Familienforschung

ifo-Institut: Kinderbetreuung offenbart großes Potenzial

Das ifo Institut untersuchte im Rahmen der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) in Auftrag gegebenen Gesamtevaluation von zentralen ehe- und familienbezogenen Leistungen die Auswirkungen der Kinderbetreuung für Familien.

16.04.2013

Die Förderung der Kinderbetreuung zählt zu den wichtigsten Instrumenten der Familienpolitik, insbesondere die Tagesbetreuung von Kindern unter drei Jahren rückte in den letzten Jahren in den Fokus der politischen und öffentlichen Diskussion.

Das ifo Institut untersuchte im Rahmen der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) in Auftrag gegebenen Gesamtevaluation von zentralen ehe- und familienbezogenen Leistungen die Auswirkungen der Kinderbetreuung für Familien.

Das Ergebnis

Die öffentliche Kinderbetreuung wirkt sich positiv auf die Arbeitsmarktbeteiligung von Müttern und die Realisierung von Kinderwünschen aus. Die Kosten einer staatlich geförderten Kinderbetreuung finanzieren sich dabei größtenteils selbst.

Der Familienökonom Prof. Helmut Rainer, Leiter des ifo-Forschungsbereichs Sozialpolitik und Arbeitsmärkte, und seine Mitarbeiter nahmen die Auswirkungen der staatlich geförderten Kinderbetreuung auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die wirtschaftliche Stabilität und die soziale Teilhabe von Familien sowie auf die Steigerung der Geburtenrate/Erfüllung von Kinderwünschen unter die Lupe. Die Forscher untersuchten anhand von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) aus den Jahren 2000–2009 und Daten der Sondererhebung „Familien in Deutschland“ (FiD) aus dem Jahr 2010 die Folgen für Familien mit unter-dreijährigen, mit drei- bis sechsjährigen und mit übersechsjährigen Kindern.

Öffentlich geförderte Kinderbetreuung wirkt sich positiv auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die wirtschaftliche Stabilität von Familien aus. Zum Beispiel haben Mütter, die ihr jüngstes, unter-dreijähriges Kind betreuen lassen, eine um ca. 35 Prozentpunkte höhere Wahrscheinlichkeit, erwerbstätig zu sein. Sie verdienen dadurch ca. 570 Euro brutto im Monat mehr als Mütter, die ihr Kind nicht betreuen lassen (können). Die höhere Erwerbsbeteiligung von Müttern kommt vor allem dadurch zustande, dass sie aus der Nicht-Erwerbstätigkeit in eine Teilzeitbeschäftigung wechseln. Diese positiven Beschäftigungseffekte schlagen sich in erhöhter wirtschaftlicher Stabilität von Familien nieder.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommen die Wissenschaftler auch bei Müttern, die eine öffentlich geförderte Kinderbetreuung für ihr drei- bis sechsjähriges Kind in Anspruch nehmen, und auch bei Müttern, die Ganztagesbetreuungsangebote für ihr Schulkind nutzen. Ganztagesschulen oder Horte ermöglichen eine Vertiefung der Arbeitsmarktintegration von Müttern mit Kindern im Schulalter. Bereits beschäftigte Mütter weiten ihre Wochenarbeitszeit mit einem solchen Betreuungsplatz um durchschnittlich 3,8 Stunden aus, während sich ihr Erwerbsstatus nicht signifikant verändert. Generell gilt, dass öffentlich geförderte Kinderbetreuungsplätze Müttern die Rückkehr auf den Arbeitsmarkt erleichtern oder ihnen eine Beschäftigung in größerem Umfang ermöglichen. „Ohne ausreichende Kinderbetreuungsmöglichkeiten hingegen haben viele Mütter große Probleme, auf den Arbeitsmarkt zurückzukehren – viele wollen, können aber nicht“, erklärt Prof. Stefan Bauernschuster, einer der Autoren des Forschungsberichts.

Einfluss auf soziale Teilhabe von Familien

Hinsichtlich des Einflusses öffentlich geförderter Kinderbetreuung auf die soziale Teilhabe von Familien lassen sich in allen drei betrachteten Altersstufen keine Hinweise auf robuste Effekte finden. Auf die Realisierung von Kinderwünschen finden die ifo-Wissenschaftler hingegen signifikante positive Effekte der öffentlich geförderten Kinderbetreuung für unter-dreijährige Kinder. So führt den Berechnungen der ifo-Forscher nach ein Ausbau der Betreuungsquoten für unter-dreijährige Kinder um 10 Prozentpunkte zu einem Anstieg der Fertilitätsrate (Anzahl der Geburten pro 1.000 Frauen im gebärfähigen Alter) von etwa 2,4 Prozent im Folgejahr und von etwa 3,5 Prozent zwei Jahre später. „Bei der Entscheidung junger Paare, Kinderwünsche zu realisieren, spielen Kinderbetreuung und die dadurch geschaffene Möglichkeit der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine nicht zu vernachlässigende Rolle“, kommentiert Bauernschuster.

Öffentlich geförderte Kinderbetreuung finanziert sich größtenteils selbst

Darüber hinaus finanziert sich die öffentlich geförderte Kinderbetreuung größtenteils von selbst. Der Staat nimmt durch die erhöhte Erwerbstätigkeit der Mütter mehr Geld in Form von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen ein und kann damit zu einem beträchtlichen Teil die direkten Kosten der Kinderbetreuungssubventionen decken. „Die Selbstfinanzierungsquoten liegen zwischen 40 und 50 Prozent im Krippen- und Kindergartenbereich und zwischen 65 und 100 Prozent im Bereich der Betreuung in Ganztagesschulen – der Ausbau der Kindertagesbetreuung beinhaltet also kostendämpfende Selbstfinanzierungseffekte“, ergänzt Helmut Rainer, Leiter des Bereiches Sozialpolitik und Arbeitsmärkte, stellt aber zugleich abschließend fest: „Weitere Aspekte wie die Auswirkungen auf das Wohlergehen von Kindern müssen bei einer Gesamtbewertung der Leistung Kinderbetreuung berücksichtigt werden.“
Publikationen

Rainer, Helmut, Stefan Bauernschuster, Wolfgang Auer, Natalia Danzer, Mine Hancioglu, Bastian Hartmann, Timo Hener, Christian Holzner, Notburga Ott, Janina Reinkowski und Martin Werding, Kinderbetreuung, ifo Forschungsberichte 59, ifo Institut, 2013 | <link http: www.cesifo-group.de de ifohome publications docbase _blank external-link-new-window external link in new>Details

Rainer, Helmut, Wolfgang Auer, Stefan Bauernschuster, Natalia Danzer, Anita Fichtl, Timo Hener, Christian Holzner, Janina Reinkowski und Martin Werding, "Öffentlich geförderte Kinderbetreuung in Deutschland: Evaluierung der Auswirkungen auf die Arbeitsmarktbeteiligung von Müttern", ifo Schnelldienst 66 (07), 2013, 31-40 | <link http: www.cesifo-group.de de ifohome publications docbase _blank external-link-new-window external link in new>Details

Quelle: ifo Institut vom 15.04.2013

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