Elternbeteiligung
Wie Eltern den Schulerfolg ihrer Kinder beeinflussen
Eltern können die Schulleistungen und Motivation ihrer Kinder stärken, indem sie eine positive Erwartungshaltung vermitteln und sich an Aktivitäten der Schule beteiligen. Eine aktive Rolle beim Lernen zu Hause wirkt sich dagegen nur geringfügig aus und kann im Fall der Hausaufgabenkontrolle sogar schaden. Dies zeigt die bislang größte Forschungssynthese zum Einfluss der Eltern, die zahlreiche Metastudien ausgewertet hat.
30.06.2021
Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen, darunter die PISA-Studien, haben gezeigt, dass die Leistungen von Schülerinnen und Schülern erheblich mit familiären Faktoren zusammenhängen. Deren Einfluss kann sogar stärker sein als etwa die Größe der Schulklassen oder die Investitionen ins Bildungssystem. Zum einen hängt der Schulerfolg mit dem sozioökonomischen, dem Bildungs- und dem Migrationshintergrund der Familien zusammen. Zum anderen beeinflussen konkrete Verhaltensweisen der Eltern die Leistungen.
„Um Bildungsungleichheit abzubauen, bietet die Unterstützung der Eltern in ihrem Verhalten einen vielversprechenden Ansatz, da sie dieses leichter ändern können als ihr Einkommen oder ihre Sprachkenntnisse“, sagt Doris Holzberger, Professorin für Schul- und Unterrichtsforschung an der Technischen Universität München (TUM).
Das Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien an der TUM (ZIB) hat deshalb die bislang umfangreichste Forschungssynthese zur Beteiligung der Eltern in der Schulzeit ihrer Kinder erstellt. Das Team wertete 18 Metastudien aus, die wiederum insgesamt rund 1.700 einzelne Studien ausgewertet hatten. Die Forschungsarbeit wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Kultusministerkonferenz gefördert.
Unterstützung zu Hause wichtig für Motivation
Die Forschungssynthese zeigt, dass die naheliegendste Aktivität der Eltern, die Beteiligung am Lernen zu Hause, die Schulleistungen nur vergleichsweise geringfügig verbessern, allerdings die Motivation stärken kann. Kinder entwickeln eine positivere Einstellung zum Lernen, wenn sie ermutigt werden, selbstständig zu arbeiten, zum Beispiel eigene Lösungswege auszuprobieren. Gute Leistungen können Eltern begünstigen, wenn sie zu Hause eine Umgebung schaffen, die zum Lernen geeignet ist. Hilfe bei den Hausaufgaben kann sich jedoch negativ auswirken, wenn sie sich darin erschöpft, die Kinder und Jugendlichen zu kontrollieren. Dies ist vor allem bei Schülerinnen und Schülern mittleren Alters der Fall. Lohnender ist es, wenn Eltern Regeln festlegen, wann und wo die Aufgaben erledigt werden, wenn sie Hilfestellungen anbieten und Feedback zur Genauigkeit der Bearbeitung geben.
Größte Effekte durch positive Erwartungshaltung
Eine größere Wirkung als mit der Kontrolle der Schulleistungen erzielen Eltern, wenn sie ihren Kindern eine positive Erwartungshaltung zur Bildung vermitteln. Indem Eltern mit ihren Kindern über mögliche Leistungen, Schulabschlüsse oder Berufswege sprechen, indem sie Lernstrategien diskutieren oder Lob und Kritik möglichst differenziert auf einzelne Schularbeiten beziehen, können sie positiv darauf einwirken, was sich die Kinder in den einzelnen Fächern selbst zutrauen und inwieweit sie sich in der Schule engagieren. Dieser Effekt nimmt mit dem Alter der Jugendlichen zu. Weniger wirkungsvoll sind dagegen Diskussionen über die Bedeutung von Bildung im Allgemeinen.
Engagement der Eltern in der Schule
Eine positive Wirkung können Eltern auch mit eigenem Engagement in der Schule erreichen. Schülerinnen und Schüler, deren Eltern ehrenamtlich und mitbestimmend tätig sind, beispielsweise in einem Elternbeirat, erzielen bessere Leistungen. Motivierter sind Kinder, deren Eltern an Schulveranstaltungen wie etwa Theateraufführungen teilnehmen. Allerdings zeigen die untersuchten Studien hier nur Zusammenhänge, keine Kausalität, sodass es auch möglich ist, dass Eltern sich eher engagieren, wenn ihre Kinder bereits motiviert und leistungsstark sind. Nur eine sehr geringe Wirkung auf die Leistungen der Kinder hat die Kommunikation zwischen Lehrkräften und Eltern.
Unterschiede aufgrund des sozioökonomischen Status
Nur wenige Metastudien haben bislang untersucht, ob sich die Effekte der Elternbeteiligung zwischen Familien mit hohem und niedrigem sozioökonomischen Status unterscheiden. Noch weniger erforscht sind Zusammenhänge mit einem Migrationshintergrund. Gezeigt wurde aber, dass Familien mit Migrationshintergrund vergleichsweise hohe Bildungserwartungen haben. Von der Unterstützung bei den Hausaufgaben können Kinder und Jugendliche aus Familien mit niedrigem Bildungs- und Wohlstandsniveau sowie mit Migrationshintergrund in besonderem Maße profitieren. Dagegen wirken sich Gespräche zwischen Lehrkräften und Eltern eher auf die Leistungen von Schülerinnen und Schülern in Familien mit hohem sozioökonomischen Status aus.
