Sozialforschung
IAQ-Arbeitsmarktforscher kritisiert die Wirtschaft
Bis 2025 scheidet fast die Hälfte der Fachkräfte aus deutschen Betrieben aus. Demografisch bedingt wird gleichzeitig der Nachwuchs knapp. In einigen Berufen und Regionen herrscht bereits Fachkräftemangel, kritisiert Prof. Dr. Gerhard Bosch, Direktor des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ).
21.02.2014
„In einer solchen Situation müsste die Wirtschaft eigentlich in Ausbildung investieren. Stattdessen wurden 2013 so wenig Verträge wie noch nie seit der Wiedervereinigung abgeschlossen!“ kritisiert Prof. Dr. Gerhard Bosch, Direktor des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE).
Nach Auswertungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) fiel die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge 2013 mit 530.700 auf einen historischen Tiefstand. Insbesondere in Industrie und Handel ging das Angebot im Vorjahresvergleich um vier Prozent zurück, im Handwerk um drei Prozent. Trotzdem blieben mehr Stellen als im Vorjahr unbesetzt, da u.a. auch die Nachfrage nach Lehrstellen leicht (-2,1 Prozent) rückläufig war. Die „Passungsprobleme“ gehen zu Lasten der Jugendlichen, obwohl z.B. in Nordrhein-Westfalen zwei Drittel der Unversorgten einen Realschulabschluss oder sogar das Abiturvorweisen können.
„Die sinkende Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen gefährdet den Wirtschaftsstandort“, fürchtet der Arbeitsmarktforscher Prof. Bosch. Denn gut ausgebildete Fachkräfte seien das Geheimnis der deutschen Wettbewerbsfähigkeit. Das duale System, viel gelobt in der deutschen Wirtschaft und kopiert im Ausland, stecke in der Krise, weil in den (Groß-)Betrieben nur noch kurzfristig – oft in Vierteljahreszyklen – gedacht werde. Politik und Sozialpartner versuchten seit Jahren, die Unternehmen dazu zu bewegen, mehr Lehrstellen anzubieten. Aber die Versprechungen in den Ausbildungspakten seien in den letzten Jahren immer vager geworden. Viele Bildungspolitiker schauten zudem fast nur noch aufs Studieren und hätten die Berufsausbildung sträflich vernachlässigt.
„Wenn es Staat und Sozialpartnern nicht gelingt, die Ausbildungsbereitschaft wieder zu stärken, brauchen wir eine Abgabe für außerbetriebliche, öffentlich finanzierte und zusätzlich bereitgestellte Plätze“, schlägt Prof. Bosch vor. „Die Trittbrettfahrer des dualen Systems werden damit an den Kosten des Allgemeinguts „Berufsausbildung“ beteiligt. Die Betriebe, die selbst ausbilden, werden entlastet – was wiederum die Bereitschaft erhöht, in Lehrstellen zu investieren.“
Quelle: Universität Duisburg-Essen vom 21.02.2014
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