Inklusion
Inklusionspreis für die Wirtschaft – Ein Gewinn für Betrieb und Belegschaft
Eine Tischlerei sucht einen Mitarbeiter mit Vorliebe für Routine und Perfektion. Fündig wird sie bei einem Bewerber mit Asperger-Syndrom – ein Glücksfall, wie sich herausstellt. Unter der Schirmherrschaft des Bundesarbeitsministeriums werden Unternehmen prämiert, die zeigen: Inklusion ist ein Gewinn für alle.
29.11.2017
„Super Typ. Hat richtig was drauf“, kommentiert ein Mitarbeiter die Arbeit des neuen Kollegen. Und auch Piet Hülsmann, Inhaber der Tischlerei „stilfabrik“, freut sich. Er war schon länger auf der Suche nach einer Fachkraft, die sein Team unterstützt. Das Besondere: Der neue Mitarbeiter ist schwerbehindert.
Auch wenn Menschen mit Behinderung nicht immer alle Aufgaben übernehmen können – manche Dinge erledigen sie besser und öfter als ihre Kollegen. In der Tischlerei wurden dafür Arbeitsabläufe geändert – etwa bei der Herstellung des beliebten Wandboards, einer Präzisionsarbeit: „Durch die Organisation kriegen wir das gut in den Griff“, so Hülsmann.
Stärken von Menschen mit Behinderung nutzen
Für das erfolgreiche Eingliederungsprojekt wurde sein Betrieb vergangenen Februar mit dem Inklusionspreis für die Wirtschaft ausgezeichnet. Derzeit läuft die nächste Runde: Mehr als 40 Unternehmen haben sich für den Inklusionspreis 2018 beworben oder sind von Partnern vorgeschlagen worden.
Die Initiatoren des Preises wollen die Vorteile einer Ausbildung oder einer Beschäftigung von Menschen mit Behinderung unterstreichen. Die Botschaft: Ob bei der Suche nach Fachkräften oder dem Wunsch nach Vielfalt im Unternehmen – Inklusion kann einen wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten.
Der Inklusionspreis für die Wirtschaft wird gemeinsam von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, der Bundesagentur für Arbeit, der Charta der Vielfalt und dem UnternehmensForum vergeben. 2018 wird er zum sechsten Mal verliehen – erneut unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Regionale Netzwerke wichtig
Betriebliche Inklusion benötigt regionale Unterstützung. Die „stilfabrik“ etwa hat mit dem einem Team von Integrationsfachleuten der Handwerkskammer zusammengearbeitet. Eine „tolle Begleitung“, bilanziert Hülsmann. Wenn mehr Betriebe davon wüssten, wäre das Interesse sicher größer an Mitarbeitern, „die vielleicht nicht 100 Prozent leisten, aber einen großen Teil dazu beitragen können, dass der Betrieb besser wird“.
Guter Weg, um Fachkräfte zu finden
Auch die Maschinenbaufirma „Bohrma“ aus Fulda profitierte bei ihrer Suche nach einer Fachkraft von Unterstützung aus der Region. Der Verein „Perspektiva“ kümmert sich um Jugendliche mit Handicap. Er wird von örtlichen Unternehmen und mehreren Institutionen getragen. Das Ziel: sie in Arbeit bringen und ihnen eine möglichst eigenständige Lebensperspektive eröffnen.
„Bohrma“, ebenfalls Gewinner des Inklusionspreises, hat auf diesem Wege Fachkräfte gewonnen und fühlt sich auf dem eingeschlagenen Weg voll bestätigt. Wenn man sehe, wie die neuen Mitarbeiter aufblühten, „dann ist das eigentlich schon genug win-win“, so Geschäftsführer Martin Himmelmann.
Arbeitgeber werden finanziell unterstützt
Arbeitgeber, die auf Inklusion setzen, können auf finanzielle Unterstützung setzen. Was bislang in einigen Bundesländern schon möglich war, wird durch das Bundesteilhabegesetz ab 1. Januar 2018 bundesweit eingeführt: Das „Budget für Arbeit“.
Es beträgt bis zu 75 Prozent der Lohnkosten, darüber hinaus werden auch erforderliche Assistenzleistungen finanziert. Mit dem „Budget für Arbeit“ wird Menschen mit Behinderung der Einstieg in den allgemeinen Arbeitsmarkt erleichtert. Anspruchsberechtigt sind Personen, die die Voraussetzungen zur Arbeit in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung erfüllen.
Zudem ist ein konkretes Beschäftigungsangebot auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nötig. Der Antrag kann beim zuständigen Leistungsträger – in der Regel ist dies der Träger der Eingliederungshilfe – eingereicht werden.
Demografischen Wandel im Blick
Die Juroren des Inklusionspreises berücksichtigen darüber hinaus Personalstrategien, die den demografischen Wandel im Blick haben – wie etwa bei der Audi AG oder dem SRH Wald-Klinikum Gera. Beide wurden bei der letzten Preisverleihung für ihre Inklusionsarbeit ausgezeichnet.
Ihr Hauptmotiv: Die Belegschaft bis ins Rentenalter produktiv im Betrieb einsetzen – selbst wenn Mitarbeiter im Laufe des Berufslebens gesundheitliche Einschränkungen erfahren.
Individuelle Lösungen, um Personal zu halten
Doch wie können Menschen mit Behinderung dauerhaft im Betrieb bleiben? Manchmal genügt es, den bisherigen Arbeitsplatz umzugestalten. Alternativ kommt der Einsatz an anderer Stelle in Frage. Mit etwas Kreativität lassen sich individuelle Lösungen finden.
Klar ist, auch dann gibt es nur Gewinner: Mitarbeiter wissen, dass sie weiterhin gebraucht werden, während die Unternehmen länger von ihren qualifizierten Fachkräften profitieren.
Quelle: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung vom 23.11.2017
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