Digitalisierung und Medien
Frühkindliche Bildung: Besser lesen mit einer Lesetraining-App
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Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der pädagogischen Psychologie und der Medieninformatik der Universität Würzburg kooperieren in einem neuen Projekt, dessen Ziel es ist, eine mobile App zur evidenzbasierten Leseförderung zu entwickeln.
06.04.2020
„Jedes fünfte Kind kann nicht richtig lesen“: Diese Schlagzeile ging im vergangenen Jahr deutschlandweit durch die Medien. Auslöser dieses Alarmrufs waren der Ergebnisse der jüngsten Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung – kurz IGLU, einer Studie, die das Lesevermögen von Schülerinnen und Schülern der 4. Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich testet. Demnach können 18,9 Prozent – also fast ein Fünftel – der Viertklässler in Deutschland nicht richtig lesen. Sie tun sich noch am Ende der Grundschulzeit sehr schwer damit, schriftliche Text zu verstehen.
Schwierigkeiten in der Worterkennung
Über die Ursachen dafür herrscht in der Wissenschaft weitestgehend Einigkeit: „Ein wesentlicher Faktor für schwache Leseleistungen im Grundschulalter sind Schwierigkeiten in der Worterkennung. Die betroffenen Schülerinnen und Schüler müssen sich Wörter mühsam und fehleranfällig Buchstabe für Buchstabe erarbeiten, anstatt sie als Ganzes zu erkennen“, sagt Professor Tobias Richter, Inhaber des Lehrstuhls für Psychologie IV – Pädagogische Psychologie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU).
Damit sich diese Defizite nicht verfestigen und die Leseentwicklung nachhaltig behindern, bedarf es nach Richters Worten „wirksamer und leicht zugänglicher Interventionen“. Schließlich würden diese Schwierigkeiten den weiteren Bildungsverlauf in entscheidendem Maße beeinflussen, mit negativen individuellen, gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Konsequenzen.
660.000 Euro vom Bund
Eine solche Intervention will Richter in den kommenden drei Jahren gemeinsam mit Kolleginnen der JMU entwickeln: eine mobile App, die ein wissenschaftlich fundiertes digitalisiertes Lesetraining beinhaltet. Daran beteiligt sind Dr. Bettina Müller, die an Richters Lehrstuhl forscht, sowie die Medieninformatikerin Birgit Lugrin, Professorin am Lehrstuhl für Mensch-Computer-Interaktion. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert das Projekt mit ca. 660.000 Euro. Sein Name: MobiLe3 – Mobile Leseförderung für Grundschulkinder.
„Die App soll flexibel, einfach und überall anzuwenden sein“, verspricht Professorin Birgit Lugrin. Ihre Konzeption beruht auf einem bereits umfassend evaluierten Lesetraining für leseschwache Schülerinnen und Schüler der zweiten Klassen, das sich auf die Worterkennung konzentriert und dabei die Silbe als zentrale Einheit nutzt. „Die Kinder sollen lernen, Wörter auf Basis der darin enthaltenen Silben statt buchstabenweise einzulesen“, erklärt Dr. Bettina Müller. Das wirke sich positiv auf die Geschwindigkeit der Worterkennung und indirekt auch auf das Leseverständnis aus.
Für die Schule und Zuhause
Die App berücksichtigt den State-of-the-Art der psychologischen Leseforschung und ermöglicht ein individuell an den jeweiligen Leistungsstand des Kindes angepasstes Training. Darüber hinaus soll sie viele spielerische Elemente enthalten. Auf diese Weise bietet sie „eine motivational ansprechende Form der individuellen Leseförderung, die in der Schule und zu Hause eingesetzt werden kann“, so das Entwicklerteam. Die Wirksamkeit der App soll in umfangreichen Evaluationsstudien erprobt werden.
Bis die App erhältlich ist, wird es daher noch ein wenig dauern: „Wir rechnen damit, dass die App in etwa drei Jahren zur Anwendung bereitstehen wird“, sagt Tobias Richter.
Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg vom 04.03.2020
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