UN-Kinderrechtskonvention
Welche kinderrechtlichen Pflichten greift der Koalitionsvertrag auf?
In einer Fachveranstaltung mit der National Coalition Deutschland hat die Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention des Instituts gemeinsam mit anderen Kinderrechtsexpert*innen den Koalitionsvertrag geprüft, Lücken identifiziert und Empfehlungen formuliert. Die zentrale Frage war dabei: Was plant die aktuelle Regierung zur Umsetzung der Kinderrechte?
10.10.2025
Im Frühjahr 2025 schloss die Bundesregierung den Koalitionsvertrag. Prüft man den Vertrag hinsichtlich seiner kinderrechtlichen Vorhaben, wird schnell klar: Trotz dringenden Handlungsbedarfs bleiben Kinderrechte unzureichend berücksichtigt.
Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes bemängelte bereits, dass Deutschland besseren Schutz vor Gewalt gegen Kinder und besseren Zugang zum Gesundheitswesen gewährleisten muss. Auch die Situation von asylsuchenden, geflüchteten und migrierten Kindern sowie der Schutz von Kindern, die aus ihrer familiären Umgebung herausgelöst wurden, entsprechen nicht den Anforderungen der UN-Kinderrechtskonvention.
Kinderrechtsexpert*innen empfehlen strukturelle Reformen
Welche konkreten Maßnahmen kann die Bundesregierung ergreifen, um ihre kinderrechtlichen Verpflichtungen in der 21. Legislaturperiode zu verankern? Dazu berieten sich Expert*innen auf einer digitalen Fachveranstaltung, die die Monitoring-Stelle mit der National Coalition Deutschland ausrichtete.
Sie sprachen sich insbesondere dafür aus, dass Deutschland Kinderrechte stärker strukturell verankern muss. So empfahl Sophie Gatzsche von UNICEF Deutschland, Kinderrechte ausdrücklich ins Grundgesetz aufzunehmen sowie eine unabhängige Ombudsstelle für Kinder auf Bundesebene einzurichten.
Paula Wenning vom Kinderschutzbund Bundesverband e. V. kritisierte: „Der Koalitionsvertrag macht beim Kinderschutz nur kleine Schritte und lässt zentrale Fragen offen.“ Das Familienrecht solle umfassend reformiert und bestehende Kinderschutzinfrastrukturen gesichert werden. Zudem brauche der Kampf gegen Kinderarmut eine verlässliche Finanzierung.
Nachholbedarf bei Migration und Bildung
„Der Koalitionsvertrag muss sich an der UN-Kinderrechtskonvention messen lassen und keine migrationspolitische Symbolpolitik zu Lasten von Kindern betreiben“, appellierte Sven Stumpf von SOS-Kinderdorf. Konkret stehe zum Beispiel die Aussetzung des Familiennachzugs im Widerspruch zu Artikel 10 der UN-Kinderrechtskonvention. Kinder müssen als eigenständige Rechteträger*innen im Asylsystem ernst genommen werden.
Auch im Bereich Bildung reichen die geplanten Maßnahmen nicht aus. Antje Bretschneider vom Deutschen Kinderhilfswerk fordert die Regierung dazu auf, „Kinderrechte als festen Bestandteil einer vielfältigen Bildungslandschaft zu verankern und eine umfassende, beteiligungsorientierte Transformation des Bildungssystems anzustoßen“. Diese Herausforderung müsse die Regierung möglichst schnell angehen.
Positiv zu bewerten ist hingegen, dass der Koalitionsvertrag Demokratiebildung sowie Medien- und Nachrichtenkompetenz stärken möchte. Allerdings bleiben die Maßnahmen dazu vage und unverbindlich. Torsten Krause von der Stiftung Digitale Chancen fordert, Strategien konkret auszuarbeiten und transparent umzusetzen. Die Zivilgesellschaft soll sich aktiv einbringen.
Kinderrechte enden nicht an deutschen Grenzen
Kinderrechte sind kein rein nationales Thema. Sie müssen „in gemeinsamer Verantwortung der internationalen Gemeinschaft verwirklicht werden“, wie Jonas Schubert von Terre des Hommes betonte. Deswegen soll die Bundesregierung Kinderrechte in der internationalen Zusammenarbeit strategisch verankern und eine kinderrechtsbasierte Außen- und Entwicklungspolitik erarbeiten.
Neben Expert*innen aus der Zivilgesellschaft kam bei der Veranstaltung auch ein Kind selbst zu Wort. Der elfjährige Lennox forderte, dass Deutschland Klimaschutz, Bildung und eine Herabsenkung des Wahlalters priorisieren muss.
Die Aufforderung an die Politik ist klar: Sie muss Kinderrechte auch in der 21. Legislaturperiode beachten und sie mithilfe konkreter Maßnahmen umsetzen. Sie muss mehr Daten zu Kindern und ihren Lebenswelten sammeln sowie Kinder direkt in Entscheidungen einbeziehen.
Quelle: Deutsches Institut für Menschenrechte vom 18.09.2025
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