Viele Fördermöglichkeiten für Schulen
„Die Ergebnisse zeigen, dass die Beteiligung der Eltern die Leistung und Motivation der Schülerinnen und Schüler über alle Altersstufen hinweg und unabhängig vom sozioökonomischen Status stärken kann“, sagt die Studienleiterin Doris Holzberger. „Umso wichtiger ist eine gute und dauerhafte Zusammenarbeit zwischen Schulen und Eltern. Wenn Lehrerinnen und Lehrer die Väter und Mütter erreichen, können sie auch außerhalb des Unterrichts Kinder fördern, bei denen eine positiv wirkende Rolle der Eltern nicht selbstverständlich ist. Ein großes Potenzial, Bildungsungleichheiten zu reduzieren, besteht auch bei Eltern mit Migrationshintergrund, die tendenziell hohe Bildungserwartungen haben, aber aufgrund von sprachlichen und kulturellen Hürden nicht alle Möglichkeiten der Beteiligung ausschöpfen können.“
Aus der Forschungssynthese haben die Autorinnen abgeleitet, wie Schulen im Alltag die Elternbeteiligung fördern können:
- Schulen können das Bewusstsein der Eltern schärfen, dass ihre Beteiligung den Schulerfolg ihrer Kinder fördert.
- Lehrerinnen und Lehrer können Eltern unterstützen, ambitionierte und zugleich erreichbare Bildungserwartungen gegenüber ihren Kindern zu entwickeln. Mit zunehmendem Alter der Jugendlichen können sie die Eltern detailliert über mögliche Bildungsziele und Berufswege aufklären.
- Schulen können Lehrerinnen und Lehrer im Umgang mit Eltern weiterbilden, die anderen Statusgruppen angehören als die Lehrkräfte selbst oder aus anderen Kulturkreisen stammen. So können sie Hürden für Eltern mit Migrationshintergrund und mit niedrigem sozioökonomischen Status sowie mögliche Vorurteile der Lehrkräfte abbauen.
- Damit Eltern ihre Kinder bei Hausaufgaben und Lernstrategien auf eine wirksame Weise unterstützen können, können Schulen sie sowohl individuell beraten als auch Kurse zu diesem Thema anbieten.
- Lehrerinnen und Lehrer können Eltern, die weniger engagiert scheinen, gezielt auf die Mitarbeit in Entscheidungsgremien ansprechen. Eltern sollten regelmäßig Gelegenheiten haben, sich trotz Sprachbarrieren an Schulveranstaltungen zu beteiligen.
Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:
Prof. Dr. Doris Holzberger
Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien (ZIB) / Technische Universität München
Professur für Schul- und Unterrichtsforschung
Tel.: +49 89 289 28278
doris.holzberger@tum.de
www.edu.tum.de/suf
Originalpublikation:
Die Forschungssynthese ist in einem Themenheft für Schulleitungen, Lehrkräfte und alle an der Schulpraxis Interessierten aufbereitet:
Hillmayr, D, Täschner,J., Brockmann, L., Holzberger, D. (2021). Elternbeteiligung im schulischen Kontext – Potenzial zur Förderung des schulischen Erfolgs von Schülerinnen und Schülern. Münster: Waxmann (Wissenschaft macht Schule, Band 3)
Das Themenheft steht online kostenfrei zur Verfügung.
Quelle: Technische Universität München vom 14.06.2021
Termine zum Thema
-
25.04.2024
Vorstellung des neuen Open Source Fördermittelportals für (KJP-) Zentralstellen
-
25.04.2024
Gemeinsam Zukunft gestalten: Fachkräfte in Bildung und Betreuung stärken mit PECE
-
29.04.2024
Gesundes Aufwachsen in einer digitalen Welt - die Verantwortung von Eltern und Fachkräften im Blick
-
05.06.2024
Förderworkshop in Gelsenkirchen
-
11.06.2024
Präventionsarbeit mit Kinder gestalten (Online-Workshop)
Materialien zum Thema
-
Broschüre
Selbstorganisation von Eltern in der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe fördern und ermöglichen - Anforderungen und Bedarfe von Eltern in der stationären Kinder- und Jugendhilfe - Abschlussbericht
-
Bericht / Dokumentation
Zukunftsplan Bildungslandschaft NRW 2023-2027
-
Zeitschrift / Periodikum
Schuldistanz - die Rolle der Jugendsozialarbeit
-
Anleitung / Arbeitshilfe
Gemeinsam entscheiden. Gemeinsam gestalten.
-
Bericht / Dokumentation
Partizipation als Privileg? Klassismus und Kinderarmut im Kontext von kinderrechtebasierter Demokratiebildung
Projekte zum Thema
-
Reinhard Gansert
SpoSpiTo-Bewegungs-Pass an Grundschulen – Laufend zu mehr Gesundheit und Klimaschutz
-
Perspektive gGmbH Institut für sozialpädagogische Praxisforschung und -entwicklung
Inobhutnahme – Perspektiven: Impulse!
-
Schulen
Bewegungs-Pass an Grundschulen
-
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.
Internationaler Comic-Wettbewerb für Jugendliche
-
Agentur für Soziale Perspektiven e.V.
Queere-Jugend-Berlin.de
Institutionen zum Thema
-
Fort-/Weiterbildungsanbieter
Berliner Institut für Soziale Kompetenz & Gewaltprävention e.V.
-
Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe
Volkssolidarität Leipziger Land/ Muldental e.V.
-
Sonstige
Graf Recke Stiftung
-
Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe
solaris Förderzentrum für Jugend und Umwelt gGmbH Sachsen
-
Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe
djo-Bildungswerk Berlin gGmbH