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„Monitor Digitale Bildung“: Studierende sind keine digitalen Enthusiasten
Onlinekurse, Social Media, Präsentationstools: Digitalisierung ist in den deutschen Hochschulen angekommen. Technisch sind diese zwar gut ausgestattet. Doch das volle Potenzial digitaler Medien in der Lehre bleibt oft ungenutzt. Das zeigt der "Monitor Digitale Bildung" der Bertelsmann Stiftung.
20.03.2017
Die meisten Hochschulen in Deutschland sind technisch gut gerüstet. 80 Prozent der Lehrenden sind zufrieden mit der entsprechenden Ausstattung und der WLAN-Qualität an ihrer Hochschule. Von den Studierenden erhält die IT-Ausstattung sogar noch bessere Noten. Die mit digitalen Medien angereicherte Lehrveranstaltung ist zum Normalfall geworden: 90 Prozent der Veranstaltungen werden heute durch digitale Elemente ergänzt. Didaktische Potentiale aber bleiben trotz guter Infrastruktur oft ungenutzt. Das sind die Ergebnisse der Umfrage unter Studierenden, Professoren und Mitarbeitern der Hochschulverwaltung für den "Monitor Digitale Bildung".
Der "Monitor Digitale Bildung - Die Hochschulen im digitalen Zeitalter" (PDF, 1,3 MB) ist Teil einer erstmals umfassenden und repräsentativen empirischen Datenbasis zum Stand des digitalisierten Lernens in den verschiedenen Bildungssektoren in Deutschland.
Während die meisten Lehrenden eher etablierte Technologien wie Power Point für Präsentationen und Lernmanagementsysteme für das Verbreiten von Materialien verwenden, benutzen Studierende gerne neuere digitale Lernmittel. Gerade beim selbstorganisierten Lernen setzen viele auf Social Media: 42 Prozent nutzen Chat-Dienste, 41 Prozent Foren und Blogs und 29 Prozent Soziale Netzwerke, um zu lernen.
Lehramtsstudierende am wenigsten aufgeschlossen
Dennoch sind Studierende keine digitalen Enthusiasten. Zwar wünschen sich mehr als 80 Prozent von ihnen digitale Medien und Videoangebote rund um die Lehrveranstaltung – nicht zuletzt deswegen, weil sie dadurch selbstständiger unter verschiedenen Lernangeboten wählen können. Doch während jeder fünfte Studierende findet, dass Lehrveranstaltungen ausschließlich mit digitalen Medien durchgeführt werden sollten, ist die "gute alte Tafel" weiterhin das beliebteste Lern- und Unterrichtsmittel. Für Studierende sind weniger die Medien selbst entscheidend, sondern dass das Lehrpersonal fachlich geeignet ist, sie zu nutzen.
"Studierende nutzen überwiegend die Medien, die von der Hochschule angeboten werden. Sie essen also, was auf den Tisch kommt.", so Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung
Von allen Fachgruppen am wenigsten aufgeschlossen gegenüber digitalen Medien sind die Lehramtsstudierenden: "Lehramtsstudierende sollten Digitalisierung in die Schulen tragen. Allerdings nutzen gerade Lehramtsstudierende weniger digitale Medien zum Lernen als andere. Wenn sie es tun, motiviert sie das auch noch weniger als ihre Mitstudierenden aus anderen Fachbereichen", so unser Vorstand Jörg Dräger.
Spaltung in digitale Verfechter und analoge Skeptiker
Dozenten halten sich nicht nur bei der Anwendung innovativer Lernformate zurück. Sie hegen große Skepsis gegenüber Wissensvermittlung durch Videos (86 Prozent), sehen ungelöste rechtliche Probleme (62 Prozent) und beklagen den hohen Aufwand in der Vorbereitung (60 Prozent). Außerdem fühlen sich 60 Prozent der Dozenten durch Tablets oder Laptops gestört, wenn die Studierenden sie während ihrer Lehrveranstaltung nutzen.
Digitale Planspiele und Simulationen sowie elektronische Übungen und Tests, die allesamt individuelle Förderung ermöglichen würden, baut nur jeder vierte Dozent in seine Lehrveranstaltungen ein. Eine gesamte Vorlesungsreihe als abrufbares Video produzieren gerade einmal zwei Prozent der Professoren. Diese so genannten MOOCs – Massive Open Online Courses – spielen demnach in der akademischen Lehre an deutschen Hochschulen so gut wie keine Rolle. Allerdings: in der akademischen Weiterbildung werden sie gerne genutzt; etwa 10 Prozent der Hochschulen setzen auf vollständig digitalisierte Weiterbildungsangebote.
Die Mehrheit der Hochschulleiter und -verwaltungsmitarbeiter sieht die Lehrenden und Studierenden als die wichtigsten Treiber für den digitalen Wandel an ihren Hochschulen.
Konkrete Strategien fehlen
Unter Hochschulleitungen und Verwaltungsmitarbeitern bilden sich zwei gleich große Lager digitaler Verfechter und analoger Skeptiker. Mehr als die Hälfte der Hochschulmanager fühlt sich zwar für die digitale Infrastruktur verantwortlich, setzt bei deren Anwendung aber stärker auf Professoren, Dozenten und Studierende als auf sich selbst. An konkreten Strategien für einen systematischen Einsatz digitaler Medien mangelt es vielerorts.
Dabei sehen viele Rektoren, Dezernenten und Verwaltungsmitarbeiter durchaus große Chancen in der Digitalisierung. Etwa 70 Prozent der Befragten sind überzeugt, dass sich durch digitale Lösungen nicht nur die wachsende Anzahl von Studierenden bewältigen lässt, sondern auch ihre zunehmende Vielfalt.
Als wichtiger sehen aber selbst Verfechter der Digitalisierung Themen wie steigende Studierendenzahlen, Internationalisierung und Wettbewerb an. Dabei ließen sich diese Herausforderungen mit digitaler Unterstützung leichter angehen. Jörg Dräger erläutert: "Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Sie muss sich mit Zielen, Zielgruppen und Profil der jeweiligen Hochschule verbinden. Digitalisierung ist kein weiteres Problem, sondern Teil der Lösung für bessere Lehre."
Weitere Infos zum Monitor Digitale Bildung und dem Projekt Teilhabe in einer digitalisierten Welt stehen auf der Webseite der Bertelsmann-Stiftung zur Verfügung.
Quelle: Bertelsmann Stiftung vom 16.03.2017
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