AGJ Positionspapier
Eltern bleiben! Zusammenarbeit mit und Empowerment von Eltern als Stärke gelingender stationärer Hilfe

Mit Blick auf die Regelungen des KJSG setzt sich die AGJ mit der Frage auseinander, wie Eltern in ihren erzieherischen Fähigkeiten gestärkt und aktiv in den Hilfeprozess eingebunden werden können. Es werden inhaltliche Impulse für die konkrete Zusammenarbeit mit Eltern gegeben sowie Empfehlungen und Aufforderungen zur Unterstützung und zum Empowerment von Eltern an die Akteure ausgesprochen.
11.07.2023
Die Unterbringung ihrer Kinder ist für Eltern meist mit vielen Herausforderungen verbunden. Ihre gelingende Beteiligung birgt ein großes Potential sie bei der Verwirklichung ihrer Rechte zu unterstützen, Hilfeverläufe möglichst wirkungsvoll zu gestalten und Ressourcen für Kinder und Jugendliche zu erschließen.
Zusammenarbeit mit Eltern als zentraler Bestandteil eines gelingenden Hilfeprozesses
In der Praxis der Kinder- und Jugendhilfe wurde die Zusammenarbeit mit Eltern ab der Unterbringung des Kindes in einem stationären Angebot der Erziehungshilfe jedoch häufig vernachlässigt. Dies hatte vielfältige Gründe:
- Zwar war die Zusammenarbeit mit Eltern bereits vor der Umstrukturierung und Ergänzung des § 37 SGB VIII durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG gesetzlich vorgesehen, wurde aber teilweise in der Praxis als sog. „Doppelhilfe“ rechtswidrig abgelehnt oder aufgrund mangelhafter Ressourcen nicht geleistet.
- Zudem ist die Zusammenarbeit mit Eltern für die Fachkräfte nicht selten mit großen Herausforderungen verbunden. Eltern brauchen Unterstützung, um nach dem Verlust des Zusammenlebens mit den Kindern und ggf. der Übernahme der elterlichen Sorge durch einen Vormund ihre Rolle und die Beziehung zum Kind neu zu gestalten. Sie ziehen sich teilweise aus Scham, Schuldgefühlen, aufgrund eines vermeintlichen Versagens oder dem Erleben von Ablehnung zurück oder verweigern gar zunächst eine (weitere) Zusammenarbeit im Hilfeprozess.
Mit dem neuen KJSG wird die Rolle der Eltern, deren Kind(er) in einem stationären Angebot der Erziehungshilfe untergebracht sind, im Hilfeprozess gestärkt. So regelt § 37 Abs. 1 SGB VIII nun einen individuellen Rechtsanspruch auf Beratung und Unterstützung sowie Förderung der Beziehung zum Kind bei einer Unterbringung außerhalb der Familie unabhängig von Personensorge und der Rückkehroption.
Mit Blick auf die genannte (Neu-)Regelung des KJSG setzt sich die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe in ihrem Positionspapier vom 29./30.06.2023 – AGJ mit der Frage auseinander, was es genau bedarf, damit die Zusammenarbeit mit Eltern im Hilfeprozess gelingen kann. Dabei werden Impulse für eine gelingende und tragfähige Zusammenarbeit mit den Eltern formuliert sowie Empfehlungen und praktische Anregungen zur Umsetzung gegeben.
Zusammenfassende Empfehlungen und Aufforderungen
- Eltern bleiben: Zusammenarbeit mit und Empowerment von Eltern als Teil der Erziehungshilfe verstehen!
- Eltern müssen als Eltern vorkommen: Beratung und Unterstützung implizit in den Abläufen im Jugendamt verorten!
- Eltern können wieder mehr Eltern werden: Beratung und Unterstützung als explizite Elemente der Ausgestaltung von Hilfen etablieren!
- Eltern brauchen elternsensible Fachkräfte: Mitarbeitende qualifizieren und ermuntern!
- Eltern müssen ihre Erfahrungen einbringen können: Beteiligungsstrukturen stärken!
Die AGJ fordert alle Akteur*innen der Kinder- und Jugendhilfe auf, Eltern in dieser Form in die eigene Selbstreflexion einzubeziehen und für die jeweiligen Kontexte geeignete Beteiligungsstrukturen zu schaffen bzw. zu stärken. Dies beinhaltet auch, selbstorganisierte Zusammenschlüsse zur Selbstvertretung von Eltern anzuregen, zu fördern und in Gremien der Kinder- und Jugendhilfe (z. B. Jugendhilfeausschüssen, AG 78) einzubeziehen (§ 4a SGB VIII).
Ansprechperson für dieses Positionspapier
Referentin des Arbeitsfeldes VI „Hilfen zur Erziehung, Familienunterstützende und Sozialpädagogische Dienste“
Quelle: Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe AGJ vom 29./30.06.2023
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