LSBTIQA* in Bayern

Aktionsplan QUEER für ein bunteres Bayern

Der Bayerische Jugendring appelliert an die Landespolitik, die Expertise der LSBTIQA*-Community einzubinden und einen Aktionsplan nicht übereilt aus wahlkampftaktischen Gründen zu beschließen.

06.07.2023

Anlässlich der Presseinformation vom 14.06.2023 des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales, einen „Aktionsplan QUEER“ einzurichten und der heutigen Diskussion im Sozialausschuss des Bayerischen Landtags bewertet der Bayerische Jugendring (BJR) diese Initiative als ersten wichtigen Schritt, die seit 2018 geforderte Erarbeitung eines Aktionsplans nun unter Beteiligung von Expert:innen und Vertreter:innen zivilgesellschaftlicher Organisationen anzugehen.

BJR-Präsident Philipp Seitz: 

„Uns eint das gemeinsame Ziel, Bayern bunter zu machen. Gerade der Pride-Monat Juni ist eine Aufforderung an Politik und Gesellschaft, nicht nur die Regenbogenflagge zu schwenken und sich symbolisch für Vielfalt einzusetzen, sondern tatsächlich etwas nachhaltig zu verändern. Eine umfassende und beteiligungsorientierte Erarbeitung eines Aktionsplans QUEER setzt allerdings Zeit und die Einbindung relevanter Akteur:innen voraus. Deswegen hoffe ich, dass weder die Zivilgesellschaft noch politisch Verantwortliche sich bei diesem Thema vom Landtagswahlkampf treiben lassen.“ 

Das langjährige Engagement unterschiedlicher Organisationen müsse wertschätzend in den Prozess einfließen und dürfe nicht in den nächsten Monaten „verheizt“ werden.

Queere Menschen in Bayern

Die jüngeren Auseinandersetzungen in Politik, Verwaltung und Gesellschaft zur Verbesserung der Situation queerer Menschen in Bayern seien grundsätzlich zu begrüßen, allerdings müsse bei der angespannten Diskussion um den richtigen Weg ein menschenfreundlicher, achtsamer und sachlicher Ton die oberste Maxime sein. 

BJR-Queerbeauftragter Patrick Wolf stellt klar:

„Es ist wichtig, den angefangenen Weg zu einem bunten Bayern gemeinsam kontinuierlich und partizipativ weiter zu gehen. Dazu braucht es alle Kräfte: Staatsregierung, Opposition, Ministerien und Zivilgesellschaft, um wirksame Strategien zur Bekämpfung von Diskriminierung und zum Empowerment bisher marginalisierter Personengruppen zu beschreiben.“

Daher sei die Ankündigung des Sozialministeriums, mit dem Aktionsplan QUEER die bisher geförderten Projekte weiterzuentwickeln und in enger Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft weitere Vorhaben zu entwerfen, nur zu begrüßen und längst überfällig, so Wolf. Im Vergleich zu Aktionsplänen in den anderen Bundesländern sei festzustellen, dass die Erarbeitung meist auf einem Kabinettsbeschluss basiere, häufig mehrere Ministerien eingebunden seien und mehrere Monate bzw. Jahre benötigt wurden.

Entgegen der landläufigen Meinung dürfe allerdings auch nicht vergessen werden, dass in Bayern schon viel erreicht worden sei. So habe beispielsweise die Anhörung im Sozialausschuss des Bayerischen Landtags 2019 einen wesentlichen Bedarf gezeigt, die Beratungsinfrastruktur in ländlichen Räumen zu verbessern und bestehende Beratungsangebote besser bekannt zu machen. Der BJR koordiniert seit 2021 in einem Kooperationsprojekt mit dem Lesben- und Schwulenverband in Bayern und der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität das Queere Netzwerk Bayern (QNB) – ermöglicht durch die Förderung des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales. Als zentrale Landesplattform für LSBTIQA* Personen im Freistaat bündelt das Online-Angebot Informationen zu Beratungsangeboten, Veranstaltungen und zur queeren Community. Außerdem vernetzt das QNB bestehende Organisationen und neue Initiativen, vermittelt relevante Kontakte und regt den Austausch unter den Netzwerkpartner:innen an.

Forschungsprojekt untersucht Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen junger Menschen

Der BJR untersucht im Forschungsprojekt „How are you?“ die Lebenssituationen von LSBTIQA* Personen im Alter von 14 bis 27 Jahren in Bayern. Der Fragebogen zur Online-Studie wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Diversity- & Antidiskriminierungsforschung (IDA) und der Hochschule Fresenius entwickelt. Das Projekt wird sowohl von einem Experten:innen-Beirat als auch einem Community-Beirat begleitet. Ziel der quantitativen Erhebung ist es, ein aussagekräftiges Bild insbesondere zu Diskriminierungserfahrungen, Ressourcen und spezifischen Bedarfen zu erhalten. Sie soll einen Beitrag dazu leisten, dass Bayern im bundesweiten Vergleich aufholt und Vielfalt im Freistaat noch selbstverständlicher wird. Eine Veröffentlichung der Ergebnisse ist im 4. Quartal 2023 geplant.

Jugendpolitische Forderungen 

Neben der langjährigen Forderung nach einem Aktionsplan für Bayern regt der BJR weitere Maßnahmen an, die auch kurzfristig umgesetzt werden könnten. Die Grundlage für die queerpolitische Jugendarbeit im BJR bildet dabei der Beschluss der 152. Vollversammlung[1] im März 2018, der u.a. Forderungen zur sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt enthält, darunter:

  • den flächendeckenden Ausbau von niedrigschwelligen Beratungs- und Informationsangeboten insbesondere in ländlichen Räumen,
  • die Stärkung der Selbstorganisation von queeren (Jugend-)Gruppen und einer entsprechenden finanziellen Förderung auf Landesebene, z. B. durch ein Fachprogramm,
  • den Beitritt Bayerns zur „Koalition gegen Diskriminierung“, um für das Thema Diskriminierungsschutz zu sensibilisieren und es als Querschnittsaufgabe politisch zu verankern,
  • die Klärung einer Zuständigkeit für eine ressortübergreifende Antidiskriminierungspolitik innerhalb der Bayerischen Staatsregierung,
  • sowie die Einrichtung einer Koordinierungs- und Fachstelle für queere Jugendarbeit auf Landesebene, um die bestehenden Angebote in der Jugendarbeit zu vernetzen, Akteur:innen zu begleiten und Qualifizierungen für Multiplikator:innen anzubieten bzw. zu vermitteln.

Quelle: Bayerischer Jugendring (BJR) vom 15.06.2023

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