Kinderrechte
Bei der kindgerechten Justiz im Strafverfahren noch viel Luft nach oben


Das Deutsche Kinderhilfswerk und das Deutsche Institut für Menschenrechte fordern von Bund und Ländern konkrete Schritte für eine verbesserte kindgerechte Justiz im Strafverfahren. Hindernisse für eine kindgerechte Justiz liegen vor allem in fehlenden Ressourcen. Der Bund sollte die Prozessordnung anpassen und psychosoziale Begleitung ermöglichen.
07.05.2025
„Hindernisse in der Umsetzung einer kindgerechten Justiz werden übergreifend vor allem in strukturellen Bedingungen gesehen, beispielsweise in den fehlenden finanziellen Mitteln für Personal und Ausstattung. Zudem sollte der Bund die Strafprozessordnung so anpassen, dass die Beiordnung einer psychosozialen Prozessbegleitung für minderjährige Verletzte schnell und unbürokratisch erfolgen kann. Zu befürworten wäre eine Begleitung von der Strafanzeige über das gesamte Ermittlungs- und Hauptverfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafprozesses“,
fordert Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.
Das Deutsche Kinderhilfswerk und das Deutsche Institut für Menschenrechte sprechen sich darüber hinaus dafür aus, dass der Bund die Erstellung kindgerechter, diskriminierungssensibler Informationsmaterialien finanziell unterstützen und – in Abstimmung mit den Ländern – flächendeckende Mindeststandards für kindgerechte Räumlichkeiten mit der Möglichkeit zur richterlichen Videovernehmung festlegen sollte.
In einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit dem Titel „Kinderrechtsbasierte Kriterien für das Strafverfahren – Kinder als Opferzeug*innen“ haben beide Organisationen untersucht, wie kindgerecht Strafverfahren in Deutschland gestaltet sind.
„Auf dem Weg zu einer kindgerechten Justiz sind die Bundesländer unterschiedlich weit vorangekommen. Insgesamt sind wir in Deutschland im Strafverfahren an vielen Stellen noch weit von einer systematischen und flächendeckenden Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention entfernt. [...] Eine kindgerechte Justiz stärkt Kinder und Jugendliche in ihren Rechten, verbessert nachweislich die Qualität von Zeugenaussagen und stärkt das Vertrauen junger Menschen in den Rechtsstaat. Justizverfahren kindgerecht auszugestalten, hat daher eine hohe gesamtgesellschaftliche Bedeutung“,
so Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte.
Ziel des Projektes war es, die Umsetzung der Leitlinien des Europarates zur kindgerechten Justiz und des darauf basierenden Praxisleitfadens des Nationalen Rates gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen in Deutschland wissenschaftlich zu untersuchen. In der heute veröffentlichten qualitativen Studie wurden an fünf Standorten Fachkräfte unterschiedlicher Professionen eines Landgerichtsbezirks befragt.
„Wichtig ist zudem, dass die Umsetzung der kinderrechtlichen Anforderungen an Strafverfahren nicht allein vom Engagement der einzelnen Fachkräfte abhängen darf“, so Lütkes weiter. Das Deutsche Kinderhilfswerk und das Deutsche Institut für Menschenrechte sprechen sich daher dafür aus, dass das Wissen zur kindgerechten Ausgestaltung von Strafverfahren, zum professionellen Umgang mit Kindern als Zeug*innen und zur Aussagepsychologie fester Bestandteil der juristischen Ausbildung werden sollte.
Die Untersuchung schließt an eine quantitative Studie von 2024 an, bei der alle 16 Landesjustizverwaltungen mittels eines Online-Fragebogens befragt wurden. Die Ergebnisse des Projektes werden heute im Rahmen der digitalen Fachveranstaltung „Kindgerechte Justiz: Wie steht es um die Umsetzung?“ mit über 100 Teilnehmenden diskutiert und der Öffentlichkeit vorgestellt.
Weitere Informationen
Programm der digitalen Abschlussveranstaltung
Themenseite kindgerechte Justiz Deutsches Kinderhilfswerk
Themenseite kindgerechte Justiz Deutsches Institut für Menschenrechte
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