Inklusion
Gemeinsam lernen, egal welche Voraussetzungen Kinder mitbringen?
In Kooperation mit der Humboldt-Universität zu Berlin hat Prof. Thomas Häcker, Schulpädagoge an der Universität Rostock, ein Forschungs- und Entwicklungs-Projekt zur Inklusion, speziell zur Frage der Leistungsbewertung und Lernförderung an inklusiven Schulen in Deutschland (KOLEF), gestartet.
30.03.2016
Das Besondere dabei ist, dass hier die Schulpädagogik mit der Sonderpädagogik gemeinsam der schwierigen Frage nachgehen, wie sich die Leistungsbewertung einerseits und die sonderpädagogische Diagnostik andererseits, so verbinden lassen, dass dies das Lernen aller Kinder fördert. Die Studie wird mit 50.000 Euro von der Max-Traeger-Stiftung gefördert.
Dass alle Kinder selbstverständlich miteinander lernen und individuell bestmöglich gefördert werden, wurde 2009 mit dem Inklusionsgebot auch in Deutschland zur Pflicht. "Viele haben entsprechend hohe Erwartungen an eine zukünftig inklusive Schule. In der Realität braucht das aber Zeit, Begleitung und entsprechende Rahmenbedingungen", konstatiert Prof. Häcker. "Regelschullehrer und Sonderschullehrer müssen jetzt sehen, wie sie die unterschiedlichsten Lernvoraussetzungen der Kinder gemeinsam fördern und wer dabei welche Aufgabe übernimmt."
Wo stehen wir gerade?
"Wir sind in einer Umbruchzeit. Förderschulen werden geschlossen, Kinder mit Beeinträchtigungen unterschiedlicher Art werden in allgemeinbildende Schulen eingegliedert“, schätzt Maik Walm ein, der als Nachwuchswissenschaftler am "Lehrstuhl Erziehungswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der Schulpädagogik und empirischen Bildungsforschung" im Projekt mitwirkt.
Wird jedes Kind mit seinen Lernvoraussetzungen in einer noch heterogeneren Lerngruppe so gut wie möglich gefördert?
Das ist auch eine Kernfrage der aktuellen Studie, die bis 2018 fertiggestellt sein soll. Denn in der Praxis ist häufig vieles schwieriger als es theoretisch erscheint. Lehrer sind hier stark gefordert, weil nicht genügend Ressourcen zur Verfügung stehen und weil sie für die neuen Anforderungen nicht ausgebildet wurden - vor allem nicht in der Kooperation.
Das Forscherteam will deshalb bundesweit an den besten Schulen Lehrern "über die Schultern schauen", sagt Häcker. Er ist Mitglied der Jury von "Der deutsche Schulpreis", den die Robert-Bosch-Stiftung und die Heidedorf-Stiftung seit 2006 ausloben. Die Sieger-Schulen zeigen, wie man kreativ und innovativ mit Inklusion umgehen könne, so Prof. Häcker. Derzeit werde seiner Meinung nach zu stark die Frage diskutiert, wer im Rahmen von Inklusion in den Unterricht an Regelschulen einbezogen werden müsse. "Das greift viel zu kurz. Es geht darüber hinaus darum, eine geschärfte Wahrnehmung für die vielen, vor allem auch filigranen Mechanismen zu bekommen, mit denen wir Kinder systematisch exkludieren, also vom Bildungserfolg ausschließen“, betont der Professor. In dieser Hinsicht seien noch viele Hausaufgaben zu erledigen, auch in Mecklenburg-Vorpommern.
Text: Wolfgang Thiel
Quelle: Universität Rostock vom 30.03.2016
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