Jugendforschung

Ich und meine Schweiz: Die Meinung 17-jähriger Jugendlicher im Fokus einer Befragung

Die Eidgenössische Kommission für Kinder- und Jugendfragen (EKKJ) stellt Ergebnisse einer erstmals durchgeführten nationalen Befragung vor. In den Antworten zeichnet sich das Bild einer interessierten, pragmatischen Generation ab, die keineswegs homogen ist.

26.06.2015

Im Herbst 2015 kann eine neue Generation von Bürgerinnen und Bürgern zum ersten Mal an den eidgenössischen Wahlen teilnehmen. Die EKKJ wollte die Meinung der Jugendlichen ergründen, unabhängig davon, ob sie wahlberechtigt sind oder nicht. Wie denken sie über die wichtigsten sozialpolitischen Herausforderungen? Vertreten sie andere Meinungen als frühere Generationen? Bilden sie eine einheitliche Gruppe? Es zeigt sich eine politisch interessierte und gesellschaftlich engagierte Generation, die Ausbildung und Beruf einen ebenso wichtigen Stellenwert beimisst, wie Partnerschaft, Familie und Freizeit.

Keine Kluft zwischen den Generationen

In vielen Fragen denkt die Mehrheit der Jugendlichen wie frühere Generationen. Bei politischen und gesellschaftlichen Themen gibt es keine Kluft zwischen den Generationen.

Die Jugendlichen sind mit der Schweiz sehr verbunden, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Sie vertrauen den Institutionen (Schule, Bundesrat, Polizei). 91 % unter ihnen sind überzeugt, die Ausbildung absolvieren zu können, die sie sich wünschen.

Pragmatisch und lebensnah wie sie sind, erwarten über 80 % der Jugendlichen, dass man in der Schule auch für das spätere Leben lernt: z. B. den Umgang mit Geld oder Chancen und Risiken der neuen Medien. Sexualkunde in der Primarschule befürworten 59 % der Jugendlichen.

Keine einheitliche Gruppe

Das auf den ersten Blick glatte und einheitliche Bild bestätigt sich bei genauerem Hinsehen nicht in allen Bereichen. Junge Frauen und Männer sind nicht gleicher Meinung, was die Aufteilung der künftigen familiären Aufgaben anbelangt. 29 % der Männer wollen am traditionellen Modell festhalten, das heißt der Mann arbeitet Vollzeit und die Frau kümmert sich um die Kinder und den Haushalt. Nur 15 % der jungen Frauen teilen diese Ansicht. Die jungen Frauen hingegen befürworten die Teilzeitarbeit für Frauen und Männer. Diesen Unterschieden gilt es im Hinblick auf eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und den Fachkräftemangel Rechnung zu tragen.

Bei vielen Themen (z. B. EU-Beitritt oder Ausländerfrage) ist der Röstigraben verschwunden. Die in den verschiedenen Sprachregionen der Schweiz traditionell unterschiedliche Haltung zu politischen Fragen nimmt ab. Jedoch sind die Tessiner Jugendlichen in einigen Punkten anderer Meinung, als ihre Altersgenossen in den anderen Landesteilen. Sie betrachten die Arbeitslosigkeit klar als wichtigstes Problem der Schweiz. Bei den deutsch- und französischsprachigen Jugendlichen sind es die Themen Migration und Asyl. 37 % der Tessiner Jugendlichen sprechen sich zudem dafür aus, der einheimischen Bevölkerung bessere Chancen einzuräumen als der ausländischen.

Zwiespältiges Verhältnis zu Europa, gemäßigt gegenüber der ausländischen Bevölkerung

In einem EU-Land leben und arbeiten, ja gern. EU-Beitritt, nein danke! 77  % der 17-Jährigen sind gegen einen EU-Beitritt, 62 % finden aber die Personenfreizügigkeit eine gute Sache für die Schweiz.

In Bezug auf die ausländische Bevölkerung vertreten die Jugendlichen eine gemäßigte Meinung und bringen das Einwanderungsthema weniger oft mit Kriminalität in Verbindung als der Rest der Bevölkerung. Die Jugendlichen sind jedoch in Bezug auf die Chancengleichheit zwischen der Schweizer und der ausländischen Bevölkerung geteilter Meinung. Hier zeigen sich klare Unterschiede zwischen Sprachregionen, Geschlecht und Nationalität.

An Politik interessiert und offen für einen Dienst an der Allgemeinheit

Entgegen der verbreiteten Meinung, Jugendliche würden sich nicht für Politik interessieren, gaben 50 % der Jugendlichen an, sich für Politik zu interessieren, und für 74 % der Befragten gehören Diskussionen zu aktuellen politischen Themen in den Schulunterricht. Während die Herabsetzung des Stimm- und Wahlrechtsalters auf 16 oder 17 Jahre kaum Zustimmung erhält, wollen zwei Drittel der Schweizer Jugendlichen an den Wahlen im Herbst teilnehmen.

Ausbildung, Beruf, Partnerschaft, Familie und Freizeit haben bei den 17-Jährigen einen hohen Stellenwert, dennoch sind sie einem gesellschaftlichen Engagement gegenüber offen. Die heutige Wehrpflicht wird nicht in Frage gestellt. 50 % der Befragten könnten sich vorstellen, anstatt des Wehrdienstes einen Dienst an der Allgemeinheit zu verrichten, bei dem sie sich in den Bereichen Landesverteidigung, Gesundheit, Soziales oder Umwelt engagieren können.

Den Jugendlichen eine Stimme geben

Die EKKJ will mit der Studie politische Akteure und Öffentlichkeit für die Anliegen der jungen Menschen sensibilisieren und den Jugendlichen eine Stimme geben. Die Befragung wurde von einem Forscherteam der Universität Bern in Kooperation mit dem Lausanner Wirtschafts- und Sozialforschungsinstitut M.I.S. Trend durchgeführt. Von den 2990 kontaktierten Jugendlichen haben 1990 den Fragebogen ausgefüllt. Diese Rücklaufquote von 66 % ist außergewöhnlich hoch für eine Meinungsumfrage und garantiert eine sehr gute Repräsentativität der Ergebnisse. Der Forschungsbericht sowie eine Broschüre mit zusammenfassenden Ergebnissen können auf der <link http: www.ekkj.admin.ch _blank external-link-new-window der>Webseite der EKKJ abgerufen werden.

Quelle: Eidgenössische Kommission für Kinder- und Jugendfragen vom 22.06.2015

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