Psychiatrie

Welchen Einfluss hat Lichttherapie bei Jugendlichen mit Depressionen?

Lichttherapie wird als eine vielversprechende Behandlungsmethode für Jugendliche mit Depressionen betrachtet. Diese Therapieform basiert auf der Exposition gegenüber hellem Licht, typischerweise durch eine spezielle Lampe oder Lichtboxen. Das helle Licht soll die Produktion von Serotonin, einem Neurotransmitter, der mit positiven Stimmungszuständen in Verbindung gebracht wird, stimulieren.

28.03.2024

Hilft Lichttherapie bei der Behandlung von Depressionen? Dieser Frage gingen Forscher*innen der kinder- und jugendpsychiatrischen LWL-Universitätsklinik in Hamm, die zum Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) gehört, in einer groß angelegten Forschungsstudie zu diesem Thema nach.

Ergebnis: Auch wenn die jungen Studienteilnehmer*innen während der Behandlung deutliche Stimmungsverbesserungen zeigten, konnte kein zusätzlicher Effekt der Lichttherapie nachgewiesen werden. Dies könne auch an der besonderen Schwere der Depression und den damit verbundenen Behandlungsangeboten liegen, bei denen unterschiedliche Therapien kombiniert werden, so das Forscherteam. Die Ergebnisse sind in einem international anerkannten Fachjournal, dem JAMA Psychiatry, veröffentlicht.

Im Interview erklären Prof. Dr. Tanja Legenbauer, Leiterin der Forschungsabteilung und Testdiagnostik und Prof. Dr. Martin Holtmann, Ärztlicher Direktor der LWL-Klinik, die Hintergründe und Ergebnisse der Lichttherapie-Studie, an der insgesamt 227 jugendliche Patient*innen mit mittel bis schwer ausgeprägten depressiven Symptomen im Alter zwischen 12 und 18 Jahren teilgenommen haben. Diese Studie wurde an vier universitären kinder- und jugendpsychiatrischen Kliniken durchgeführt, die LWL-Fachklinik in Hamm ist eine davon.

Warum ist Licht für uns so wichtig?

Martin Holtmann: Das Licht wirkt als wichtigster und stärkster Zeitgeber, den wir kennen. Helles Licht morgens führt dazu, dass die Produktion von Melatonin als wichtigstem Schlafhormon beim Menschen tagsüber unterdrückt und erst am Abend angeregt wird. Der Gegenspieler ist das Cortisol, das uns über den Tag wach und fit macht. Gerät dieser Mechanismus aus dem Gleichgewicht, kann es zu Schlafstörungen und auch Stimmungsbeeinträchtigungen kommen. Bei Erwachsenen mit Depressionen beispielsweise hat es sich bewährt, Lichttherapie als einen Baustein in der Behandlung einzusetzen. Bei Jugendlichen ist die Befundlage weniger klar, es gab bislang nur wenige Studien mit kleinen Teilnehmerzahlen.

Wie wurde die Lichttherapie-Studie in der LWL-Universitätsklinik Hamm durchgeführt?

Tanja Legenbauer: Wir haben an vier universitären Kinder- und Jugendpsychiatrien insgesamt 227 jugendliche Patient*innen mit mittel bis schwer ausgeprägten depressiven Symptomen im Alter zwischen 12 und 18 Jahren mit morgendlicher Lichttherapie behandelt. Die Lichttherapie erhielten die Jugendlichen zusätzlich zur regulären Behandlung im stationären Rahmen. Von den Teilnehmer*innen wurde über vier Wochen, aber mindestens an 20 Tagen morgens nach dem Aufstehen für 30 Minuten eine Lichtbrille getragen. Um herauszufinden, welchen zusätzlichen Effekt zur regulären Behandlung die Lichtbrille hat, gab es eine Brille mit blauem Licht einer starken Lichtintensität und eine Brille mit rotem Licht und einer schwächeren Lichtintensität. Die Idee war, dass das blaue, starke Licht besonders effektiv ist und zusätzliche Effekte zur Verbesserung von Stimmung und Schlaf bringt.

Welche Ergebnisse erzielte die Studie?

Tanja Legenbauer: Sehr erfreulich war, dass alle Studienteilnehmer*innen durch die Behandlung sich in ihrer Stimmung deutlich verbessert zeigten. Ein zusätzlicher Effekt der Lichttherapie konnte allerdings nicht belegt werden. Wir glauben, dass dies zum einen durch die besondere Form des stationären Settings mit seinen vielen Therapiebausteinen und intensiven Behandlungsangeboten und auch durch die Schwere der Erkrankung zu erklären ist.

Wo wurde diese Studie nun veröffentlicht und was ist das Besondere daran?

Martin Holtmann: Die Studie ist die bisher weltweit größte Studie zur Lichttherapie bei Depressionen gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Daher freuen wir uns besonders, dass die Ergebnisse in einem sehr renommierten, international anerkannten Fachjournal, dem JAMA Psychiatry, erschienen sind. Dies ist eine Anerkennung für die sorgfältige, methodische Arbeit unserer Teams und den wissenschaftlichen Beitrag zur Behandlung von Depressionen im Jugendalter, den wir mit unserer Studie leisten konnten.

Wird Lichttherapie weiterhin für die Patient:innen in der Klinik eingesetzt?

Tanja Legenbauer: Eine Erkenntnis aus unseren eigenen Studien ist, dass Lichttherapie im stationären Setting zwar ein nebenwirkungsarmes und gut einsetzbares Therapiemittel ist, aber bei sehr schwer ausgeprägten Depressionen möglicherweise die Wirkung nicht voll entfalten kann. Daher wollen wir uns nun damit beschäftigen, wer von Lichttherapie eventuell besser profitieren könnte und daher Patient*innen mit leichteren Depressionsformen untersuchen. Auch wenn die Studie nicht eindeutige Effekte für die zusätzliche Behandlung mit einer Lichtbrille zeigte, ist es dennoch zu empfehlen, Lichttherapie auszuprobieren, da die Behandlung wenig aufwendig und nebenwirkungsarm ist. Immerhin würden über 90 Prozent der Studienteilnehmer*innen die Behandlung weiterempfehlen und erwarteten eine Besserung durch die Lichtbrille.

Quelle: LWL-Universitätsklinik für Kinder und Jugendliche Hamm vom 15.03.2024

Redaktion: Celine Richter

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