Kinder- und Jugendschutz
Fachverbände: Mediennutzung von Jugendlichen ist keine Krankheit
Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen und die Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz e.V. äußern sich besorgt über die aktuelle Diskussion „internetbezogene Störungen“ zu einem Krankheitsbild zu machen und warnen vor einer Stigmatisierung der betroffenen jungen Menschen – insbesondere vor dem Hintergrund fehlender fundierter Forschungsergebnisse.
23.08.2018
Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) als Dachorganisation der Suchthilfeverbände in Deutschland und die Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz e.V. (BAJ) finden es problematisch, dass in Deutschland darüber diskutiert wird, „internetbezogene Störungen“ zu einem Krankheitsbild zu machen. Bedenken haben sie vor allem angesichts der schmalen wissenschaftlichen Basis.
Prävention und Frühintervention für die Bewältigung von Risiken
DHS und BAJ beschäftigen sich seit Jahren in ihren Arbeitszusammenhängen mit den Problemen, die nicht nur junge Menschen mit exzessivem Medienkonsum haben können. In manchen Fällen kommt es zu selbstschädigendem und suchtähnlichem Verhalten, das ohne Zweifel behandlungsbedürftig ist.
Aber nach den jahrzehntelangen Erfahrungen der Verbände mit der Vermittlung von Medienkompetenz im Rahmen des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes weisen sie auf den Stellenwert von Prävention und Frühintervention für die Bewältigung der Risiken bei der Nutzung digitaler Medien hin. Dies ist eine wichtige Aufgabe von Bildung und Erziehung und umfasst auch das Risiko einer exzessiven Nutzung digitaler Kommunikations- und Unterhaltungsmedien. Dazu gibt es bereits vielfältige medienpädagogische Angebote für junge Menschen und deren Eltern.
Fachverbände befürchten Stigmatisierung
Die Fachverbände befürchten, dass durch eine Diagnose „internetbezogene Störungen“ Kinder und Jugendliche stigmatisiert und ihr Verhalten pathologisiert werden könnten. Die Nutzung digitaler Medien ist heute Teil der Lebenswelt junger Menschen und jugendkultureller Strömungen, die teils von Erwachsenen nicht richtig gedeutet werden. Auch ist der technische Wandel einer rasanten Entwicklung unterworfen, die heute unabsehbar ist.
Dringender Nachholbedarf in der Forschung
Weder national noch international gibt es bislang ausreichende Forschungsergebnisse, die eine fundierte Einschätzung der Diagnose internetbezogener Störungen ermöglichen. Hier besteht dringender Nachholbedarf. Das betrifft auch wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse hinsichtlich der Wirksamkeit präventiver medienpädagogischer Angebote.
Deshalb haben sich DHS und BAJ in einem Brief an die zuständigen Bundesministerien gewandt mit der Forderung, dass die Vermittlung von Medienkompetenz als wichtigem Präventionsfaktor stärker gefördert, die Stigmatisierung junger Menschen wegen exzessiver Mediennutzung verhindert und die Forschung zu „internetbezogene Störungen“, ihren Auslösern und Ursachen, der Prävention wie der Behandlung intensiviert werden sollten.
Quelle: Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz e.V. vom 16.08.2018
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