Digitalisierung und Medien
Handy-Nutzung beeinflusst Produktivität am Arbeitsplatz
Wie sehr lenkt das Smartphone ab? Dieser Frage ist eine gemeinsame Studie der Universität Ulm und der University of London nachgegangen. Sie zeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen häufiger Ablenkung durch das Smartphone und einer verminderten Produktivität und Effizienz besteht.
24.08.2017
Bei der Arbeit nebenbei einen Facebook-Kommentar absetzen, abends auf der Couch noch schnell E-Mails checken und sich morgens vom Smartphone mit der aktuellen Wetterübersicht wecken lassen. Das Mobiltelefon ist inzwischen immer und überall dabei und hat unser Leben grundlegend verändert. Welche Auswirkungen die Smartphone-Nutzung auf die gesamte Produktivität während eines Arbeitstages hat, hat nun der Psychologe Professor Christian Montag von der Universität Ulm untersucht.
Zusammenhang zwischen Ablenkung durch das Smartphone und verminderter Effizienz
Prof. Christian Montag, der Leiter der Abteilung Molekulare Psychologie des Instituts für Psychologie und Pädagogik, hat zusammen mit Éilish Duke von der University of London herausgefunden, dass es einen Zusammenhang zwischen häufiger Ablenkung durch das Smartphone und einer verminderten Produktivität und Effizienz bei der Arbeit besteht. Für die Untersuchung, die in der Fachzeitschrift „Addictive Behaviors Reports“ erschienen ist, haben die Autoren die Smartphone-Nutzung von 262 Studienteilnehmern, darunter 168 Frauen und 94 Männer, mittels eines Fragebogens erhoben, den die Teilnehmer selbst ausfüllen mussten. Die Auswahl-Kriterien für die Befragten waren: erwerbstätig und Besitzer eines Smartphones.
Smartphone-Abhängigkeit führt zu geringerer Produktivität
Für ihre Studie kombinierten Montag und Duke Fragen zweier unterschiedlicher Fragebögen zur Smartphone-Abhängigkeit und zur Beeinträchtigung der Arbeitsproduktivität und -aktivität („Smartphone Addiction Scale“ und „Work Productivity and Activity Impairment Questionaire“). Anhand der neuen Fragenkombination konnten die Wissenschaftler feststellten, dass bei „abhängigkeitsgefährdeten“ Studienteilnehmern auch negative Auswirkungen auf die gesamte Tagesleistung nachzuweisen waren. „Wie erwartet haben wir festgestellt, dass Personen, die eine höhere Affinität zur Smartphone-Übernutzung berichten, weniger produktiv sind“, beschreibt Montag den Zusammenhang der verschiedenen Variablen. Um diesen Zusammenhang zu verstehen, waren die täglichen Unterbrechungen beziehungsweise die verlorenen Arbeitsstunden durch das Gerät entscheidend. Die längste Periode ohne Arbeitsunterbrechung durch das Handy lag laut der aktuellen Studie im Durchschnitt bei fast zweieinhalb Stunden.
Intensive Nutzung von Smartphones in der Freizeit
Dass das Smartphone auch in der Freizeit intensiv genutzt wird, konnte die Studie ebenfalls nachweisen. Rund 13 Stunden in der Woche, so die Angaben der Befragten, würden sie das Smartphone für Freizeitaktivitäten, wie zum Beispiel für Spiele, nutzen. Die Wissenschaftler gehen aber, wie von Professor Christian Montag bereits in einer früheren Studie festgestellt worden ist, von einer weitaus höheren Nutzungsdauer aus. Rund 160 Minuten Handy-Nutzung am Tag summieren sich nach dieser Untersuchung auf rund 19 Stunden wöchentlich. Der Grund: viele User würden aufgrund der Routine und des Automatismus die Zeit, die sie tatsächlich am Smartphone verbringen, einfach unterschätzen.
Griff zum Smartphone um Stress zu kompensieren
Warum aber nun wenden sich Menschen auch während der Arbeit so oft ihrem Smartphone zu und nehmen mangelnde Konzentration und damit eine niedrige Produktivität in Kauf? Die jetzt veröffentlichte Untersuchung von Montag und Duke legt den Schluss nahe, dass Nutzer nicht nur zum Smartphone greifen, wenn sie sich unwohl fühlen oder sich nicht in der Lage sehen, effizient zu arbeiten. Sondern sie versuchen so auch möglicherweise Stress und Überforderung zu kompensieren. „In diese Richtung sind weitere Untersuchungen nötig. Erst dann können wir sagen, warum der Mensch in manchen beruflichen Situationen überhaupt zum Smartphone greift – sei es, ob er via WhatsApp Unterstützung von Freunden sucht oder mit Videos und Spielen komplett der Realität entfliehen möchte“, schlussfolgert Christian Montag.
Quellle: Universität Ulm vom 22.08.2017
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