Im Gespräch

Jugend und Corona – Ehrenamtliches Engagement zur Zeit vor allem digital

Corona setzt andere Maßstäbe für jugendliches Engagement. Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie behindern Projekte und bremsen Initiativen aus. Doch das Interesse ist noch und gerade jetzt da: ob Sport, Schule, Kirche oder Umwelt und Naturschutz. Junge Menschen wollen mitgestalten und sich in gesellschaftliches Leben einbringen. Die 17-jährige Jugendleiterin, Mia Gottfried, engagiert sich seit 2019 in Baden-Württemberg und erzählt uns von Einschränkungen, Unsicherheiten, aber auch positiven Erfahrungen im Rahmen ihres Ehrenamtes.

22.04.2021

Der aktuelle Freiwilligensurvey des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (PDF) zeigt: Insgesamt engagiert sich fast die Hälfte aller jungen Menschen zwischen 14 und 25 Jahren in Deutschland freiwillig. Der Wille, sich einzubringen und teilzuhaben, ist groß. Das bestätigt auch eine qualitative Befragung, die die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung im Rahmen des Programms u_count in 2020 durchgeführt hat. Die Ergebnisse von u_count machen deutlich: Jugendliche und junge Erwachsene wollen sich für gesellschaftliche Themen und Belange engagieren und ihr Umfeld mitgestalten. 

Junge Menschen in Deutschland leben in unterschiedlichen Lebenssituationen, die Gründe und Möglichkeiten für ein Engagement können verschieden sein. Dennoch gibt es gerade eine Konstante, die zurzeit alle jungen Menschen betrifft: die Corona-Pandemie mit ihren Auswirkungen und Einschränkungen. Die Maßnahmen halten an, ein Ende ist in absehbarer Zeit nicht zu erreichen.

Für unsere Reihe „Im Gespräch“ haben wir mit Mia Gottfried gesprochen, Jugendleiterin bei der Katholischen jungen Gemeinde (KjG) Hohensachsen. Sie gewährt uns einen Einblick in ihr ehrenamtliches Engagement: Was beschäftigt Engagierte zurzeit am meisten? Wie gehen junge Freiwillige mit Corona-spezifischen Herausforderungen um? Haben sich bei der KjG alternative Möglichkeiten ergeben? 

Zeltlager konnten aufgrund sehr gut ausgearbeiteter Hygienekonzepts und vieler Schutzmaßnahmen durchgeführt werden

Mia, du engagierst dich als Jugendleiterin. Wie bist du dazu gekommen?

„Das erste Mal bin ich durch eine Freundin auf die KjG aufmerksam geworden, die bereits vor mir an einem Zeltlager teilgenommen hat. Ich bin dann, als ich 12 Jahre alt war, das erste Mal mit ins Lager gefahren und war sehr begeistert von der Atmosphäre und dem Gruppenzusammenhalt. Als ich dann zu alt war, um als Teilnehmerin noch mitzufahren, beschloss ich die Ausbildung zur Jugendleiterin zu machen, da ich vor allem die ganzen Menschen, die ich dort kennengelernt habe, nicht einfach so aus meinem Leben streichen wollte. Die Zeltlager und andere Aktionen haben mir immer großen Spaß gemacht. Seitdem fahre ich jedes Jahr mit der KjG ins Zeltlager, und nehme auch an anderen Veranstaltungen teil.“

Magst du kurz beschreiben, was jetzt bei der KjG anders ist?

„Wie bereits gesagt, fahren wir jedes Jahr in den Sommerferien ins Zeltlager. Aber auch außerhalb bieten wir den Kindern zahlreiche Möglichkeiten für Aktivitäten. Im Herbst bieten wir häufig Kürbis schnitzen an, im Winter backen wir Plätzchen oder Ähnliches. Anfang Herbst lassen wir das Zeltlager nochmals Revue passieren, indem wir die Teilnehmer*innen und deren Familien dazu einladen, die Diashow mit den Bildern aus dem Lager anzuschauen. Außerdem beteiligen wir uns oft sozial und unterstützen andere in der Gemeinde.

Zu Corona-Zeiten ist das Ganze allerdings etwas schwieriger, da wir vor allem die Aktionen nicht mehr so ausführen können, wie wir es eigentlich gerne machen würden. Unser Zeltlager konnte 2020 trotzdem stattfinden, allerdings nur aufgrund eines sehr gut ausgearbeiteten Hygienekonzepts und vieler Schutzmaßnahmen. Für uns war es sehr wichtig, den Teilnehmer*innen diese Reise zu ermöglichen.“ 

„Uns fehlen die wöchentlichen Begegnungen in unserem Jugendraum“

Was beschäftigt dich und die anderen Jugendleiter*innen zurzeit am meisten?

