Inklusion

Was wollen junge Menschen mit Behinderungen von der Kinder- und Jugendarbeit?

Jugendliche mit geistigen Behinderungen hätten in ihrer Freizeit gerne mehr junge Menschen um sich. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher*innen der HAW Hamburg, die im Jahr 2022 Interviews mit Jugendlichen mit geistigen Behinderungen durchführten. Die Befragung wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Gunda Voigts am Department Soziale Arbeit der HAW Hamburg durchgeführt.

26.05.2023

Dr. Lars Schulhoff, Leiter der Abteilung Gestaltung der Jugendhilfe der Sozialbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg begrüßte die Fachkräfte aus zahlreichen Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendarbeit und Behindertenhilfe:


„Der Titel unserer kooperativen Fachtagung „Was braucht inklusive Kinder- und Jugendarbeit? Gemeinsam Zukunft gestalten.“ beinhaltet eine sehr wichtige Botschaft. Die inklusive Weiterentwicklung in der Kinder- und Jugendarbeit im Speziellen, der Kinder- und Jugendhilfe im Allgemeinen und auch der Gesellschaft im Ganzen kann nur in einem breiten Dialog und unter Beteiligung möglichst vieler Akteure erfolgen. So kommen wir zu gemeinsamen Lösungen der Herausforderungen. Die vielfältige Zusammensetzung der Teilnehmenden des heutigen Fachtags zeigt: Gemeinsam mit Akteuren aus der Kinder- und Jugendarbeit, aus der Eingliederungshilfe, aus der Verwaltung und Wissenschaft sowie aus Selbstvertretungsorganisationen und jungen Menschen als Expert:innen in eigener Sache können wir die Inklusion in der Kinder- und Jugendarbeit gemeinsam voranbringen.“

Den Einstieg in den Diskurs auf der Fachtagung boten die Ergebnisse des Forschungsprojektes „Mit den Augen von Jugendlichen – Was braucht inklusive Jugendarbeit?“ der HAW Hamburg. Erstmalig wurden junge Menschen mit geistigen Behinderungen in Hamburg selbst dazu befragt, wie sie ihre Freizeit gestalten möchten und was sie sich von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit wünschen. Die Forscher*innen der HAW Hamburg führten qualitative Interviews mit insgesamt 18 jungen Menschen zwischen 12 und 19 Jahren durch.

Folgende Fragen standen im Vordergrund:

  • Was ist jungen Menschen mit geistigen Behinderungen für ihre Freizeit wichtig?
  • Wie nutzen sie Angebote der Kinder- und Jugendarbeit wie beispielsweise Jugendzentren oder Jugendverbände?
  • Was möchten sie dort erleben und was wünschen sie sich an weiteren Angeboten?
  • Neben den Interviews wurden zudem Expert*innen-Interviews mit Fachkräften der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendarbeit geführt sowie gemeinsame Workshops durchgeführt.

Das Projekt, das noch bis Ende 2023 läuft, möchte Handlungsempfehlungen aussprechen und die Ergebnisse in Form eines Buches darstellen.

„Gemeinschaft, Verantwortungsübernahme, Bildung und Integration sind zentrale Potenziale von Kinder- und Jugendarbeit, wie sie in Jugendzentren und Jugendverbänden erfahren werden können. Jugendliche mit geistigen Behinderungen eine stärkere Teilhabe an der Vielfalt der Angebote zu ermöglichen, ist das Ziel unserer Forschung und ein Meilenstein auf dem Weg zu einer inklusiven Kinder- und Jugendarbeit, die gesetzlich wie menschenrechtlich vorgeschrieben ist“,

sagte Prof. Gunda Voigts, Forschungsleiterin der Studie am Department Soziale Arbeit. „Durch die Befragung wissen wir nun, was diese Jugendlichen selbst darüber denken und können so Anregungen für die Praxis geben“, ergänzte Katharina Przybylski, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt. Sie hatte die Interviews geführt.

Die Zusammenfassung der Ergebnisse lautet verbunden mit exemplarischen Aussagen der Jugendlichen wie folgt:

  • „Ich hätte in meiner Freizeit gerne mehr junge Leute um mich“: Jugendliche mit geistigen Behinderungen wünschen sich mehr Peer-Kontakte. Kinder- und Jugendarbeit kann sie bieten.
  • „Es ist hier nie langweilig. Hier ist immer was los.“: Die Nutzung von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit bereichert das Leben von jungen Menschen mit geistigen Behinderungen. Hier finden sich für die interessante Bildungsangebote und Integrationspotenziale.
  • „Wenn schwierige Wörter kommen, da bräuchte ich ein bisschen Hilfe“: Individuelle Unterstützung bei spezifischen Bedarfen in Angeboten und niedrigschwellig Zugänge in die Kinder- und Jugendarbeit sind für die befragten Jugendlichen wichtig.
  • „Ich werde hingebracht von Mama“: Fehlende eigenständige Mobilität ist gerade für junge Menschen mit geistigen Behinderungen ein Zugangshindernis in die Angebote. Zugleich sind ihre Eltern oder familiären Netzwerke wichtige Öffner bei der Überwindung dieser Barriere.
  • „Ja, ich darf ganz allein gehen“: Die Nutzung von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit ermöglicht jungen Menschen mit geistigen Behinderungen Selbstbestimmung und die jugendspezifische Ablösung von Ihrem Zuhause.
  • „Dann sprechen wir über WhatsApp ab, wo wir uns treffen“: Digitale Medien sind auf für diese Zielgruppe von Kinder- und Jugendarbeit ein wichtiger Schlüssel zur Peer-Kommunikation und ermöglichen Teilhabe.
  • „Meine Eltern haben mich mal da angemeldet“: Die Bedeutung der Haltung von Eltern zu den Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit ist für Zugänge gerade bei jungen Menschen mit Behinderungen entscheidend.

Die Interviews sind Teil des bundesweiten Projektes „Mit den Augen von Jugendlichen – was braucht inklusive Jugendarbeit?“ (2020-2023), das die HAW Hamburg an den beiden Projektstandorten Hamburg und Ostholstein federführend durchführt. Projektträger ist die Bundesvereinigung Lebenshilfe e. V., gefördert wird das Projekt von der Aktion Mensch Stiftung e. V. Weitere Kooperationspartnerinnen sind die Pädagogische Hochschule Heidelberg, die Lebenshilfe Hamburg und die Lebenshilfe Ostholstein.

Die Ergebnisse und weitere Informationen finden sich auf dem Padlet der Hochschule für angewandte Wissenschaftt Hamburg.

Quelle: Gunda Voigts, Hochschule für angewandte Wissenschaft Hamburg HAW vom 24.05.2023

Redaktion: David Bienias

Back to Top