Inklusion
Gewerkschaften zu zehn Jahren UN-Behindertenrechtskonvention: „Stillstand statt Weiterentwicklung“

Die Bilanz des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nach zehn Jahren Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) in der Bildung fällt ernüchternd aus. „Zwar haben einige Bundesländer Anstrengungen unternommen, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Unter dem Strich ist die UN-BRK im Bildungsbereich aber zu zögerlich und ohne großen Elan umgesetzt worden. Aktuell erleben wir Stillstand und in einigen Ländern sogar einen Rückwärtsgang statt Weiterentwicklung“, sagte Ilka Hoffmann, GEW-Vorstandsmitglied für Schule.
26.03.2019
Die stellvertretende DGB-Chefin Elke Hannack kritisierte: „Weil den Schulen Personal fehlt, bleibt die individuelle Förderung von Kindern und Jugendlichen oft auf der Strecke. So produziert unser Bildungssystem weiter unnötig Bildungsverlierer.“ Auch Kinder früh auf Förderschulen zu schicken, hält Hannack für schädlich. „Das gemeinsame Lernen von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderung ist ein Menschenrecht und eine Voraussetzung für eine solidarische Gemeinschaft.“ Der DGB fordert eine gute Schule für alle, denn „nur so kann vermieden werden, dass Menschen aufgrund ihrer Individualität ausgegrenzt und vor Sonderwege gestellt werden“, so Hannack.
Strukturveränderungen in allen Bundesländern nötig
Auch Hoffmann machte deutlich, dass es zu wenig Bereitschaft gebe, mehr Geld zu investieren und in allen Bundesländern Strukturveränderungen anzupacken. Perspektivisch müssten die Sondereinrichtungen für Menschen mit Behinderungen überwunden werden. In manchen Bundesländern seien selbst zögerliche Ansätze, die UN-BRK umzusetzen, nach Regierungswechseln wieder zurückgenommen worden. „In Nordrhein-Westfalen, Niedersachen und Baden-Württemberg wird jetzt sogar der Rückwärtsgang eingelegt. Das ist zum zehnjährigen Jubiläum der UN-BRK ein Armutszeugnis“, hob Hoffmann hervor.
Neuen Schwung für die Umsetzung der UN-BRK gefodert
Hannack und Hoffmann forderten neuen Schwung für die Umsetzung der UN-BRK: „Die Politik muss endlich einen tragfähigen Zeit- und Aktionsplan vorlegen. Menschen mit Behinderung haben ein Recht darauf, alle allgemeinen Bildungsangebote zu nutzen“, unterstrich Hoffmann „Es darf nicht sein, dass ein so reiches Land wie Deutschland nicht in der Lage ist, eine Menschenrechtskonvention umzusetzen und die notwendigen Gelder dafür bereitzustellen.“ Die UN-BRK gelte auch für die berufliche Bildung und die Arbeitswelt. Angesichts der aktuellen Reform des Berufsbildungsgesetzes müsse die Berufsbildung in Richtung Inklusion geöffnet werden.
Als „beschämend“ bezeichnete Hoffmann den Stellenwert, der der Inklusion im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD beigemessen worden ist. „In dem Papier findet sich viel zum Thema Digitalisierung und sehr wenig zur Inklusion. Es wird so getan, als könne man die Inklusion mit den digitalen Medien mitumsetzen. Das wird aber nicht funktionieren: Bund und Länder müssen viel mehr tun“, betonte die GEW-Schulexpertin. „Nur mit einer gemeinsamen Anstrengung von Bund und Ländern können die Qualität und damit die Akzeptanz der Inklusion vor Ort verbessert werden. Offenbar fehlt dafür aber der gemeinsame politische Wille.“
Die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen ist in Deutschland am 26. März 2009 in Kraft getreten.
Weitere Informationen finden sich in der Berichterstattung auf dem Fachkräfteportal.
Quelle: Deutscher Gewerkschaftsbundes (DGB) und Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) vom 25.03.2019
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