Urteil

Regelmäßig keine zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht eines umgangsunwilligen Elternteils (Az.: 1 BvR 1620/04)

Bundesverfassungsgericht

Strukturebene: Bund

Regelmäßig keine zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht eines umgangsunwilligen Elternteils

Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 1. April 2008

Az.: 1 BvR 1620/04

 

Mit Urteil vom 01. April 2008 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der Umgang eines Vaters mit seinem Kind nicht mit Hilfe von Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann. Grundsätzlich hat ein Kind einen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf, dass seine Eltern Sorge für es tragen und der mit ihrem Elternrecht untrennbar verbundenen Pflicht auf Pflege und Erziehung nachkommen. Einer zwangsweisen Durchsetzung dieses Anspruchs steht allerdings in der Regel das Kindeswohl entgegen.

 

Das Bundesverfassungsgericht hatte im vorliegenden Fall über die Klage eines Vaters zu entscheiden, der seine Vaterschaft bezüglich eines aus einer außerehelichen Beziehung entstammenden Kindes zwar anerkannt hatte und dementsprechend den gesetzlichen Unterhalt leistete, einen Umgang mit seinem Kind jedoch ablehnte. Das Brandenburgische Oberlandesgericht (Az.: 15 UF 233/00) ordnete daraufhin im Januar 2004 einen betreuten Umgang des Vaters mit seinem Kind für die Dauer von zwei Stunden alle drei Monate an und drohte gleichzeitig für den Fall der Verweigerung ein Zwangsgeld von bis zu 25.000,- EUR an. Hiergegen wandte sich der Vater mit seiner nun entschiedenen Verfassungsbeschwerde. Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass die Androhung eines Zwangsgeldes gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) zur Durchsetzung der Pflicht eines Elternteils, mit seinem Kind gegen seinen Willen Umgang zu pflegen, in das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) eingreift.

 

Die sich aus § 1684 Abs. 1 BGB ergebende gesetzliche Pflicht eines Elternteils zum Umgang mit seinem Kind konkretisiert zwar die Elternverantwortung aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG in zulässiger Weise, was bedeutet, dass eine derartige Pflicht grundsätzlich besteht. Allerdings sei die Androhung von Zwangsmitteln zu ihrer Durchsetzung regelmäßig nicht geeignet dem Kindeswohl zu dienen. Gleichzeitig stellt das Verfassungsgericht in seiner Entscheidung fest, dass im Einzelfall durchaus hinreichende Anhaltspunkte vorliegen können, die darauf schließen lassen, dass die zwangsweise Durchsetzung des Umgangs dem Kindeswohl dienen wird. Dies sei aber vorliegend nicht der Fall gewesen.

 

Sie finden die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unter dem unten stehenden Hyperlink.

 

Quelle: LVR Newsletter "Rechtsfragen der Jugendhilfe", 02.05.2008

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