Krieg gegen die Ukraine

Bund und Länder verurteilen Angriff auf das Schärfste

Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder haben in ihrer Sitzung am 17. März 2022 einen Beschluss gefasst, der den Angriffskrieg auf die Ukraine aufs Schärfste verurteilt. Wir stellen den Beschlusstext in Auszügen vor.

23.03.2022

Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder verurteilen den Angriffskrieg des russischen Präsidenten Putin gegen die Ukraine auf das Schärfste. Er ist ein eklatanter Bruch des Völkerrechts und ein Angriff auf die europäische Friedensordnung sowie auf Freiheit und Demokratie. Die Ukraine hat das unverbrüchliche Recht, ein freies, demokratisches und selbstbestimmtes Land zu sein. Deshalb steht die überwältigende Mehrheit der Staatengemeinschaft solidarisch an der Seite der Ukraine.

Der russische Präsident verantwortet Leid und Tod unzähliger Menschen. Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder fordern Präsident Putin und die Russische Föderation auf, sofort jegliche Angriffshandlungen einzustellen und die russische Armee aus der Ukraine zurückzuziehen. Sie verurteilen die fortgesetzten Angriffe auf die ukrainische Zivilbevölkerung und erwarten von Russland, unverzüglich ernsthafte Gespräche über den Schutz von Zivilisten aufzunehmen. Sie sind in Gedanken bei den Betroffenen und drücken ihre uneingeschränkte Solidarität aus. Die Demokratiebewegung in Russland hat ihre volle Unterstützung und verdient großen Respekt.

Verurteilung der gezielten Verbreitung von Fake-News

Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder verurteilen gezielt verbreitete Desinformationen der russischen Regierung. Sie bitten die russischsprachigen Menschen in Deutschland, sich umfassend in den verschiedenen nationalen und internationalen Medien zu informieren. Niemand sollte der Desinformationskampagne der russischen Staatsmedien mit ihren zynischen und verharmlosenden Darstellungen Glauben schenken. Während aus der Ukraine eine breite und vielfältige Berichterstattung erfolgt, wird in Russland die Pressefreiheit massiv eingeschränkt. Journalistinnen und Journalisten werden in Russland verfolgt. Der Mut russischer Journalistinnen und Journalisten und vieler Bürgerinnen und Bürger, offen und im Wissen um die für sie gefährlichen Folgen auf den Straßen und in den sozialen Medien gegen das Regime Putin zu demonstrieren, ist bewundernswert. Alle Menschen in Russland haben das Recht zu erfahren, was in der Ukraine wirklich geschieht.

Rassistische Straftaten müssen verfolgt werden

Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder betonen in aller Deutlichkeit, dass es keinerlei Rechtfertigung dafür gibt, Mitbürgerinnen oder Mitbürger, die aus Russland stammen oder Russisch sprechen, zu beschuldigen, zu beleidigen oder gar körperlich anzugreifen. Jede Straftat muss konsequent verfolgt werden. Das staatliche Sicherheits­versprechen gilt unterschiedslos für alle Menschen in Deutschland. Wir sind eine friedliebende Gesellschaft und werden es bleiben.

Zuflucht für Frauen und Kinder zügig ermöglichen

Vor den andauernden Bombardierungen und der systematischen Zerstörung ihrer Heimat durch russische Streitkräfte befinden sich aktuell Millionen von Menschen auf der Flucht. Die meisten sind Frauen und Kinder. Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sind sich einig, dass ihnen schnell und möglichst unbürokratisch Zuflucht und Unterstützung gewährt werden muss. Dies geschieht in den unmittelbaren Nachbarstaaten, in Deutschland und anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die Länder begrüßen die große Aufnahmebereitschaft der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Sie bitten den Bund, sich in der Internationalen Staatengemeinschaft darüber hinaus für eine Unterbringung in anderen Staaten einzusetzen. Die Betroffenen sollen Schutz, Geborgenheit und zumindest temporär eine neue Heimat finden.

Die meisten Geflüchteten aus der Ukraine können sich frei in der Europäischen Union bewegen, da sie für 90 Tage visumfrei in die EU einreisen können. Viele Ankommende haben Verwandte oder Freundinnen und Freunde, die sie mit großer Solidarität und Hilfsbereitschaft empfangen und aufnehmen.

Dank an ehrenamtliches Engagement ausgesprochen

Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sprechen ihren allergrößten Dank an die vielen ehren- und hauptamtlichen Helfenden für ihren unermüdlichen Einsatz aus. Die Zivilgesellschaft zeigt eine überwältigende Kultur der Hilfsbereitschaft und Solidarität auch bei der Unterbringung. Zusammen mit Bund und Ländern lindern sie das Leid der in Deutschland ankommenden Geflüchteten und leisten im wahrsten Sinne des Wortes Überlebenshilfe. Sie bilden herausragende Beispiele einer lebendigen Zivilgesellschaft. Dank gebührt auch den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hilfsorganisationen, der Behörden vor Ort, der Deutschen Bahn, sowie den Rettungskräften, die in unermüdlichem Einsatz menschenwürdige Bedingungen schaffen, um den vielen Ankommenden aus der Ukraine Schutz zu bieten und Hilfe zu leisten. Dank gilt ebenso den Polizeien von Bund und Ländern sowie den Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen des Technischen Hilfswerks für ihre Unterstützung im Bereich Logistik, Notunterkünfte und Fachberatung.

