GEW
„Schwarzer Tag für die Bildung – KMK macht Rolle rückwärts“

Als „einen schwarzen Tag für die Bildung“ hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz (KMK) vom 16. Oktober bezeichnet. „Mit der Ländervereinbarung macht die KMK eine große Rolle rückwärts“, stellte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe fest.
28.10.2020
Inklusion kommt zu kurz
„‘Historisch‘, wie KMK-Präsidentin Stefanie Hubig (SPD) das Papier bezeichnete, ist es nur in dem Sinn, dass es den Status quo einer Bildungspolitik der 1950er-Jahre West festschreibt: Prüfungen werden zentralisiert und normiert, Qualität soll über noch mehr Tests und Bildungsstandards gesichert und veraltete Pädagogik jetzt auch digital betrieben werden. Von der Inklusion, dem gemeinsamen Lernen aller Kinder und Jugendlichen verabschiedet sich die KMK weitgehend. Interesse zeigt sie nur am Gymnasium, Gesamt- und Gemeinschaftsschulen tauchen nicht mehr auf,“ sagte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe.
Die Umsetzung der 2009 von der Bundesregierung ratifizierten UN-Behindertenrechtskonvention habe die KMK „beerdigt“. „Der dramatische Lehrkräftemangel – vor allem an Grundschulen, der die Bildungschancen der Kinder deutlich verschlechtert, wird kaum erwähnt. Notwendig ist eine gemeinsame Strategie der Länder, um mehr junge Menschen für den Lehrberuf zu gewinnen und gut auszubilden. Das Prinzip ‚Augen zu und durch‘ ist der nachwachsenden Generation gegenüber verantwortungslos“, unterstrich die GEW-Vorsitzende.
Mehr tun, um sozialen Herkunft von Bildungserfolg zu entkoppeln
Mit den Schritten zur Zentralisierung des Abiturs, werde die innovativen Oberstufenreform der 1970er-Jahre West weiter geschliffen. „Damals sollten die jungen Menschen in der Oberstufe das selbstständige Lernen lernen, um sie besser auf Hochschule und Beruf vorzubereiten. Heute will man die Schülerinnen und Schüler am Gängelband führen und wundert sich, warum sie an den Hochschulen scheitern. Aber dagegen gibt es ja Rezepte: Die zunehmende Verschulung des Studiums. Rückwärts immer – vorwärts nimmer“, betonte Tepe.
Schritte die Lebensverhältnisse in Deutschland anzugleichen, den Schülerinnen und Schülern mehr Lernqualität mit gut ausgebildeten Lehrkräften und moderner digitaler Ausstattung in sanierten Gebäuden anzubieten, ständen offenbar nicht mehr auf der KMK-Agenda. „Die Achilles-Ferse des Bildungssystems in Deutschland, die starke Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft der Kinder und ihre Risikolagen, werden nicht in den Blick genommen. Dabei weisen der Nationale Bildungsbericht, Pisa und viele andere Studien immer wieder darauf hin, dass es dringenden Handlungsbedarf gibt. Hier muss endlich viel mehr geschehen: Die soziale Schere in Deutschland darf nicht immer weiter auseinanderklaffen“, verlangte Tepe. „Auch auf die Anforderungen, die die Migrationsgesellschaft an das Bildungssystem stellt, geht das Papier nicht ein.“ Für die Lehrerinnen und Lehrer sei die Vereinbarung eine einzige Enttäuschung. Statt die Profession zu stärken und die Vermittlung aktuell wichtiger Kompetenzen anzubieten, würden Lehrkräfte zu „Vorgabenumsetzern degradiert“. Kein Wort zur notwendigen Reform der Lehrkräfteausbildung und deren Ausbau.
Kein Bildungsrat
„Nationaler Bildungsrat ade! Die Länder haben den ungeliebten Vorstoß von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) jetzt endgültig mit Erledigungsvermerk versehen. Offensichtlich war der KMK sehr wichtig, dass kein ‚Rat‘ gebildet wird, der ihr Ratschläge geben kann: Deshalb hat sie jetzt eine ‚Kommission‘ gebildet, die sie steuern kann. So etwas nennt man Beratungsresistenz“, hob Tepe hervor. „Damit die KMK nicht auch noch das letzte Quäntchen Glaubwürdigkeit verspielt, erwarten wir, dass die gewerkschaftlichen Vertretungen der Lehrkräfte, und die demokratisch gewählten Vertretungen der Eltern sowie der Schülerinnen und Schüler in dieser Kommission als Bildungsexpertinnen und -experten eine wichtige Rolle spielen.“
Quelle: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vom 16.10.2020
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