Tagung

50 Jahre Absage des 5. Deutschen Jugendhilfetages

Die Aufbruchszeit der „68er“, verbunden mit der Heimrevolte 1969, bewegte auch die Sozialarbeiter*innen. Auf dem 4. Deutschen Jugendhilfetag 1970 präsentierte sich die Sozialarbeiteropposition als Sozialistische Aktion Jugendhilfetag zum ersten Mal. Es ging ihr darum, die repressive und individualisierende Sozialarbeit vom idealistischen bürgerlichen Kopf auf materialistische Füße zu stellen.

03.05.2024

„Jugend und Recht“ sollte das Thema des für den 8. – 11. September 1974 in Hamburg geplanten 5. Deutschen Jugendhilfetag (DJHT) sein. Die Arbeitsgemeinschaft Jugendhilfe (AGJ) sagte diesen jedoch ab – als Antwort auf die Aktivitäten der Sozialistischen Aktion, welche die „Umfunktionierung“ und „Gefahr einer Sprengung“ des Jugendhilfetages mit sich zu bringen drohten (AGJ-Pressedienst zur Absage des 5. DJHT, 30.05.1974). Laut AGJ-Pressedienst aus dem Jahr 1974 wollte man nicht zulassen,

„dass mit erheblichen Steuermitteln letztlich die Selbstdarstellung von Gruppen finanziert wird, die die freiheitlich demokratische Ordnung unseres Staates bekämpfen“.

Die Sozialistische Aktion Jugendhilfetag Hamburg (Presseerklärung Sozialistische Aktion Jugendhilfetag Hamburg, 25.5.1974) sah in dieser Absage ihre Einschätzung bestärkt,

„dass der Jugendhilfetag lediglich der scheindemokratischen Legitimation der Jugendpolitik der regierungs- und verbandsbürokratischen Kräfte dienen und die Loyalität der Fachbasis gegenüber dem bürgerlichen Staat sicherstellen sollte“.

Einladung zur Tagung

50 Jahre später will die Sozialistische Aktion Jugendhilfetag Hamburg zusammen mit Protagonist*innen der Sozialistischen Aktion, der AGJ und heutigen Aktiven die Absage des 5. DJHT zum Ausgangspunkt nehmen, um über Kontinuitäten, Konsequenzen und Schlussfolgerungen für heute ins Gespräch zu kommen. Dabei sollen unter anderem folgende inhaltliche Kontroversen in den verschiedenen Arbeitsfeldern der Jugendhilfe in den Vorträgen und Workshops vertieft und auf ihre Aktualität überprüft werden:

  • Kita: Ein Beispiel für die Vergesellschaftung von Erziehung: Von der Aufbewahrung zur sozialpädagogischen Bildung?
  • (Offene) Kinder- und Jugendarbeit: Ein Ort autonomer Weltaneignung und politischer Bildung oder von Prävention, wohlkalkulierter Freizeitgestaltung und individueller Selbstbestimmung?
  • Heimerziehung: Verlegen und Abschieben oder ein Ort der verlässlichen Kooperation und solidarischer Lebensweltorientierung?
  • Jugendhilfe: Kriminalisierung und Psychiatrisierung von Jugendlichen oder Handlungsfähigkeit in schwierigen Situationen?
  • Professionalisierung: Die Rolle der Selbstorganisation der Fachkräfte bei der Entwicklung von Widerstand und Protest
  • Jugendhilfe insgesamt: Kompensatorische Erziehung vs. demokratische Bildung

Diese Erinnerungs- und zugleich Aktions-Tagung wird am 20. und 21. September 2024 in der Universität Hamburg stattfinden.

Die Tagung soll mit zwei Vorträgen eröffnet werden:

  • Reinhart Wolff wird als Protagonist der Sozialistischen Aktion zu den gesellschaftspolitischen Hintergründen und den zentralen Konfliktfeldern vor 50 Jahren sprechen.
  • Sinah Mielich (AKS Hamburg) wird als Protagonistin der heutigen Sozialarbeiteropposition die aktuellen Kontroversen in der Jugendhilfe thematisieren.

In einer Podiumsdiskussion mit u.a. Norbert Struck (ehem. Vorsitzender der AGJ) und Susanne Maurer (kritisch – feministische Wissenschaftlerin, Universität Marburg) sollen die in den Vorträgen dargestellten Kontroversen weiter diskutiert werden. Günter Pabst (damals Sekretär des „Arbeitsfeldes Sozialarbeit“ und der Zeitschrift „Informationsdienst Sozialarbeit“ im Sozialistischen Büro) wird am zweiten Tag den reformistischen bis revolutionären Strömungen nachspüren.

Anmeldungen werden ab jetzt entgegengenommen.

Weiterführende Informationen

Quelle: Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit Hamburg (aks) vom 26.04.2024

Redaktion: Paula Joseph

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