Aufnahme und Integration müssen unkompliziert gestaltet werden

Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder halten es für unerlässlich, die Ankommenden rasch und unkompliziert zu registrieren. Bund und Länder werden die Registrierung derjenigen, die in Deutschland bleiben, im Ausländerzentralregister sicherstellen; der Bund unterstützt bei der Registrierung personell und materiell (insbesondere Bereitstellung von Personalisierungsinfrastrukturkomponenten, PIK). Sie werden gemeinsam daran arbeiten, die Registrierungsverfahren zu beschleunigen. Bund und Länder stehen mit den Kommunen in einer Verantwortungsgemeinschaft. Der zielgerichtete und effektive Schutz derjenigen, die vor dem russischen Angriffskrieg aus der Ukraine flüchten, setzt zugleich voraus, dass der Bund in enger Abstimmung mit den europäischen Partnern Vorkehrungen trifft, um ein missbräuchliches Ausnutzen der aktuellen Krisensituation durch andere zu verhindern.

Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sind sich einig, dass der Bund und die Länder alle ihre zur Verfügung stehenden Kräfte bündeln, um den Geflüchteten die notwendige Hilfe zu bieten und sie von Anfang an und auf allen Ebenen gut zu integrieren. Aus diesem Grund werden die bestehenden Integrationsmaßnahmen (beispielsweise Integrations- und berufsbezogene Deutschsprachkurse) für sie geöffnet. Ein zentrales Erfolgskriterium bei der Arbeitsmarktintegration ist der zeitnahe Zugang der Geflüchteten zu kostenfreien Sprachkursen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Der Bund gewährleistet diesen.

Programme für Spracherwerb, Kinderbetreuung und Beratung

Aufgrund des einstimmigen Beschlusses des Rates der Europäischen Union vom 4. März 2022 zur Gewährung des Schutzes in der Europäischen Union infolge des bewaffneten Konflikts in der Ukraine erhalten die fliehenden Menschen aus der Ukraine unkompliziert eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland. Diese Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) ermöglicht es den Vertriebenen aus der Ukraine, unmittelbar eine Arbeit in Deutschland aufzunehmen; die Ausländerbehörden erlauben entsprechend dem Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern und für Heimat bei Erteilung der Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit ausdrücklich. Die Agenturen für Arbeit sollen beraten, vermitteln und weitere Leistungen der aktiven Arbeitsförderung bieten. Der Bund passt die vielfältigen Programme und Angebote an, die sich mit Spracherwerb, Aufnahme von Erwerbsarbeit, Kinderbetreuung und Beratung von Geflüchteten und ihren Familien beschäftigen. Die bestehenden Angebote werden auf einem zentralen Hilfeportal „Germany 4 Ukraine zusammenfasst – auch in ukrainischer und russischer Sprache. Bund und Länder werden ihre Maßnahmen abstimmen und wenn nötig an zukünftige Herausforderungen anpassen.

Zugang zu Kinderbetreuung, Schule und psychologischer Begleitung

Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder begrüßen die Anstrengungen der Kultusministerkonferenz, ukrainische Kinder und Jugendliche schnell in die Schulen und Hochschulen aufzunehmen und die schulpsychologische Beratung und Begleitung sicherzustellen. Auch der Zugang der Kinder zu Kindertagesbetreuungsangeboten soll zügig ermöglicht werden. Auch hier werden die Länder alle Anstrengungen unternehmen, um Kindern Bildungschancen zu eröffnen und den Erwachsenen eine zuverlässige Betreuung ihrer Kinder und den Besuch von Integrationskursen zu ermöglichen.

Schutz und zentrale Anlaufstelle für Waisenkinder sowie unbegleitet und begleitet Geflüchtete

Die Versorgung und der Schutz für Waisenkinder und ihre Betreuerinnen und Betreuer sowie unbegleitete und begleitete Minderjährige wird sichergestellt. Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder halten es für erforderlich, dass eine Koordinierung auf Bundesebene durch eine zentrale Anlaufstelle erfolgt, um den eingehenden Nachfragen zur Aufnahme und Versorgung von Kindern und Jugendlichen aus Waisenhäusern etc. zum Wohle der jungen Menschen nachkommen zu können. Sie erwarten darüber hinaus auch hier eine Finanzierungszusage durch den Bund. Für die Unterbringung, Versorgung und Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen halten es die Länder für notwendig, beschleunigte mit Übergangsfristen versehene Verteil­verfahren in Anwendung zu bringen.
     
Maßnahmen zum Schutz geflüchteter Frauen und Kinder vor Gewalt werden im Hinblick auf die Situation der aus der Ukraine vertriebenen Menschen angepasst und, wo erforderlich, erweitert. Bund und Länder arbeiten eng zusammen, um Geflüchtete vor Menschenhandel und Zwangsprostitution zu schützen.

Weiteres Vorgehen

Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs stimmen darüber ein, dass es weiter notwendig bleibt, die Krisenfestigkeit Deutschlands zu stärken. Dazu gehören eine strategische Stärkung und Fortentwicklung des Bevölkerungsschutzes. Die Innenministerkonferenz wird gebeten, sich zeitnah der Thematik anzunehmen und gegenüber der Ministerpräsidentenkonferenz zu berichten.

Bund und Länder kommen wöchentlich hochrangig in der Bund-Länder-Koordinierungsstelle Ukraine unter der Federführung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat zusammen, um sich über die aus dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine resultierenden Herausforderungen für die Ankommenden in Deutschland auszutauschen. Zusätzlich zu dieser Abstimmung werden sich Bund und Länder bei Bedarf auf der Ebene des Chefs des Bundeskanzleramtes und der Chefinnen und Chefs der Staatskanzleien austauschen. Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder werden sobald erforderlich, spätestens jedoch am 7. April, erneut über die Lage beraten.

Der Beschluss ist in Gänze auf der Website der Bundesregierung nachzulesen.

Quelle: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung vom 17.03.2022

Redaktion: Pia Kamratzki

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