Kindertagesbetreuung
Personalschlüssel und Fachkraft-Kind-Relation in Kitas

In vielen Forderungen, Studien und auch Gesetzen ist vom „Personalschlüssel“ oder der „Fachkraft-Kind-Relation“ die Rede – häufig werden beide Begriffe sogar synonym verwendet. Sie meinen aber nicht dasselbe, sind aber beide für die Qualität in Kitas wichtig. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) erläutert in einem Fachbeitrag den Zusammenhang und die Berechnungsmethode.
25.10.2018
Der Personalschlüssel ist wichtig – aber wenig aussagekräftig
Der Personalschlüssel ist für die Berechnungen der Träger und für die Leitung einer Kindertagesstätte (Kita) wichtig. Er ist ein statistischer Wert, nach dem errechnet wird, wie viel Personal in einer Kita eingestellt wird. Letztlich sagt er nichts darüber aus, wie viel Zeit eine Erzieherin oder ein Erzieher in der Kita für ein Kind hat.
Der Kita - Alltag ist bestimmt von einer Vielfalt an Aufgaben, die nicht unmittelbar mit der Interaktion mit Kindern zu tun haben. Um Kinder nicht nur zu betreuen, sondern auch Bildungs- und Lernangebote zu konzeptionieren, gehören Vor- und Nachbereitungszeiten zu der pädagogischen Arbeit, genauso wie deren Dokumentation und Gespräche mit Eltern. Um sich stetig in der Profession weiter zu bilden, werden Fort- oder Weiterbildungen besucht. Außerdem sind Krankheits- oder Urlaubszeiten weitere Gründe. Der Personalschlüssel ist deshalb für die Herausforderungen im Alltag wenig aussagekräftig.
Die Fachkraft-Kind-Relation bringt Licht ins Dunkle
Im Unterschied dazu kann die Fachkraft-Kind-Relation bessere Auskunft geben. Dieser Schlüssel bezieht die Zeiten der mittelbaren pädagogischen Arbeit (wie z.B. Vorbereitungszeiten oder Fortbildungen) mit ein. Er kann zeigen, für wie viele Kinder eine Fachkraft im Alltäglichen zuständig ist. Zu beachten ist aber auch welche der oben genannten Faktoren bei den Berechnungen berücksichtigt werden.
Wie die Fachkraft-Kind-Relation berechnet werden kann
Die Delfingruppe befindet sich in einer Einrichtung mit festen Gruppen und einem halboffenen Konzept. Die Kinder sind zwischen drei und sechs Jahre alt. Die Zeiten, in denen sich die Kinder in der Einrichtung aufhalten, sind sehr unterschiedlich. Manche werden vor dem Mittagessen abgeholt, einige haben einen so genannten Zwei-Drittel-Platz, das heißt sie werden am frühen Nachmittag abgeholt und manche Kinder bleiben bis 17:00 Uhr, wenn der Kindergarten schließt.
Um den ersten Schritt in der Berechnung vollziehen zu können, wird das Ganztagsbetreuungsäquivalent errechnet. Wie viele fiktive Ganztagskinder könnte man aus der unterschiedlichen Stundenzahl, die von den einzelnen Kindern erbracht wird, generieren? Bei ausschließlich Ganztagskindern in dieser Gruppe, wäre die Berechnung einfach, dann wäre 19 das Ganztagsbetreuungsäquivalent. Da aber auch Halbtags- und Zweidrittelkinder die Gruppe besuchen, werden zunächst die Betreuungsmittelwerte aus den Betreuungszeiten, die vertraglich vereinbart wurden, gebildet.
Größenordnung der Betreuungszeit/ Tag | Betreuungsmittelwert/ Stunden |
Halbtags | 4,5 |
Zweidrittel | 6 |
Ganztags | 8,5 |
Von den 19 Kindern der Delfingruppe gehen vier halbtags in den Kindergarten, sieben haben einen zweidrittel Platz und acht Kinder besuchen die Einrichtung ganztags. Die Einrichtung bietet die Möglichkeit, Kinder von 7:30 Uhr bis 17:00 Uhr betreuen zu lassen. Bis auf wenige Ausnahmen sind Ganztagskinder nicht während der gesamten Öffnungszeit im Kindergarten, sondern werden entweder später gebracht oder bereits um 16:00 Uhr abgeholt. Um das Ganztagsbetreuungsäquivalent bilden zu können, werden die Mittelwerte der Betreuungszeit von jedem Kind addiert.
4 x 4,5 Stunden = 18
7 x 6 Stunden = 42
8 x 8,5 Stunden = 68
GESAMT = 128
Die Summe aller täglichen Betreuungszeiten in Stunden entspricht dem Ganztagsinanspruchnahmeäquivalent. Wenn man dieses durch die Öffnungszeit /Stunden dividiert, erhält man schließlich das Ganztagsbetreuungsäquivalent. Die rechnerische Öffnungszeit pro Tag wird hier mit acht Stunden pro Tag veranschlagt. Die Einrichtung hat zwar länger geöffnet, aber es werden noch Verkürzungen wie Schließszeiten, Konzeptionstage oder pädagogische Tage abgezogen.
