Cannabiskonsum
Jugendliche und Cannabis: Neue E-Learning-Story für Auszubildende
Am 1. April 2024 wurde Cannabis für Erwachsene legalisiert, was laut Expert*innen Risiken für Jugendliche birgt: leichterer Zugang, höherer Konsum, steigende psychische Erkrankungen. Die Stiftung „Achtung!Kinderseele“ bietet mit animierten E-Learning-Storys Prävention, etwa zur Cannabisabhängigkeit, kostenlos an.
10.01.2025
Zum 1. April 2024 wurde der Eigenanbau, Besitz und Konsum von Cannabis für Erwachsene legalisiert. Nicht-gewerbliche Anbauvereine sollen dafür sorgen, dass das Rauschmittel legal erworben werden kann. Die Fachgesellschaften für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie DGKJP, BAG und BKJPP hatten mit Blick auf die negativen Folgen für Jugendliche und junge Erwachsene intensiv vor diesem Schritt gewarnt. Prof. Dr. Michael Kölch, stellvertretender Präsident der kinder- und jugendpsychiatrischen Fachgesellschaft DGKJP und Vorstandsmitglied der Stiftung „Achtung!Kinderseele“:
„Die Erfahrungen in anderen Ländern zeigen deutlich, dass die Legalisierung dazu führt, dass Jugendliche leichter und günstiger an Cannabis kommen und dass die Risikowahrnehmung sinkt, da Erwachsene freizügig im öffentlichen Raum konsumieren. Im Ergebnis konsumieren auch Jugendliche mehr. Das Risiko, eine Cannabis-Abhängigkeit zu entwickeln, ist bei ihnen allerdings etwa um das Siebenfache erhöht. Gleichzeitig ist das Risiko, durch den Konsum schwere psychische Erkrankungen wie Psychosen zu entwickeln, im Vergleich zu früher stark gestiegen, da der THC-Gehalt in vielen Cannabis-Produkten heute sehr viel höher ist. Und für einen professionell durchgeführten Entzug bei stark konsumierenden Kindern und Jugendlichen stehen in ganz Deutschland nur etwa 220 Betten zur Verfügung. Die Wartezeit beträgt deshalb etwa sechs Monate, viel zu lang im Fall einer akuten Sucht mit all ihren negativen Begleiterscheinungen.“
Um Jugendliche dafür zu sensibilisieren, wie der Weg in eine Cannabis-Abhängigkeit verlaufen kann, welche Konsequenzen der Dauerkonsum für den Alltag haben kann und welche Möglichkeiten es gibt, sich von der Sucht zu befreien, hat die Stiftung „Achtung!Kinderseele“ eine neue animierte „Story“ für ihr kostenloses, modulares E-Learning-Programm entwickelt. Nutzer*innen können den Weg von Elias verfolgen, der immer mehr kifft, um den Stress seiner Ausbildung zum Fachinformatiker auszugleichen. Schließlich realisiert er, dass sein Leben dadurch nur scheinbar leichter wird und beschäftigt sich damit, was die Droge mit ihm macht und wie er den Konsum wieder reduzieren kann.
Prof. Dr. Kölch, der die Entwicklung der „Story“ als Projektpate fachlich begleitete, erklärt:
„Wir hoffen, dass sich Jugendliche gegenseitig auf das Modul aufmerksam machen und dass es so auch präventive Wirkung entfalten kann. Gleichzeitig ist es so konzipiert, dass junge Menschen, die schon in eine Abhängigkeit geraten sind, sich dessen bewusst werden können und Auswege aufgezeigt bekommen.“
Neben dem Risiko für Psychosen und der Antriebs- und Motivationslosigkeit, die sich bei regelmäßigem Cannabiskonsum einstelle, seien weitere dramatische Folgen erforscht, die sich lebenslang auswirken könnten, so Kölch:
„Wer in der Jugend abhängig war, erleidet als Erwachsener einen IQ-Verlust. Anhaltende Verluste an Hirnsubstanz sind ebenfalls nachgewiesen.“
Damit gingen Lernstörungen einher, die nicht selten zum Abbrechen von Schule oder Ausbildung führen und so das ganze Leben negativ prägen könnten. Denn: Die Effekte des regelmäßigen Cannabiskonsums sind in der Jugend und bis zum 25. Lebensjahr viel stärker als bei Erwachsenen, da das Gehirn sich bis zum 25. Lebensjahr noch in der Reifung befindet. Die Fachgesellschaften seien deshalb sehr alarmiert darüber, dass die wirksamen staatlichen Präventionsprogramme für Kinder und Jugendliche, die im Rahmen der Legalisierung angekündigt wurden, noch immer auf sich warten lassen, so Kölch:
„Einerseits sehen unsere Sozialsysteme suchtkranke Jugendliche nicht vor, andererseits gibt es kaum indizierte systematische Prävention, die auf besonders vulnerable Gruppen wie Schulabbrecher, psychisch labile Jugendliche und Jugendliche in familiären oder sozialen Konfliktsituationen zugeschnitten sind.“
Im Rahmen des E-Learning-Programms bieten sechs weitere „Storys“ jungen Menschen aktuell die Möglichkeit, sich mit den Themen Essstörungen, Zwangsstörungen, Aggressionen, Arbeitsüberlastung, Mobbing und Zukunftsängste auseinanderzusetzen. Die Module halten Nutzer*innen durch attraktive Illustrationen, Animationen und Hörtexte bei der Stange. Sie sind realitätsnah und präsentieren Lösungsmöglichkeiten organisch anhand der Geschichten der Protagonist*innen. Die Stiftung „Achtung!Kinderseele“ bietet das E-Learning-Programm kostenlos auf ihrer Homepage an.
Ermöglicht wurde die Entwicklung des multimedialen Selbstlern-Programms durch eine Förderung der Deutsche Bahn Stiftung, die das Auszubildenden-Programm der Stiftung „Achtung!Kinderseele“ seit mehreren Jahren unterstützt. Die Stiftung „Achtung!Kinderseele“ und die Deutsche Bahn Stiftung wollen mit dem E-Learning-Programm auch Ausbildungsabbrüchen entgegenwirken. Rund 25 Prozent der Auszubildenden brechen ab, was negative Folgen für die gesamte Erwerbsbiografie haben kann. Besonders hoch ist die Gefahr, nicht durchzuhalten für Auszubildende, die bereits mit seelischen Krankheiten oder Suchterkrankungen in die Ausbildung gestartet sind.
Weitere Informationen
Link zum E-Learning: https://www.achtung-kinderseele.org/auszubildende
Link zur Story Cannabis-Konsum: https://elias.achtung-kinderseele.org/
Quelle: Stiftung Achtung!Kinderseele vom 17.12.2024
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