Förderung der Erziehung in der Familie

DIW Berlin will Kita und Familie stärker vernetzen

Die ökonomische Perspektive auf frühkindliche Bildung und Betreuung im Diskurs mit anderen Disziplinen stand im Mittelpunkt einer gemeinsamen Tagung der Robert-Bosch-Stiftung und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin.

16.12.2010

Eltern mit Kleinkind
Quelle: sxc/simmbarb

 

Bei der zweitägigen Veranstaltung zogen Ökonomen, Pädagogen, Psychologen und Soziologen eine Bilanz der Forschung: „Auch beim Thema Kita, Betreuungs- oder Elterngeld gilt: Die Bildungspolitik wird häufig sehr ideologisch und wenig evidenzbasiert diskutiert –

 

Warum sich Investitionen in Kleinkinder lohnen – und wie darüber gestritten wird

Die Familien- und Bildungsökonomie ist ein vergleichsweise junger Zweig der Wirtschafts- und Sozialforschung. Geprägt wurde er vor allem in den USA, erst später wurde die Forschungsrichtung auch in Deutschland aufgegriffen. Im Mittelpunkt stehen häufig klassische ökonomische Fragen: Wie ist das Verhältnis von Aufwand und Ertrag, etwa bei staatlichen Bildungsausgaben? Welche Rolle spielt Wettbewerb? Wie kann man Bildungsqualität messen? Und wie beeinflussen sozio-ökonomische Faktoren wie das Einkommen oder die Bildung der Eltern die Bildungsprozesse in der Familie und der Kita?

Der Erfolg der Bildungsökonomie auch in Deutschland ist übrigens keinesfalls selbstverständlich: „Man wird als Ökonomin teilweise sogar ausgebuht, wenn man über Effizienz in der frühkindlichen Bildung spricht“, fasst DIW-Bildungsökonomin C. Katharina Spieß ihre Erfahrungen zusammen. „Für bessere Bildungsergebnisse ist die Einmischung von Wirtschafts- und Sozialforschern aber essentiell - manche Politiker hören erst zu, wenn Kosten- und Nutzenrechnungen präsentiert werden.“

Auch wenn die Umsetzung in die Praxis zu wünschen übrig lässt – zentrale Ergebnisse der Bildungsökonomie zählen inzwischen fast zum politischen Mainstream, Kitapolitik gilt nicht mehr als „Gedöns“. Zu den neuen Grundkoordinaten der Bildungspolitik gehört zum Beispiel auch der Befund des Wirtschaftsnobelpreisträgers James Heckman von der Selbstproduktivität frühkindlicher Bildung. Sprich, früh erworbene Fähigkeiten erhöhen die Wirkung späteren Inputs. Oder auf Bildungsausgaben übersetzt: Ein Euro, der in die Bildung und Betreuung kleiner Kinder investiert wird, erzielt wesentliche stärkere Wachstums- und Wohlfahrtseffekte, als ein Euro, der für weiterführende Schulen, Berufsschulen oder Universitäten ausgegeben wird.

Vierteljahrsheft bietet Überblick über aktuellen Forschungsstand

Einen Überblick über die Fortschritte der bildungsökonomischen Forschung bietet auch das jetzt erschienene Vierteljahrsheft zur Wirtschaftsforschung des DIW Berlin. Das aktuelle Heft ist ganz der frühkindlichen Bildung gewidmet: www.diw.de/vierteljahrsheft

 

die Forschung gibt inzwischen aber ziemlich konkrete Hinweise darauf, welche Politikmaßnahme wirkt und welche nicht“, so das Fazit von DIW-Bildungsexpertin C. Katharina Spieß. Nur im Diskurs und Dialog aller Disziplinen könne das wichtige Thema der frühkindlichen Bildung vorangebracht werden.

Ein Beispiel für die Fortschritte der Forschung ist das Thema Bildungschancen. Politisch besteht großer Konsens, dass Bildung der Schlüssel ist, um soziale Benachteiligungen zu überwinden und gesellschaftlichen Aufstieg zu ermöglichen. „Die empirische Bildungsforschung gibt inzwischen viele Hinweise darauf, wie wir mehr Chancengleichheit erreichen“, sagte C. Katharina Spieß, DIW-Forschungsdirektorin für Bildungsökonomie. Ein zentraler Hebel liege in einer frühen Bildungsförderung in der Familie und der Kita.

Gerade Kinder, die besonders profitieren könnten, besuchen erst später eine Kita

Bildungsforscher können empirisch belegen: Insbesondere bei Kindern, deren Eltern einen niedrigeren Bildungshintergrund haben, steigt mit einem Kita-Besuch die Wahrscheinlichkeit besonders stark an, dass sie später den Sprung aufs Gymnasium schaffen. Ernüchternd ist allerdings das reale Bildungsgeschehen: „Gerade Kinder aus Haushalten mit geringem Einkommen oder mit Eltern, die einen Migrationshintergrund haben, sind diejenigen, die im Schnitt später als andere in die Kita gehen.“

Auch aus diesem Grund plädiert DIW-Bildungsökonomin Spieß dafür, den „U3-Ausbau“ weiter massiv voranzutreiben. Dabei könne auch die Öffnung des „Kita-Marktes“ für kommerzielle Anbieter Impulse geben. „Es gibt praktisch kaum eine Investition, die so lohnend ist, wie eine Investition in die Bildung und Betreuung kleiner Kinder“, so Professor Spieß. „Die Zahl der Kita-Plätze sollte deshalb spürbar steigen – wenn die Qualität stimmt, können auch privat-gewerbliche Kita-Träger dazu einen substantiellen Beitrag leisten.“

Spieß spricht sich außerdem für einen massiven Ausbau von Familienzentren und Eltern-Kind-Zentren in ganz Deutschland aus. „Wenn wir für alle Kinder optimale Förderung wollen, dann brauchen wir Einrichtungen, die Kinder und Eltern weiterbringen.“ Eltern-Kind- oder Familienzentren sind in ganz Deutschland bisher noch nicht stark verbreitet. Sie verbinden Kinderbetreuung mit Bildungs-, Informations- und Beratungsangeboten für Eltern unter einem Dach. Ihr Vorteil ist der ganzheitliche Ansatz: „Wie wichtig eine Verbindung von Familie und Kita ist, das belegen auch bildungsökonomische Analysen“.

Quelle: DIW Berlin

ik

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