Corona-Pandemie
Geflüchtete werden weltweit von COVID-19-Impfungen ausgeschlossen
Geflüchtete Menschen stehen in der weltweiten Impfhierarchie weit unten auf der Liste, obwohl sie einem vergleichsweise hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Bei einer Umfrage der internationalen Kinderhilfsorganisation World Vision zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni gab nur einer von 2.000 Geflüchteten an, gegen Covid-19 geimpft worden zu sein. Die Organisation hat in acht Ländern die Situation von Familien mit Fluchtgeschichte untersucht. Zum Teil würden Geflüchtete von Impfkampagnen ausgeschlossen.
29.06.2021
Als Hauptgrund für die katastrophale Situation sieht World Vision den extrem begrenzten Zugang zu Impfstoffen in ärmeren Ländern allgemein an. Die Aufnahmeländer seien wirtschaftlich schwach und stünden unter dem Druck, auch ihre eigene Bevölkerung schützen zu müssen. Geflüchtete stehen deshalb in der Impfreihenfolge ganz unten auf der Liste.
World-Vision-Report: Aufnahmeländer brauchen dringend mehr Impfstoff
Bisher wurden global 1,3 Milliarden Impfdosen produziert. 75% davon gingen an reiche Länder, und nur beschämende 0,3 % gingen an arme Länder.
Die meisten Geflüchteten, etwa 40 Millionen, leben aber in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen. Verschärft wird ihre Situation noch zusätzlich dadurch, dass Geflüchtete meist in beengten Wohnverhältnissen leben, keinen oder kaum Zugang zu medizinischer Versorgung haben und sich oft nicht mal eine Schutzmaske leisten können.
Marwin Meier, Gesundheitsexperte von World Vision: „Es ist ein moralischer Skandal, dass gerade die, die am meisten von COVID-19 betroffen sind, weiterhin den geringsten Zugang zu Impfstoffen haben - und viele, die die Macht haben, dies zu ändern, schauen nur zu.“
Die G7 haben nach dem G7-Gipfel im Juni verkündet, etwa 1 Milliarde der nichtbenötigten Impfdosen bis Ende 2022 an ärmere Länder weiterzugeben. Angesichts des weltweiten Bedarfs von etwa 11 Milliarden, eher ein Tropfen auf den heißen Stein. World Vision fordert die Regierungen der Geberländer auf, dafür zu sorgen, dass diese Zusage schneller Wirklichkeit wird, und den gleichberechtigten Zugang zu Impfstoffen für gewaltsam vertriebene Menschen politisch zu gewährleisten.
Darüber hinaus fordert World Vision die Aufnahmeländer auf, die Geflüchteten gleichberechtigt mit ihren eigenen Bürgern in ihre Impfkampagnen sowie in Präventionsmaßnahmen und soziale Schutzinitiativen einzubeziehen.
Marwin Meier: „Die verletzlichsten Kinder der Welt - die gezwungen wurden, aus ihren Häusern zu fliehen, die mit Menschen zusammengesperrt wurden, die sie missbrauchen, die aus der Schule gerissen, zur Arbeit gezwungen oder in eine frühe Ehe gedrängt wurden, um ihr Überleben zu sichern - brauchen jetzt unsere Hilfe. Die Zahlen in unserem Report sind ein deutliches Zeichen dafür.“
Hintergrund zum Report „High Risk – Low Priority“
Diese Umfrage wurde zwischen dem 25. April und 9. Mai 2021 in acht Ländern durchgeführt - Brasilien, Kolumbien, der Demokratischen Republik Kongo, Jordanien, Peru, der Türkei, Uganda und Venezuela. In Brasilien, Kolumbien und Peru befragte World Vision venezolanische Flüchtlinge, in Jordanien und der Türkei syrische Flüchtlinge, in der Demokratischen Republik Kongo Flüchtlinge aus der Zentralafrikanischen Republik und in Uganda südsudanesische Flüchtlinge. In Venezuela befragte World Vision venezolanische Binnenflüchtlinge. Es ging in der Befragung sowohl um Impfungen als auch um Folgen der COVID-Pandemie für den eigenen Haushalt.
Ergebnisse
- Nur eine Person von 1.914 befragten Personen hatte einen COVID-19-Impfstoff erhalten.
- 68% hatten noch nicht einmal von den Plänen für Impfungen in ihrem Umfeld gehört. Fast die Hälfte (47%) dachte, sie sei nicht anspruchsberechtigt oder wusste nicht, dass sie es ist.
- Vertriebene in allen befragten Kontexten haben seit Beginn der Pandemie Fremdenfeindlichkeit, Hassreden und sowohl physische als auch emotionale Angriffe erlebt.
- 72% der Befragten gaben an, dass ihr Einkommen seit Beginn der Pandemie gesunken ist, 40% sagten, dass sie ihren Arbeitsplatz verloren haben und 77% sagten, dass sie ihren Nahrungsmittelbedarf nicht decken können.
Der Report steht zum Download bereit.
Quelle: World Vision vom 16.06.2021
Termine zum Thema
-
04.06.2024
Runder Tisch – Folgen der Pandemie für unsere Jugend
-
10.06.2024
Inside JUGEND PRÄGT – Impulse für deine pädagogische Arbeit
-
27.06.2024
INTERKULTURELLES KONFLIKTMANAGEMENT IN DER JUGENDSOZIALARBEIT
-
18.09.2024
kreativ_transformativ – Qualifizierung für eine Kulturelle Bildung mit globaler und nachhaltiger Perspektive 2024/2025
-
18.11.2024
Angebote nach § 42 SGB VIII – Kollegialer Austausch Beratung von und für Mitarbeiter*innen des Kinder- und Jugendnotdienstes sowie von Inobhutnahme Einrichtungen
Materialien zum Thema
-
Broschüre
Kinder- und Jugendhilfe in der Krise Zur Frage der Rechtmäßigkeit pauschaler Standardabsenkung bei (vorläufiger) Inobhutnahme und Hilfegewährung für geflüchtete unbegleitete Minderjährige
-
Zeitschrift / Periodikum
das baugerüst 1/24: Kinder- und Jugendarmut
-
Broschüre
Policy Brief 2024 Kindergrundsicherung: Weichen jetzt richtig stellen!
-
Broschüre
Diagnostisches Fallverstehen – Psychosoziale Arbeit mit jungen geflüchteten Menschen
-
Broschüre
Increased Uncertainty: Child protection in the era of COVID-19. Early discussions and empirical findings from Germany.
Projekte zum Thema
-
Zukunftswerkstatt Rückenwind e. V.
Fugee Angels
-
Türkische Gemeinde in Baden-Württemberg e. V.
Fugees-Akademie
-
Philipps-Universität Marburg
Corona-Befragung für Familien
-
Diakonie Wuppertal – Soziale Teilhabe gGmbH
„Do it! - Transfer Bund“
-
Beyond A Single Story – Instagram-Kanal zur Sensibilisierung für Migrationsgesellschaft in der Kinder-und Jugendhilfe
Institutionen zum Thema
-
Oberste Landesjugendbehörde
Ministerium für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstsein
-
Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe
Jugendmigrationsdienst Nürnberger Land Internationaler Bund e.V.
-
Sonstige
Gesundheit Berlin-Brandenburg e. V.
-
Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe
Kompetenz Jugendhilfe gGmbH
-
Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe
Babylon Kinder- und Jugendhilfe