Studie

Beschäftigte in der Sozialen Arbeit an der Belastungsgrenze

Die Studie „Professionelle Krise nach Corona? Steuerungsbedarf in der Sozialen Arbeit nach der Pandemie (CriCo)“ wurde von Prof. Dr. Nikolaus Meyer (Hochschule Fulda) und Dr. Elke Alsago (Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - ver.di) durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Beschäftigten in der Sozialen Arbeit am Limit sind.

22.03.2023

Im Ergebnis der am 21. März 2023 vorgestellten aktuellen Untersuchung zeigen die mehr als 8.200 befragten Beschäftigten aus der Sozialen Arbeit hohe berufliche Erschöpfungswerte und sehen bereits eine verminderte eigene Leistungsfähigkeit. Betroffen waren vor allem Beschäftigte in Kindertagesstätten, Jugendämtern, Beratungsstellen, der Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigung, der Ganztagesbetreuung an Schulen, der Schulsozialarbeit, der Heimerziehung, der Wohnungslosenhilfe, den sozialpsychiatrischen Diensten, der Sozialen Arbeit mit Arbeitslosen, der Sucht-/Drogenhilfe, der Jugendgerichtshilfe sowie der offenen Kinder- und Jugendarbeit. Entsprechend fühlen sich bundesweit derzeit 60,8 Prozent der Befragten häufig oder sogar sehr häufig an der Grenze der Leistungsfähigkeit. Dabei ist das Burnout-Risiko der Beschäftigten über alle Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit hinweg hoch. Besonders betroffen: Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst; keine Gruppe in der Studie erreicht so hohe Stresswerte.

77 Prozent der Befragten gehen aktuell nicht davon aus, bis zur Rente arbeiten zu können

Über alle Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit hinweg arbeitet mehr als ein Drittel (38,9 Prozent) der Befragten regelmäßig drei oder mehr Stunden wöchentlich zusätzlich und über 65 Prozent der Befragten stehen bei ihrer Arbeit unter Zeitdruck. Die Gründe hängen unmittelbar mit der Corona-Pandemie zusammen. So geben einerseits über 49 Prozent der Befragten an, dass bundesweit die Nachfrage nach den Angeboten der Sozialen Arbeit seit Beginn der Corona-Pandemie bis heute deutlich angestiegen ist. Und andererseits nehmen mehr als 82 Prozent der Befragten wahr, dass die Komplexität der Problemlagen bei den bereits vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie vorhandenen Adressaten in dieser Zeit ebenfalls zugenommen hat. Damit verschärft die Corona-Pandemie, durch die gestiegenen Hilfebedarfe, den bereits zuvor herrschenden Personalmangel in der Sozialen Arbeit. Angesichts der sich verschlechternden Arbeitsbedingungen und der steigenden Belastung gehen aktuell mehr als 77 Prozent der Befragten davon aus, nicht bis zur Rente weiterarbeiten zu können.

Alsago wies darauf hin, dass die Studie für ver.di auch dazu diene, um auf diese problematische Situation aufmerksam zu machen und die Sichtbarkeit der Beschäftigten zu erhöhen, damit sowohl die Not der Beschäftigten als auch der zu unterstützenden Menschen in der Öffentlichkeit mehr wahrgenommen werde.

„Die Situation und Belastung in der Sozialen Arbeit hat sich in den letzten Jahren immer weiter zugespitzt. Es ist versäumt worden, entsprechend des Bedarfs Fachkräfte auszubilden und einzustellen und die Angebote mit Beschäftigten und Ressourcen auszustatten. Oft ist das Angebot abhängig von der Finanzkraft der Kommunen. Das führt zu einer prekären Situation für Beschäftigte und Adressatinnen und Adressaten“,

erklärt die ver.di-Bundesfachgruppenleiterin.

Um diese problematische Situation zu ändern, fordert ver.di einen Schulterschluss von Bund, Ländern und Kommunen und die Bereitstellung finanzieller Mittel für Ausbildung und Studium zukünftiger Fachkräfte, die Verbesserung der Personalschlüssel und sofortige Maßnahmen für den Gesundheitsschutz der Beschäftigten in der Sozialen Arbeit.

„Fachkräfte zu gewinnen und zu halten ist auch eine Frage der finanziellen Anerkennung. Hierfür kämpft ver.di in der Tarifrunde für den öffentlichen Dienst. Die Arbeitgeber haben die Möglichkeit, diese Anerkennung zu leisten und in der dritten Verhandlungsrunde ein entsprechendes verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen“,

betont Alsago.

Weitere Informationen

Quelle: ver.di vom 21.03.2023

Back to Top