Frauenerwerbstätigkeit

Abschaffung der Mütterrente würde Altersarmut und Gender Pension Gap erhöhen

Eine DIW-Studie untersucht die Verteilungseffekte bei einem Wegfall der Mütterrente. Dabei würden die Einkommen der einkommensschwächsten Rentnerinnen um durchschnittlich acht Prozent sinken. Das Armutsrisiko würde um 14,4 Prozent und der Gender Pension Gap um mehr als 20 Prozent steigen. Statt die Mütterrente rückgängig zu machen, sollten Maßnahmen zur Förderung einer höheren Frauenerwerbstätigkeit ergriffen werden.

06.08.2024

Fiele die vor zehn Jahren eingeführte Mütterrente wieder weg, könnte die Bundesregierung jährlich zwar rund 14 Milliarden Euro sparen. Fast neun Millionen Rentnerinnen, die vor 1992 Kinder geboren haben, würden aber durchschnittlich 107 Euro im Monat fehlen. Insbesondere träfe es Frauen aus den unteren Einkommensgruppen, Frauen mit mehr als drei Kindern und geschiedene Frauen. Die Armutsrisikoquote der Rentnerinnen stiege von 19,4 auf 22,3 Prozent. Dies sind die Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) auf Basis von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP).

In Zeiten klammer Kassen ist die Mütterrente für Frauen als Sparpotenzial wieder in den Fokus gerückt. „Die Mütterrente rückgängig zu machen ist nicht nur rechtlich fragwürdig, es hätte auch finanziell erhebliche negative Folgen“, sagt Studienautorin Annica Gehlen aus der Abteilung Staat des DIW Berlin. Die unteren Einkommensgruppen würden im Verhältnis deutlich stärker durch einen Wegfall der Mütterrente belastet als die oberen Einkommensgruppen. Die ärmsten 20 Prozent würden über gut acht Prozent weniger Einkommen verfügen. Bei den reichsten 20 Prozent wären es hingegen nur gut ein Prozent weniger Einkommen. Rentnerinnen mit mehr als vier Kindern hätten im Schnitt sogar Einkommenseinbußen von rund 15 Prozent, fiele die Mütterrente weg. Besonders betroffen wären auch geschiedene und ledige Mütter, da ein Wegfall der Mütterrente in der Regel nicht durch die Einkünfte eines Partners abgepuffert wird.

Ungleichheit besser während Erwerbsphase entgegenwirken

„Die Mütterrente mildert einige Ungleichheiten ab, die vor allem aufgrund von Kindererziehung während der Erwerbsphase entstanden sind. Vor allem in Westdeutschland haben die heutigen Rentnerinnen mit der Geburt ihrer Kinder häufig ihre Erwerbstätigkeit unterbrochen und später weniger am Erwerbsleben teilgenommen als nachfolgende Generationen“, 

sagt DIW-Ökonomin Gehlen. Entsprechend hoch ist auch der geschlechtsspezifische Unterschied bei den Renten (Gender Pension Gap). Mit Abschaffung der Mütterrente würde er von derzeit 32 auf 39 Prozent erheblich steigen, also um gut 20 Prozent. „Die Mütterrente rückgängig zu machen ist nicht nur rechtlich fragwürdig, es hätte auch finanziell erhebliche negative Folgen“, sagt Annica Gehlen.

„Sicherlich ließe sich kurzfristig mit der Abschaffung der Mütterrente Geld sparen. Langfristig sinnvoller wäre es, Ungleichheit und Altersarmutsrisiken schon während der Erwerbsphase anzugehen“, 

regt Johannes Geyer, stellvertretender Leiter der Abteilung Staat, an. Dazu müssten gezielt Maßnahmen für eine höhere Frauenerwerbstätigkeit und eine Stärkung der partnerschaftlichen Aufteilung der Sorgearbeit ergriffen werden. Konkret hieße das, die Kinderbetreuung und Pflegeinfrastruktur auszubauen sowie die Anreize im Steuersystem durch eine Reform des Ehegattensplittings und der Minijobs zu verbessern.

Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW) vom 31.07.2024

Redaktion: Paula Joseph

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