhaltender gewesen als in der Vergangenheit. Das mag an gestiegenen Kosten oder an Budget-Unsicherheiten angesichts von Landtagswahlen und Bundestagswahl liegen. Woran auch immer es lag, der Kinder- und Jugendhilfetag bleibt mit etwa 300 Veranstaltungen, 400 Ausstellern und 30.000 Besucher*innen der Dreh- und Angelpunkt des fachlichen Diskurses in der Kinder- und Jugendhilfe.
Allerdings ist es ein Diskurs, der zunehmend vor dem Hintergrund internationaler Krisen stattfindet. Die Verwerfungen der Corona-Zeit sind noch spürbar. In Europa herrscht Krieg. Bei der Bekämpfung des Klimawandels werden nicht die Fortschritte gemacht, die nötig wären. Weltweit nehmen autoritäre Gesellschaftsmodelle zu. Was das mit jungen Menschen macht, wurde im Schlusspanel eindringlich beschrieben. Sie fühlen sich mit ihren Befürchtungen alleingelassen, von der Mehrheit der Gesellschaft entfremdet und von der Politik nicht adressiert. Es mangelt an Möglichkeiten, sich einzubringen, etwas zu verändern, ernst genommen zu werden und dadurch Demokratie positiv zu erleben. Und: „Leider sind Rechte ziemlich gut darin, junge Menschen zu adressieren“, sagte Podcaster und Bestsellerautor Hendrik Bolz.
Hoffnungslos war man in der Abschlussrunde jedoch nicht. Die AGJ-Vorsitzende Prof. Dr. Karin Böllert erinnerte daran, dass die Fortschritte, die beim Klimaschutz gemacht wurden, auf den Druck junger Menschen zurückzuführen sind. Sie denkt international, möchte allen jungen Menschen ein interkulturelles Aufwachsen ermöglichen und fordert den Ausbau der Mobilitätsprogramme. „So bewältigt man Krisen“, sagte sie. Wie junge Menschen sich wirksam einbringen können, zeigte Marharyta Vorykhava vom belarusischen Jugendring RADA und erntete dafür viel Applaus. 2021 musste sie aus Belarus fliehen, heute berät sie den Europarat und die belarusische Exilregierung.
International denken
Jungen Menschen eine aktive Rolle für Veränderungen zu ermöglichen und dabei international zu denken, gehörte zu den Kernbotschaften der 18. Kinder- und Jugendhilfetags. Dazu trug auch die IJAB-Veranstaltung zu Jugend, Frieden und Sicherheit bei. Ausgehend von der UN-Resolution 2250 schilderte Anja Jokić vom National Youth Council of Serbia (KOMS) die aktuelle Situation in Serbien und beschrieb, wie junge Menschen in unruhigen Zeiten Brücken für ein friedliches Miteinander auf dem westlichen Balkan bauen. Beim nachfolgenden Panel zur Situation in Deutschland diskutierten junge Engagierte die Bedeutung der UN-Resolution und Wege zu ihrer Umsetzung.
Dass das Interesse nach mehr internationaler Ausrichtung nicht nur ein Wunsch der Veranstalter war, wurde am Messestand von IJAB deutlich. Eingebettet in den Marktplatz Europa zeigten IJAB, JUGEND für Europa sowie die bilateralen Jugendwerke und Förderstellen, wie vielfältig Internationale Jugendarbeit ist und was sie der gesamten Kinder- und Jugendhilfe anzubieten hat. Egal ob am Messestand oder während des „Mittags der Begegnung“ – der Strom der Interessierten riss nicht ab und auch Bundesjugendministerin Karin Prien schaute zur Eröffnung vorbei. Zugleich ist der Kinder- und Jugendhilfetag auch ein „Familientreffen“. Er ist eine schöne Gelegenheit, sich mit Weggefährt*innen aus gegenwärtigen und früheren Projekten zu treffen, sich auszutauschen und neue Pläne zu schmieden. Auch aus diesem Grund freut sich IJAB auf den nächsten Kinder- und Jugendhilfetag 2029 – dann hoffentlich in ruhigeren Zeiten!
Autor: Christian Herrmann
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Dieser Artikel wurde bei IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V. am 20.05.2025 erstveröffentlicht. Wir danken für die freundliche Genehmigung der Übernahme.
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