SGB VIII
Zwischenruf von Verbänden zur SGB-VIII-Reform: Dialogprozess nicht punktuell unterlaufen
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Die Länder Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen wollen die Reform des Kinder- und Jugendhilferechts in Bezug auf einzelne Themen beschleunigen. Dies nehmen die Bundesarbeitsgemeinschaft Individualpädagogik AIM e.V. und der Bundesverband Individual- und Erlebnispädagogik e.V. besorgt wahr. Das Fachkräfteportal der Kinder- und Jugendhilfe veröffentlicht ihre Position im Wortlaut.
19.11.2019
„Zusammen mit den Ländern Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein will Niedersachsen die Reform des Kinder- und Jugendhilferechts beschleunigen und auch den Schutz der Kinder und Jugendlichen bei Auslandsunterbringungen erhöhen. ‚Kinder und Jugendliche brauchen wirksame Schutzinstrumente, bei der Unterbringung in Deutschland ebenso wie im Ausland‘, erklärt Sozialministerin Carola Reimann.“ (Pressemitteilung der Niedersächsischen Staatskanzlei)
Besorgt nehmen die Bundesarbeitsgemeinschaft Individualpädagogik AIM e.V. und der Bundesverband Individual- und Erlebnispädagogik e.V. die Initiative der Länder Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen wahr.
Durch den Wortlaut der Pressemitteilung entsteht der Eindruck, dass sich die Befürworter und Initiatoren der Gesetzesinitiative im Bundesrat für eine Beschleunigung der Reform des SGB VIII einsetzen und damit den vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend initiierten Dialogprozess punktuell unterlaufen, indem Themen vereinzelt herausgelöst und nunmehr abseits des Gesamtpaketes verhandelt werden sollen.
Wir machen an dieser Stelle darauf aufmerksam, dass die letzte „beschleunigte Variante“ einer Gesetzesinitiative aus dem Jahr 2018 deutlich gemacht hat, dass ein wirksamer Schutz für Kinder und Jugendliche nicht über „Hau-Ruck-Aktionen“ zu erreichen ist.
Stattdessen wurden im laufenden Dialogprozess viele Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen der Kinder und Jugendhilfe sowie der Behindertenhilfe und dem Gesundheitswesen eingebunden, um deren multiperspektivisches Wissen zu nutzen im Sinne guter Gesetzesgrundlagen für erfolgreiche Schutzkonzepte. Dass die in diesem aufwändigen und mühevollen Prozess zusammengetragenen Erkenntnisse nunmehr keine Berücksichtigung finden sollen, konterkariert den Dialog-Prozess sowie die Expertise aller Beteiligten.
Eine Abkoppelung von Teilthemen für eine beschleunigte Entschließung zum jetzigen Zeitpunkt verwundert überdies grundsätzlich: warum soll jetzt noch beschleunigt werden? Geplant ist doch, dass ein neuer Gesetzesentwurf im ersten Halbjahr 2020 auf dem Tisch liegt.
Geht es am Ende vielleicht doch weniger um den Schutz von Kindern und Jugendlichen, sondern eher um die Sorge, dass favorisierte Positionen im Fachdiskurs des Dialogforums eventuell keine Zustimmung der Experten finden könnten und man deshalb an der „Seitenlinie“ an allen vorbeilaufen will?
Wir hoffen, dass unser hier vorgelegter Zwischenruf als Stellungnahme im Dialogprozess gewürdigt und im Rahmen der Auswertung des gesamten Prozesses gesehen wird.
Quelle: Bundesarbeitsgemeinschaft Individualpädagogik AIM e.V. und Bundesverband Individual- und Erlebnispädagogik e.V.
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