„Die momentane Lage ist für niemanden leicht. Für uns alle ist die Zukunft ungewiss. Wir Jugendleiter*innen wissen beispielsweise nicht, ob wir dieses Jahr wieder ein Zeltlager anbieten können oder welche Aktionen möglich sein werden, da wir eben auch noch nicht wissen, wie die Situation zu dem Zeitpunkt sein wird. Uns fehlen die wöchentlichen Begegnungen in unserem Jugendraum und die Treffen mit Freunden, aber wir sind leider alle im gleichen Boot, und halten uns an die Vorschriften. Wir hoffen, dass es bald zu einer Verbesserung der Lage kommt. Im Moment ist erstmal vorrangig, dass nicht so viele Menschen erkranken und gesundheitlich unter der Corona-Pandemie leiden müssen.“

Habt ihr Lösungen für eure Corona-bedingten Herausforderungen gefunden?

„Wir haben uns lange überlegt, wie wir trotz der Corona Pandemie ein attraktives Programm anbieten können. Wie bereits gesagt, haben wir für unser Zeltlager 2020 ein sehr gutes Hygienekonzept ausgearbeitet. Wir haben vor und während des Lagers sehr darauf geachtet, dass dieses Konzept und auch alle Schutzmaßnahmen eingehalten wurden, und haben auch den Kontakt mit Leuten, die nicht für das Zeltlager angemeldet waren, so gut wie möglich vermieden. Andere Aktionen, wie eine Halloween Party beispielsweise, konnten wir leider nicht stattfinden lassen. Allerdings gab es einen Kürbis-Schnitz-Wettbewerb, der online umgesetzt wurde. Jedes Kind konnte ein Bild von seinem geschnitzten Kürbis einreichen und der Gewinner wurde dann auf unserer Instagram Seite gepostet. 

Wir Leiter*innen haben uns mittlerweile gut mit den Corona-Maßnahmen arrangiert. Wir machen bspw. unsere monatlichen Leiter*innenrunden über Zoom. Auch so treffen wir uns häufig online und machen zusammen Spielabende. Auch in unserer WhatsApp Gruppe wird eigentlich täglich geschrieben und einander auf dem Laufenden gehalten.“ 

„Ich kann nachvollziehen, dass es für die meisten Menschen mittlerweile nicht mehr erträglich ist.“

Wie geht es dir sonst so im Alltag, wie erlebst du die Corona-Zeit?

„Für mich ist die aktuelle Situation leider auch nicht so leicht. Ich mache dieses Jahr mein Abitur, und merke stark, dass vor allem die langen Schulschließungen eine ziemliche Herausforderung sind. Einerseits habe ich es anfangs auch genossen, einfach von zu Hause arbeiten zu können, oder auch später aufzustehen. Andererseits ist es doch ziemlich schwierig, sich den Großteil des Stoffes selbst erarbeiten zu müssen. Im zweiten Lockdown war immerhin das Konzept mit den Videokonferenzen besser ausgearbeitet. Den Online-Unterricht kann man trotzdem nicht mit Präsenz-Unterricht vergleichen. Ich bin sehr froh, dass ich zurzeit wieder in die Schule gehen kann, da ich jetzt wieder einen viel routinierteren Alltag habe. Ich genieße es wieder mehr Leute sehen zu können, auch wenn wir uns dort alle an die Hygieneregeln halten müssen. Es fehlen mir auch die ganzen Freizeitaktivitäten, oder auch einfach am Wochenende rauszugehen. Ich bin ein Mensch, der sehr gerne unterwegs ist und auch viele Leute um sich hat. Für kleinere Kinder stelle ich mir die Lage sehr schwierig vor. Ich sehe es bei meiner kleinen Schwester. Für sie ist es nicht leicht, sich den ganzen Tag zu beschäftigen, vor allem bei schlechtem Wetter.

Für mich ist es aber auch Priorität, dass sich alle an die Maßnahmen halten, da es meiner Meinung nach zu keiner Verbesserung kommen wird, wenn sich die Menschen widersetzen. Ich kann nachvollziehen, dass es für die meisten Menschen mittlerweile nicht mehr erträglich ist. Man sollte aber auch bedenken, dass es jedem von uns so geht und wir alle in der gleichen Situation sind. Es ist wichtiger, vor allem die Menschen, die zu den Risikogruppen gehören, durch unser Handeln zu schützen.“

Mit dem Lockdown neue Hobbys entdeckt 

Gibt es neben all den Einschränkungen und Unsicherheiten auch positive Erfahrungen, die du machst?

„Auch wenn ich die Corona-Zeit eher negativ erlebe, habe ich auch gemerkt, dass sich positive Dinge daraus ergeben haben. Ich persönlich habe mehr Zeit mit meiner Familie verbracht und auch angefangen wieder mehr zu lesen. Seit Anfang des ersten Lockdowns mache ich außerdem viel Sport, was sich auch positiv auf mein Wohlbefinden auswirkt. Ich denke auch, dass sich die Situation positiv auf unsere Umwelt auswirkt. Da die Menschen nicht mehr so viel fliegen, wird die Umwelt nicht so stark geschädigt. Und ich habe gehört, dass die Kanäle in Venedig wieder viel klarer geworden sind.

Ich glaube, man sollte trotz der Umstände versuchen, das Beste aus der Situation zu machen. Vielleicht findet man die ein oder andere Sache, die man trotz des Lockdowns neu für sich entdecken kann.“

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Nadine Salihi

Redaktion: Iva Wagner

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