128 : 8 = 16 = Ganztagsbetreuungsäquivalent
Um der Berechnung des Personalschlüssels und der Fachkraft-Kind-Relation näher zu kommen, wird für die Gruppenerzieherinnen, und für weitere Personen, die in der Gruppe pädagogisch tätig sind, das Vollzeitäquivalent errechnet. Von zwei Erzieherinnen arbeitet eine ganztags, die andere halbtags mit einer Aufstockung auf 21 Stunden.
Die stellvertretende Leitung muss ihre Stunden, die ihr für die Kinderzeit zur Verfügung stehen, zwischen insgesamt drei Kindergarten- und einer Hortgruppe aufteilen. Das ergibt eine wöchentliche Stundenzahl von zwei Stunden in der Delfingruppe. Eine Horterzieherin bietet einmal in der Woche Frühenglisch für ca. zwei Stunden an. Eine Seniorin kommt einmal in der Woche in die Einrichtung und liest den Kindern vor. Dazu gibt es noch ein musikpädagogisches Angebot von einer externen Fachkraft. Insgesamt sind das etwa sechs Stunden gruppenübergreifende Betreuung, die sich auf drei Kindergartengruppen aufteilt.
Zwei Erzieherinnen:
39 Stunden/Woche
21 Stunden/Woche
Stellvertretende Leitung:
2 Stunden/Woche
Frühenglisch durch Horterzieherin, Vorlesestunde, musikpädagogisches Angebot:
2 Stunden pro Woche/Gruppe
Zählt man alle Betreuungsstunden zusammen, erhält man 64 Stunden pro Woche, das sind 12,8 Stunden pro Tag. Setzt man dieses in Relation zu der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit einer Vollzeiterzieherin, erhält man das Vollzeitbeschäftigungsäquivalent.
12,8 : 7,8 = 1,64 = Vollzeitbeschäftigungsäquivalent (fiktive Ganztagskräfte)
Setzt man die fiktiven Ganztagskinder in ein Verhältnis zu den fiktiven Ganztagsbeschäftigten erhält man den Personalschlüssel.
Personalschlüssel: | Relation Ganztagsbetreuungsäquivalent zu Vollzeitbeschäftigungsäquivalent |
16 : 1,64 = 9,8
Personalschlüssel = 1 : 9,8
Vom Personalschlüssel zur Fachkraft-Kind-Relation
Dieser Personalschlüssel entspricht nicht der tatsächlichen Betreuungsrelation, da sich durch Ausfallzeiten, z.B. durch Urlaub, Krankheit, oder Fortbildungen und durch mittelbare pädagogische Arbeit, zu denen Vor- und Nachbereitungszeit, Teamsitzungen, Elterngespräche etc. gehören, die Zeit im Kinderdienst verringert. Berücksichtigt man diese „kinderbetreuungsfreien“ Zeiten, für die es unterschiedliche Berechnungsmodelle gibt, erhält man die Fachkraft-Kind-Relation.
In unserem Beispiel hat die Erzieherin, die als Vollzeitkraft arbeitet, drei Stunden Vorbereitungszeit, in der sie pädagogische Angebote vorbereitet, Beobachtungsbögen auswertet, Fotos für Portfolios bearbeitet, Berichte schreibt und Elterngespräche führt und nachbereitet. Dazu finden zwei Teamsitzungen, einmal mit dem Gesamt- und einmal mit dem Kindergartenteam, mit einer Dauer von jeweils 1 1/2 Stunden statt. Zusammen ist sie sechs 4Stunden pro Woche, d.h. zu 15% ihrer Arbeitszeit nicht in direktem Kontakt mit den Kindern. Rechnet man die durchschnittlichen Ausfallzeiten durch Urlaub, Krankheit und Fortbildungen hinzu, ergibt sich ein Wert von 33%, der auf den Personalschlüssel angerechnet wird.
Fachkraft-Kind-Relation = 0,67 : 9,8 = 1 : 14,6
Diese Fachkraft-Kind-Relation gibt an, wie viele Kinder sich eine Erzieherin teilen müssen. Trotz zwei Erzieherinnen, gruppenübergreifenden Angeboten und zwei Fachkraftstunden durch die stellvertretende Leitung steht für knapp 15 Kinder tatsächlich nur eine Erzieherin zur Verfügung.
Dieser Fachbeitrag steht bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft im Original zur Verfügung. Dort finden sich auch weiterführende Informationen rund um die Themen Kita und Qualität.
Quelle: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
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