Sozialwirtschaft

Stärkung der freien Träger bei Europagipfel gefordert

Ulrich Lilie eröffnet den 2. Konferenztag von EUSES (Screenshot).

Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege fordern beim Europäischen Sozialwirtschaftsgipfel 2021 (EUSES) in Mannheim eine Stärkung der nicht gewinnorientierten Sozialunternehmen. Insbesondere die Pandemie hat gezeigt, welche zentrale Rolle diese Akteure spielen.

01.06.2021

EUSES zielt darauf ab, die Sozialwirtschaft in Europa zu stärken und ihren Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung, zur sozialen Eingliederung sowie zum grünen und digitalen Übergang zu nutzen. In Mannheim konzentrierten sich die Diskussionen auf drei Dimensionen: die Digitalisierung der Sozialwirtschaft, (soziale) Innovation sowie die länder-und sektorübergreifende Zusammenarbeit.

In seiner Rede zur Eröffnung des zweiten Konferenztages am Donnerstag machte der Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW), Ulrich Lilie, deutlich, welche Rolle die „Not-For-Profit Social Economy“ in Europa insbesondere in Zeiten der Krise spielt und warum sie gestärkt werden müsse:

 „Die Pandemie hat deutlich gezeigt, wie wichtig erschwingliche, für alle zugängliche und qualitativ hochwertige Sozial- und Gesundheitsdienste sind. Die Freie Wohlfahrtspflege verfolgt einen sozialen Zweck: Im Vordergrund stehen die Menschen mit ihren Bedürfnissen und nicht der Profitgedanke. Erwirtschaftete Gewinne werden vollumfänglich reinvestiert, um eine bestmögliche Qualität zu bieten. Wir sind auch dort aktiv, wo keine monetären Gewinne winken, zum Beispiel in der Wohnungslosen- oder Flüchtlingshilfe. Deshalb ist eine starke „Not-For-Profit Social Economy“ in Europa wichtig, um die vielfältigen sozialen Herausforderungen auf dem Kontinent lösen zu können – und dies nicht nur in der Krise.“

Angesichts der Vielfalt der europäischen Sozialunternehmen wird zwischen gewinnorientierten und nicht-gewinnorientierten Organisationen unterschieden.

Ulrich Lilie: „Gemeinnützige Anbieter reinvestieren Gewinne vollständig in den satzungsgemäßen sozialen Zweck und können nur begrenzt Rücklagen bilden. Darum brauchen sie eine maßgeschneiderte Förderung, an der es leider immer noch fehlt. Für ein Projekt, das aus dem Europäischen Sozialfonds finanziert wird, gibt es beispielsweise in der aktuellen EU-Förderperiode von 2021 bis 2027 in stärker entwickelten Regionen wie Westdeutschland nur eine Kofinanzierung von 40 Prozent. Das bedeutet, dass die Sozialunternehmen 60 Prozent der Projektkosten übernehmen müssen, um ein Projekt erfolgreich umzusetzen. Für viele kleine und mittlere Sozialunternehmen sind diese Sätze unmöglich zu erfüllen. Sie sind aber auch für größere Träger eine Herausforderung, weil gemeinnützige Sozialunternehmen nur begrenzt über freies Kapital für die notwendigen Investitionen in bedarfsgerechte und innovative Angebote verfügen.“

Ein weiterer entscheidender Faktor für die Freie Wohlfahrtspflege ist ein sozialverantwortliches öffentliches Vergaberecht.

Ulrich Lilie: „Der Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften in der Branche ist groß. Um fachlich geschultes Personal für diese hoch anspruchsvolle Arbeit zu gewinnen und zu halten, müssen wir ihnen eine adäquate Vergütung bieten können. Diese im Vergleich mit tariflich nicht gebundenen Anbietern zumeist höheren Löhne sind oft ein Grund für öffentliche Auftraggeber, gemeinnützige Bieter von einem Vergabeverfahren auszuschließen. Der bestehende EU-Rechtsrahmen erlaubt es, soziale und ökologische Aspekte zu berücksichtigen. Wir erwarten von den öffentlichen Auftraggebern, dass sie verantwortungsvoll handeln und von diesen Möglichkeiten auch Gebrauch machen. Dies wirkt Sozialdumping entgegen. Das beste Ergebnis gibt es nicht zum Nulltarif, wenn Qualität, Innovationen und Nachhaltigkeit eine Rolle spielen sollen“, so der BAGFW-Präsident.

EUSES 2021 ist eine gemeinsam organisierte Konferenz der Europäischen Kommission und der Stadt Mannheim.

Quelle: Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege vom 27.05.2021

Back to Top